Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung der Abtretung von Eigentümer-Grundschulden einer KG; § 135 Nr. 1 InsO
Leitsatz (amtlich)
1. Die Abtretung von Eigentümergrundschulden einer KG zur Sicherung von Darlehensforderungen eines Gesellschafters kann auch dann Eigenkapital ersetzenden Charakter haben und deshalb nach § 135 Nr. 1 InsO anfechtbar sein, wenn zum Zeitpunkt der Abtretung eine Krise der Gesellschaft noch nicht vorlag.
2. Eine Gläubigerbenachteiligung i.S.v. § 129 InsO kann auch dann vorliegen, wenn die Masse zwar ausreicht, alle Fremdgläubiger zu befriedigen, nicht jedoch, um sämtliche Forderungen anderer Gesellschafter aus Gesellschafterdarlehen zu tilgen.
Normenkette
InsO §§ 129, 135 Nr. 1
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 29 O 13804/00) |
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des LG München I vom 24.1.2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verurteilt wird, die auf dem Anderkonto des Notars Dr. K. München hinterlegten 703.200 DM nebst aufgelaufener Zinsen zugunsten des Klägers freizugeben.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 800.000 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Der Wert der Beschwer übersteigt 60.000 DM.
Tatbestand
Der Kläger verlangt vom Beklagten die Freigabe eines auf einem Notaranderkonto hinterlegten Geldbetrages. Mit seiner Widerklage begehrt der Beklagte die Auszahlung dieses Geldbetrages an ihn.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der „O.V. GmbH & Co. Verwaltungs KG”. Nachdem am 23.12.1999 Insolvenzantrag gestellt worden war, wurde mit Beschluss des AG München vom 1.2.2000 das Insolvenzverfahren über diese Gesellschaft wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet.
Kommanditisten der Gesellschaft waren zunächst Herr J.V. mit einer Kommanditeinlage von 1.000.000 DM sowie seine Schwester G.R. mit einer Kommanditeinlage von 500.000 DM. Mit dem Tod von J.V. wurden hinsichtlich seiner Kommanditeinlage M.V. i.H.v. 998.000 DM und D.K. i.H.v. 2.000 DM Erben. Es wurde Testamentsvollstreckung angeordnet und der Beklagte als Testamentsvollstrecker benannt.
M.V. und D.K. haben ferner Ansprüche aus Gesellschafterdarlehen, die J.V. der Gesellschaft gewährt hatte, i.H.v. 1.862.014,61 DM und 1.574.702,22 DM geerbt. Daneben hat G.R. eigene Ansprüche aus Gesellschafterdarlehen i.H.v. 823.678,54 DM.
Mit Schreiben vom 28.1.1999 hat der Beklagte ggü. dem Geschäftsführer der KG die Darlehen in einer Gesamthöhe von 1.726 DM gekündigt und Zahlung von 577.200 DM an D.K. und 1.148,800 DM an M.V. bis spätestens Ende März 1999 verlangt.
Auf einer Gesellschafterversammlung der KG vom 17.3.1999 wurde beschlossen, zur „liquiditätsmäßigen Abdeckung der anfallenden Erbschaftssteuern für die Erben M.V. und D.K.” über vorläufig 1,726 Mio. sowie wegen weiteren Liquiditätsbedarfs ein langfristiges Bankdarlehen über insgesamt 2 Mio. DM aufzunehmen. Die Geschäftsleitung wurde beauftragt, unverzüglich die erforderliche Bestellung einer Buchgrundschuld über 2 Mio. DM auf dem Grundbesitz der KG vorzunehmen. Ferner wurde der Beklagte beauftragt, mit näher genannten Banken Verhandlungen über ein mittelfristiges Betriebsmittel-Darlehen in der Größenordnung von 500.000 DM bis 1.000.000 DM zu verhandeln und entsprechende Kreditverträge abzuschließen. Er wurde bevollmächtigt, der kreditgewährenden Bank als Sicherheit eine Eigentümergrundschuld der KG über 500.000 DM zur Verfügung zu stellen.
Des Weiteren wurden in der Gesellschafterversammlung – unter der Voraussetzung entsprechender Fremdmitteleindeckung und deren Valutierung – Entnahmen für M.V. i.H.v. 1,148 Mio. DM und für D.K. i.H.v. 577.200 DM genehmigt (vgl. Anlage K 3).
Am 8.4.1999 bestellte der Geschäftsführer der Komplementärin der KG eine Briefgrundschuld über 1.000.000 DM an einem Grundstück der Gemeinschuldnerin und trat sie ebenso wie eine bereits bestehende Eigentümerbriefgrundschuld der KG über 500.000 DM mit notarieller Urkunde an den Beklagten des Testamentsvollstreckers ab.
Am 9.4. fand eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH statt, an der neben Frau R. auch der Beklagte teilnahm. Dieser informierte darüber, dass mit Zustimmung von Frau R. „vorläufig und zur Absicherung der für die Erbschaftssteuer etc. angeforderten Mittel i.H.v. ca. 1,7 Mio. DM” die neu bestellte Grundschuld über 1 Mio. DM sowie die bereits bestehende Eigentümergrundschuld über 0,5 Mio. DM an ihn abgetreten worden seien.
Am 9.4.1999 hat die D. Bank eine bereits zuvor eingeräumte Kreditlinie i.H.v. 1 Mio. DM bis auf weiteres ohne zusätzliche Sicherheiten erneuert. Die C. Bank hat am 28.6.1999 erneut einen Barkredit i.H.v. 500.000 DM zur Verfügung gestellt. Beide Banken hatten verlangt, hinsichtlich der Sicherheiten nicht ggü. anderen kreditgebenden Banken benachteiligt zu werden. In Höhe von 3 Mio....