Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen - Zerstrittene Gesellschafterstämme in Familiengesellschaft
Normenkette
GmbHG § 6 Abs. 1; ZPO §§ 91, 91a, 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 02.09.2015; Aktenzeichen 1 HK O 253/15) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das Urteil des LG Landshut vom 02.09.2015, 1 HK O 253/15, in Ziffer 1 aufgehoben. Insoweit wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Gerichtskosten erster Instanz tragen die Klägerin 1/3 und die Beklagte zu 1) 2/3. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin in erster Instanz trägt die Beklagte zu 1) 2/3.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) in erster Instanz trägt die Klägerin. Von den Kosten der Nebenintervention in erster Instanz trägt die Klägerin 1/3.
Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention trägt die Klägerin.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit in der gemeinsamen Gesellschafterversammlung der beiden Beklagten vom 04.12.2014 gefasster Beschlüsse.
Der Rechtstreit wurde hinsichtlich der Klageanträge zu III. und IV., die TOP 13 betrafen, übereinstimmend für erledigt erklärt.
Das LG, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat der Klage stattgegeben. Es hat festgestellt, dass unter TOP 7 der Beschluss gefasst worden ist, dass für die Geschäftsführerposition der E. Tortechnik GmbH die Suche nach einem geeigneten Kandidaten aufgenommen wird, und dass der festgestellte ablehnende Beschluss nichtig ist. Die Mitglieder der Familie S. seien aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht verpflichtet gewesen, dem Antrag auf Suche eines geeigneten Geschäftsführers für die E. Tortechnik GmbH zuzustimmen. Der bisherige Geschäftsführer, Herr C. S., sei wirksam abberufen worden. Eine GmbH bedürfe gemäß § 6 Abs. 1 GmbHG zwingend eines Geschäftsführers als Vertretungsorgan. Auch wenn bisher das Amt des Geschäftsführers bei der E. Tortechnik GmbH durch ein Mitglied der Familie S. wahrgenommen worden sei, berechtige dies nicht, eine Neubestellung zu verhindern. Durch die Gesellschafter der Familie S. sei auch kein geeigneter Kandidat präsentiert worden, vielmehr werde versucht, Herrn C. S. zumindest faktisch die Rolle eines Geschäftsführers zukommen zu lassen. Das LG hat weiter festgestellt, dass der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1) vom 04.12.2014 unter TOP 21 festgestellte Beschluss nichtig ist. Es hat ferner den Beklagten die Kosten des Rechtstreits gemäß §§ 91, 91a ZPO auferlegt.
Gegen die Feststellungen zu TOP 7 und die Kostenentscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten zu 2). Die Beklagte zu 1) hat ihre Berufung mit Schriftsatz vom 29.03.2016 zurückgenommen. Die Beklagte zu 2) rügt insbesondere, der Beschluss, dessen Feststellung die Klägerin begehre, habe keinen Regelungsinhalt, so dass es am Rechtsschutzbedürfnis fehle. Die Aufnahme einer Suche stelle weder eine konkrete Regelung dar noch eine Anweisung an die Geschäftsführung, noch sei dieser Beschluss umsetzungsfähig. Jeder Gesellschafter sei berechtigt, eine Person zu benennen, welche er für die Position des Geschäftsführers für geeignet halte. Es sei nicht erkennbar, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt die Gesellschafter der Familie S. verpflichtet gewesen sein sollten, dem Beschlussantrag der Familie R. zuzustimmen. Schließlich sei die Kostenentscheidung unrichtig; ohne nähere Begründung führe das LG lediglich aus, der Klageantrag, der sich auf den TOP 13 beziehe, sei begründet gewesen.
Die Beklagte zu 2) beantragt:
1. Das Urteil des LG Landshut vom 02.09.2015 wird hinsichtlich Ziff. 1. und hinsichtlich der Kostenentscheidung aufgehoben.
2. Die Klage wird abgewiesen, soweit die Klägerin begehrt, festzustellen, dass in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 04.12.2014 unter TOP 7 der Beschluss gefasst worden ist, dass für die Geschäftsführerposition der E. Tortechnik GmbH die Suche nach einem geeigneten Kandidaten aufgenommen wird (ggf. mittels Personalagentur) und soweit beantragt ist, den festgestellten ablehnenden Beschluss für nichtig zu erklären.
Die Klägerin hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Es solle durch formellen Gesellschafterbeschluss festgehalten werden, dass auf der Ebene der Beklagten zu 2) die Suche nach einem geeigneten Geschäftsführer für ihre Tochter, die E. Tortechnik GmbH, aufgenommen werde. Der streitgegenständliche Beschluss diene dazu, die bei der E. Tortechnik GmbH bestehende Handlungsunfähigkeit möglichst zeitnah zu beseitigen. Es solle bei der gegebenen Streitsituation zwischen den Gesellschafterfamilien "auf der ersten Stufe" die für die Bestellung eines Geschäftsführers erforderliche Voraussetzung geschaffen werden. Die Suche müsse objektiv, neutral und extern durchgeführt werden, um dem Einwand zu begegnen, ein Ka...