Leitsatz (amtlich)
1. § 89b Abs. 4 S. 1 HGB steht der Berechnung des Ausgleichsanspruchs eines Versicherungsvertreters anhand der zwischen den Spitzenverbänden der Versicherungswirtschaft und des Versicherungsaußendienstes vereinbarten "Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs" nicht entgegen, wenn die Parteien die Berechnung auf dieser Basis bestätigt und einvernehmlich akzeptiert haben.
2. Sind zwischen dem hauptberuflichen Versicherungsvertreter und der Versicherung für die Berechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs die Regelungen der o.g. Grundsätze einvernehmlich zugrunde gelegt worden und haben die Parteien zu erkennen gegeben, dass sie die Grundsätze als angemessenen und der Billigkeit entsprechenden Ausgleich der unterschiedlichen Interessen akzeptieren, ist es dem Versicherungsvertreter verwehrt bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs lediglich die für ihn günstigen Regelungen der Grundsätze heranzuziehen.
3. Eine vom Versicherungsunternehmen finanzierte Altersversorgung kann ungeachtet der Unwirksamkeit einer Regelung in den VVW und den sog. Grundsätzen (BGH v. 25.9.2002 - VII ZR 253/99, NJW 2003, 290) auf den Ausgleichsanspruch angerechnet werden, wenn und soweit die ungekürzte Zuerkennung des Ausgleichsanspruchs nach den Vorstellungen der Parteien sowie ihrem Verhalten während und nach Beendigung des Vertreterverhältnisses und unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unbillig wäre. In die Billigkeitserwägungen sind insb. die Dauer der Tätigkeit des Versicherungvertreters, die eingeräumte Wahlmöglichkeit, die Finanzierung der Alterversorgung durch das Versicherungsunternehmen, die Zeitdifferenz zwischen Ausscheiden und Fälligkeit des Versorgungsanspruchs, die Doppelbelastung der Versicherung bei etwaigen Steuervorteilen, die langjährige Betriebstreue sowie die Ersparnis eigener Aufwendungen für die Altersvorsorge einzubeziehen.
Normenkette
HGB § 89b
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 11.03.2005; Aktenzeichen 15 HKO 9911/03) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des LG München I vom 11.3.2005 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht weiteren Versicherungsvertreterausgleich i.H.v. nunmehr 240.299, 10 EUR von der Beklagten.
Der Ehemann der Klägerin war vom 1.4.1973 bis zumindest 31.12.1999 als selbständiger hauptberuflicher Versicherungsvertreter für die Beklagte tätig. Mit Schreiben vom 13.3.2000 kündigte der Ehemann das Versicherungsverhältnis fristlos. Zuvor, am 26.12.1999, hatten die Parteien bereits einvernehmlich das Vertragsverhältnis zum 31.12.1999 aufgelöst, seine diesbezügliche Erklärung hat der Ehemann der Klägerin angefochten. Mit Schreiben vom 18.1.2000 erklärte die Beklagte ihrerseits die Kündigung.
R., der Ehemann der Klägerin hat seinen Anspruch auf Versicherungsvertreterausgleich gem. § 89b HGB ggü. der Beklagten an die Klägerin abgetreten.
Auf Ersuchen des Ehemanns der Klägerin hatte der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. am 27.6.2000 (Anlage K 6) - aufgrund der Angaben des Ehemanns der Klägerin - einen Ausgleichsanspruch i.H.v. 432.159,29 DM (220.959,54 EUR) mittels Computer errechnet.
Daraufhin hat der Ehemann der Klägerin einen Ausgleichsanspruch ggü. der Beklagten in dieser Höhe geltend gemacht. Die Beklagte übersandte dem Ehemann der Klägerin mit Schreiben vom 5.12.2000 (Anlage K 10) ihre Berechnung des Ausgleichsanspruchs gem. § 89b HGB, der sich auf eine Höhe von 323.226,57 DM (165.263,12 EUR) belief. Die Beklagte hat hiervon den Barwert der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft des Versicherungsvertreters i.H.v. 183.952 DM (94.053,16 EUR) abgezogen. Des Weiteren reduzierte die Beklagte den Ausgleichsanspruch um eine ihr unstreitig gegen den Ehemann der Klägerin i.H.v. 48.574,95 DM (24.835,98 EUR) zustehende Gegenforderung. Der Berechnung der Beklagten lagen die sog. Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB, die von den Spitzenverbänden der Versicherungswirtschaft und des Versicherungsaußendienstes vereinbart waren, zugrunde.
Auf den Handelsvertreterausgleich leistet die Beklagte nachfolgend Zahlung i.H.v. 90.699,62 DM (46.373,98 EUR), basierend auf der oben dargelegten Berechnung.
Mit Schreiben vom 4.10.2001 (Anlage K 11) rügte die Klägerin den Abzug des Barwerts der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft und forderte mit Schreiben vom 3.12.2001 (Anlage K 12) die Beklagte auf, die hierfür in Abzug gebrachten 94.315,16 EUR bis spätestens 10.12.2001 auszukehren. Mit Schreiben vom 18.12.2001 (Anlage K 13) beharrte die Beklagte auf der Anrechnung des Barwerts der Altersvorsorgung und verweigerte die Zahlung.
Die Klägerin hat mit der Klage zunächst Ansprüche auf weiteren Versicherungsvertreterausgleich geltend gemacht, bei deren Berechnung sie sich auf die von der Beklagten errechnete Höhe von 323.226,57 DM (165.263,12 ...