Leitsatz (amtlich)

Ein sog. Zinsdifferenzgeschäft kann bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ein vergleichbares Spekulationsgeschäft i.S.v. § 3 Abs. 2e ARB darstellen.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 06.03.2008; Aktenzeichen 12 O 9088/06)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG München I vom 6.3.2008 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

III. Die Revision wird zugelassen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Deckungsschutz aus einer Rechtsschutzversicherung für eine aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes erhobene Klage gegen die Volksbank V.

Der Ehemann der Klägerin war vom 9.9.1997 bis 1.1.2004 Versicherungsnehmer der Beklagten; u.a. bestand Privatrechtsschutz für selbständig und freiberuflich Tätige nach § 23 der Allgemeinen Rechtsschutz-Versicherungsbedingungen (ARB). Nach § 3 Abs. 2e ARB besteht Rechtsschutz nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit Spiel- oder Wettverträgen sowie Terminoder vergleichbaren Spekulationsgeschäften.

Der Ehemann der Klägerin hatte mit der Volksbank im Herbst 1998 einen Geschäftsbesorgungsvertrag über Zinsdifferenzgeschäfte im Gesamtvolumen von ca. 2,5 Mio. DM abgeschlossen. Mit niedrigverzinslichen Währungskrediten der B-Bank wurden höher verzinsliche Wertpapiere, nämlich Staatsanleihen u.a. von Argentinien, Brasilien und Mexiko angeschafft. Gegenüber der B-Bank verbürgte sich die Volksbank für deren Anspruch auf Rückzahlung des Währungskredits im Rahmen eines Avalkreditvertrags. Genutzt werden sollten die Zinsdifferenzen zwischen den Währungskrediten einerseits und den hochverzinslichen Staatsanleihen andererseits, um höhere Gewinne zu erzielen, als dies in der Heimatwährung möglich gewesen wäre. Im April 2001 kündigte die Volksbank die Geschäftsverbindung, zahlte den von ihr verbürgten Währungskredit an die B-Bank zurück und verwertete die ihr als Sicherheit gegebenen Wertpapiere mit Verlust. In ihrer Klage wirft die Klägerin der Volksbank u.a. vor, sie habe die Wertpapiere zu spät veräußert, was wegen fortschreitender Kursverluste zu einem Schaden i.H.v. 328.004,03 EUR geführt habe.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des LG im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Das streitgegenständliche Zinsdifferenzgeschäft sei ein vergleichbares Spekulationsgeschäft gem. § 3 Abs. 2e ARB.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr ursprüngliches Begehren weiter und beantragt, unter Aufhebung des Urteils des LG München I vom 6.3.2008

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 6.618 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechthängigkeit zu bezahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, weitere 7.000,60 EUR an die Rechtsanwälte R auf deren Konto bei der Sparkasse S, BLZ 000 Kto.-Nr.: 000 zu Aktenzeichen 000 zu bezahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von der Verpflichtung aufgrund des Kostenfeststellungsbeschlusses des LG L - Az. 000 - vom 18.9.2006 ggü. der Volksbank V freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klagepartei zurückzuweisen.

Die Klägerin ist im Wesentlichen der Auffassung, der Geschäftsbesorgungsvertrag sei nicht vergleichbar mit einem Termingeschäft; zudem handele es sich nicht um ein Spekulationsgeschäft.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II. Der Senat hält die Auffassung des LG für zutreffend: Das streitgegenständliche Zinsdifferenzgeschäft ist ein vergleichbares Spekulationsgeschäft i.S.v. § 3 Abs. 2e ARB.

1. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind grundsätzlich so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an (vgl. Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., vor § 1 Rz. 16 m.w.N.).

2. Termingeschäfte sind mittlerweile definiert als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines Basiswertes ableitet, § 2 Abs. 2 Nr. 1 WpHG. Wesen des Termingeschäfts ist neben der zeitlich verzögerten Erfüllung weiterhin die Absicht, im Termin nicht wirklich zu liefern, sondern nur den Unterschied zwischen dem vereinbarten und dem Börsen- oder Marktpreis von dem verlierenden an den gewinnenden Teil zu zahlen (vgl. Harbauer/Maier, Rechtsschutzversicher...

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