Leitsatz (amtlich)
Nach § 439 Abs. 3 S. 1 HGB wird die Verjährung eines Anspruchs gegen den Frachtführer durch schriftliche Erklärung des Absenders oder Empfängers gehemmt. Eine Erklärung in Textform, hier: per E-Mail, genügt dem Formerfordernis nicht und vermag deshalb eine Verjährungshemmung nicht zu bewirken.
Für eine Auslegung der Norm dahingehend, dass entgegen ihrem Wortlaut eine Erklärung in Textform ausreichend ist, oder für eine analoge Anwendung der §§ 438 Abs. 4 HGB, 126b BGB besteht kein Raum.
Normenkette
HGB § 439 Abs. 3, § 438 Abs. 4; BGB § 126b
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 12.02.2008; Aktenzeichen 16 HK O 18599/07) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des LG München I vom 12.2.2008, 16 HK O 18599/07 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche aufgrund Transportschadens. Die Klägerin ist zu 60 % Versicherer der D. S. GmbH & Co. KG, weitere 40 % werden durch die H. Versicherungs-AG gedeckt (vgl. Anlage K 1). Die Versicherungsnehmerin der Klägerin hatte die Fa. N. GmbH & Co. KG mit der Durchführung des Transportes eines Containers mit Chemikalien von Großbritannien zur M. S. GmbH nach M. beauftragt. Die Firma N. beauftragte ihrerseits die Beklagte mit der Durchführung des Transports auf einer Teilstrecke. Die Beklagte lieferte am 5.4.2006 die streitgegenständliche Ladung beim Empfänger ab. Bei der Entladung stürzte der Container von der Ladebordwand.
Mit E-Mail vom 8.1.2007 (Anlage K 5) teilte eine Mitarbeiterin der Fa. N. der Beklagten unter Verweis auf eine Haftbarerklärung vom 6.4.2006 den Schaden mit und bat um eine direkte Schadensabwicklung zwischen Anspruchssteller und der Beklagten.
Die Klägerin hat in erster Instanz vortragen lassen, durch den Sturz des Containers von der Ladefläche sei Totalschaden entstanden, da die Chemikalie ausgelaufen sei und Feuchtigkeit gezogen habe. Die Höhe des Schadens belaufe sich auf 7.602 EUR. Sie sei zur Geltendmachung des Schadens als führende Versicherung aktivlegitimiert. Zudem sei der Schaden reguliert. Die Beklagte sei zum Schadensersatz verpflichtet, da der Transport noch nicht beendet gewesen sei, als der Schaden eingetreten sei. Zum Transport hätte das Absenken der Ware vom Lkw gehört. Die Beklagte sei durch E-Mail vom 6.4.2006 haftbar gemacht worden. Spätestens mit der E-Mail vom 8.1.2007 sei die Verjährung gehemmt.
Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin und erhebt die Einrede der Verjährung, da sie der Ansicht ist, die Erklärungen in der E-Mail vom 8.1.2007 entsprechen nicht den eine Verjährungshemmung auslösenden Formvorschriften nach § 439 Abs. 3 HGB. Sie ist weiter der Auffassung, eine Haftung der Beklagten sei ausgeschlossen, da der Schaden erst nach Beendigung des Transports eingetreten sei. Die Sendung, die ein Gewicht von über 1,4 Tonnen gehabt habe, hätte zudem gesondert gekennzeichnet werden müssen, sie sei im Hinblick auf das Gewicht auch nicht ausreichend verpackt gewesen.
Das LG hat die Klage aus mehreren Gründen abgewiesen. Es hat die Aktivlegitimation der Klägerin als nicht hinreichend nachgewiesen erachtet. So sah es durch die vorgelegte Kopie eines Verrechnungsschecks vom 27.4.2006 (Anlage K 4) einen Nachweis für die Schadensregulierung als nicht erbracht an. Außerdem war es der Auffassung, die Klägerin habe nicht ausreichend dargelegt und bewiesen, dass der Versicherungsvertrag zum streitgegenständlichen Zeitpunkt noch bestand. Zudem sah das Erstgericht die Forderung gem. § 439 Abs. 1 S. 1 HGB als verjährt an. Eine Hemmung der Verjährung sei nicht eingetreten, da die E-Mail (Anlage K 5) dem Schriftformerfordernis des § 439 Abs. 3 HGB nicht genüge. Eine analoge Anwendung des § 438 Abs. 4 HGB, der für die Schadensanzeige die Textform als ausreichend ansehe, komme angesichts des klaren Wortslauts des § 439 Abs. 3 HGB nicht in Betracht. Es fehle an einer planwidrigen Regelungslücke, zudem erscheine aus Gründen der Rechtssicherheit und wegen der Bedeutung der Verjährungshemmung das Schriftformerfordernis sinnvoll. Schließlich lehnte das Erstgericht eine Haftung der Beklagten nach § 425 Abs. 1 HGB auch deshalb ab, weil der Schaden erst nach Ablieferung entstanden sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihren Anspruch auf Schadensersatz weiterverfolgt. Das LG habe verfahrensfehlerhaft, nämlich ohne Hinweis, ihre Aktivlegitimation verneint. Die Klägerin trägt unter Beweisangeboten vor, sie sei aktivlegitimiert, da der Versicherungsvertrag ungekündigt fortbestanden habe, die Schadensregulierung erfolgt sei, nach § 67 VVG eine konkludente Forderungsabtretung stattgefunden habe und sie als führende Versicherung zur Geltendmachung des Schadens berechtigt sei. Verjährung sei nicht eingetreten, das LG habe die Vorschrift des § 439 Abs. 3 HGB verkannt. Bei der Formulierung des § 439 Abs. 3 HGB handle es sich um ein r...