Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensfehler bei nicht ausreichender Ermittlung und Feststellung ausländischen Sachrechts nach Verkehrsunfall
Normenkette
ZPO § 293 S. 2, § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; GKG § 21 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 12.05.2016; Aktenzeichen 19 O 1278/14) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers vom 30.05.2016 wird das Endurteil des LG München I vom 12.05.2016 samt dem ihm zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG München I zurückverwiesen.
2. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem LG München I vorbehalten. Gerichtsgebühren für die Berufungsinstanz, sowie gerichtliche Gebühren und Auslagen, die durch das aufgehobene Urteil verursacht worden sind, werden nicht erhoben.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Weiter ergeht gemäß §§ 63 II 1, 47 I 1, 40, 48 I 1 GKG, 3 ff. ZPO folgender
Beschluss:
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 16.399,21 EUR festgesetzt.
Tatbestand
A. Der Kläger macht gegen die Beklagte, eine Aktiengesellschaft portugiesischen Rechts, Ansprüche auf Schadensersatz aus einem Unfall im Straßenverkehr geltend, wobei er in der Hauptsache den Ausgleich verzinster Sach- und Vermögensschäden in Höhe von 16.399,21 EUR verlangt.
Zugrunde liegt ein Zusammenstoß am Donnerstag, den 13.05.2013 gegen 15.00 Uhr, auf der Gemeindestraße... im Gemeindegebiet von Faro/Portugal bei Kilometer 1.500. Der Kläger war mit seinem Wohnmobil Citroen Jumper, amtliches Kennzeichen..., vom linken Fahrbahnrand angefahren, während die Fahrerin des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw Opel Corsa, amtliches Kennzeichen..., auf ihrer Fahrbahn - gleichzeitig der Gegenfahrbahn des Klägers - entgegen gekommen war. Es kam zu einem spitzwinkeligen Zusammenstoß der Fahrzeuge, wobei die linke vordere Fahrertür- und Radhausseite des Klägerfahrzeugs, und die linke vordere Ecke samt Kotflügel des Beklagtenfahrzeugs beschädigt wurden. Hinsichtlich des Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil vom 12.05.2016 (Bl. 98/104 d.A.) Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG München I hat nach Beweisaufnahme die Klage vollständig abgewiesen (EU 1 = Bl. 98 d.A.), weil der Kläger der gegnerischen Fahrzeugführerin nach dem anzuwendenden portugiesischen Recht ein unfallursächliches Verschulden nicht habe nachweisen können. Hinsichtlich der Erwägungen des LG wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 101/103 d.A.) des angefochtenen Urteils verwiesen.
Gegen dieses ihm am 19.05.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger mit beim Oberlandesgericht München am 30.05.2016 eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt (Bl. 113/114 d.A.) und diese mit Schriftsatz vom 16.08.2016, eingegangen am gleichen Tag, - nach Fristverlängerung durch Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 05.07.2016 (Bl. 100 d.A.) fristgerecht - begründet (Bl. 121/128 d.A.).
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils - wie in erster Instanz - die Beklagte zur Zahlung von 16.399,21 EUR, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 02.08.2013, sowie zu vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von 1.115,03 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 02.08.2013 zu verurteilen (BB 2 = Bl. 122 d.A.)
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen (Bl. 117 d.A.).
Der Senat hat gemäß Beschluss vom 15.09.2016 mit Zustimmung der Parteien schriftlich entschieden, § 128 II ZPO; als Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, wurde der 12.10.2016 bestimmt (Bl. 139/140 d.A.). Der Kläger hat hilfsweise beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen (Bl. 136/137 d.A.), die Beklagte hat sich hiermit einverstanden erklärt (Bl. 141 d.A.). Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die Hinweisverfügung des Senatsvorsitzenden vom 01.09.2016 (Bl. 129/135 d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
B. Die statthafte, sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache jedenfalls vorläufig Erfolg.
I. Das LG hat entschieden, dass Ansprüche des Klägers auf Schadensersatz nicht bestehen, weil einerseits die Beklagte nach portugiesischem Recht nur für eine nachgewiesene verschuldete verkehrsrechtliche Sorgfaltspflichtversicherung ihrer Fahrzeugführerin haften müsse, andererseits der Kläger insoweit beweisfällig geblieben sei, weil gegen ihn der erste Anschein des von einem Straßenrand Anfahrenden wirke (EU 5/6 = Bl. 102/103 d.A.).
Diese Ergebnisse entbehren angesichts unvollständiger tatsächlicher Feststellungen und Beweiserhebung, sowie unrichtiger Beweiswürdigung und Rechtsanwendung einer überzeugenden Grundlage.
1. Die erstinstanzliche Feststellung der entscheidungserheblich...