Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurückweisung des Antrags auf Anhörung eines Sachverständigen als rechtsmissbräuchlich

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Antrag auf Anhörung eines Sachverständigen darf als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen werden, wenn das schriftlichen Gutachten des Sachverständigen vollständig und überzeugungsfähig ist, der Antrag aber gleichwohl nicht konkret begründet wird. Zwar kann von keiner Partei verlangt werden, dass sie die Fragen, die sie an den Sachverständigen zu richten beabsichtigt, im Voraus konkret ausformuliert. Sie muss aber zumindest angeben, in welcher Richtung sie durch ihre Fragen eine weitere Aufklärung herbeizuführen wünscht. (Rn. 44)

 

Normenkette

ZPO §§ 397, 402, 411 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 06.05.2016; Aktenzeichen 17 O 28113/12)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers vom 13.06.2016 wird das Endurteil des LG München I vom 06.05.2016 (Az. 17 O 28113/12) wie folgt abgeändert:

I. Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger samtverbindlich ein Schmerzensgeld von 250,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hinsichtlich der Beklagten zu 3) seit 15.02.2013, hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 2) seit 16.02.2013, zu bezahlen.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits (erster Instanz).

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

4. Das vorgenannte Urteil des Landgerichts sowie dieses Urteil sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leisten.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger macht gegen die Beklagten Ansprüche auf materiellen und immateriellen Schadensersatz aus dem Verkehrsunfall vom 14.10.2003 gegen 10:30 Uhr auf der W.straße in M. in Höhe Haus-Nr. 100 geltend. Nachdem der Kläger sein Kraftfahrzeug verkehrsbedingt zum Stillstand abbremsen musste, fuhr das Beklagtenfahrzeug heckseitig auf das klägerische Fahrzeug auf. Die vollständige Haftung der Beklagtenseite dem Grunde nach war zwischen den Parteien von Anfang an unstreitig. Ergänzend wird hinsichtlich des Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz auf das angefochtene Urteil vom 06.05.2016 (Bl. 167/174 d.A.) Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG München I hat nach Beweisaufnahme aufgrund der erholten biomechanischen Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Bu. vom 08.04.2014 (Bl. 63/95 d.A.) und vom 16.04.2015 (Bl. 124/131 d.A.) die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Erwägungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses dem Kläger am 13.05.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem beim Oberlandesgericht München am 13.06.2016 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt (Bl. 179/180 d.A.) und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit einem beim Oberlandesgericht München am 16.08.2016 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 190/210 d.A.) begründet.

Der Kläger beantragt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils (Bl. 190/191 d.A.),

die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 150.000,- EUR, sowie Schadensersatz in Höhe von 405.000,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen, sowie festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die diesem aufgrund des Verkehrsunfalls vom 14.10.2003, 10:30 Uhr, auf der W. straße in M. entstanden sind und/oder noch entstehen werden, soweit diese Ansprüche nicht auf einen gesetzlichen Leistungsträger übergegangen sind oder übergehen werden.

Die Beklagten beantragen (Bl. 185 d.A.),

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat erhob gemäß Beweisbeschluss vom 28.11.2016 (Bl. 218/219 d.A.) Beweis durch Einholung eines ergänzenden schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. Bu.

Mit Schriftsatz vom 03.02.2017 (Bl. 223/225 d.A.) lehnte der Kläger den Sachverständigen Prof. Dr. Bu. wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Mit Beschluss vom 27.03.2017 (Bl. 238/241 d.A.) wies der Senat diesen Befangenheitsantrag als unbegründet zurück.

Mit Schriftsatz vom 23.05.2017 (Bl. 250/258 d.A.) lehnte der Kläger den Sachverständigen Prof. Dr. Bu. erneut wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Mit Beschluss vom 19.09.2017 (Bl. 279/284 d.A.) wies der Senat diesen Befangenheitsantrag als unbegründet zurück.

Gemäß Verfügung vom 19.09.2017 (Bl. 286/288 d.A.) erhob der Senat Beweis durch Anhörung des Klägers und des Beklagten zu 1) insbesondere zu dem Ablauf des streitgegenständlichen Unfalls, durch uneidliche V...

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