Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen an den vom Arzt zu führenden Nachweis der ordnungsgemäßen Aufklärung

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 04.02.2009; Aktenzeichen 9 O 20623/06)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG München I vom 4.2.2009 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht ggü. der Beklagten Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einer Revisionsoperation an der rechten Schulter geltend.

Die Klägerin wurde erstmals am 2.8.2000 im Kreiskrankenhaus E. wegen eines schmerzhaften Impingementsyndroms der rechten Schulter bei Rotatorenmanschettenruptur und Schultergelenksarthrose operiert.

Nachdem die Klägerin auch in der Folgezeit unter starken Schmerzen litt, wurde am 4.9.2000 in der Klinik der Beklagten eine Revisionsoperation durchgeführt. Es erfolgte eine Acromiologoplastik und eine Rotatorenmanschettennaht.

Am 20.9.2000 wurde in der Klinik der Beklagten eine erneute Supraspinatussehnennaht gesetzt und eine erneute Acromiologoplastik vorgenommen.

Die Klägerin hatte vor den beiden Eingriffen durch Unterschrift auf dem Perimed-Bogen "Operation bei Schulterverletzungen" bestätigt, dass sie über die geplante Behandlung in einem Aufklärungsgespräch mit dem Arzt ausführlich informiert worden ist und keine weiteren Fragen hat. Weiter unterzeichnete die Klägerin jeweils an den Vortagen der Operationen eine weitere Erklärung, dass sie mit dem Eingriff einverstanden ist und über die typischen Risiken in verständlicher Form aufgeklärt worden ist.

Nach der Operation vom 20.9.2000 erfolgte eine Lagerung des Armes auf einer Abduktionsschiene mit krankengymnastischer passiver Bewegung für drei Wochen, ab der dritten Woche wurde die Gymnastik auf aktive Bewegungsübungen erweitert. Des Weiteren wurde der Klägerin vom 21.9. bis zum 28.9.2000 das Medikament Clexane (niedermolekulares Heparin) verabreicht.

Die Klägerin wurde am 1.10.2000 aus dem Krankenhaus der Beklagten entlassen.

Die Klägerin musste sich am 19.10.2000 wegen einer Lungenembolie und Armvenenthrombose in das Klinikum B. begeben.

Die Klägerin hat vor dem LG vorgetragen:

Die Thromboseprophylaxe sei unzureichend gewesen. Daher habe sich infolge der Operation vom 20.9.2000 eine Armvenenthrombose entwickelt, die zur Lungenembolie geführt habe. Die Gabe von Clexane sei angesichts der Ruhigstellung des Armes nicht ausreichend gewesen. Auch sei sie nicht über konservative Behandlungsmöglichkeiten und das Risiko einer Reruptur aufgeklärt worden.

Die Klägerin hat vor dem LG beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, das der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zumindest aber 15.000 EUR nebst 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jegliche weitergehenden immateriellen und jegliche materiellen Schäden zu ersetzen, die auf deren ärztlicher Behandlung seit Dezember 2000 beruhen, soweit nicht vom vorstehenden Antrag 1 erfasst und materielle Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

3. Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin 498,62 EUR zuzüglich Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit dieses Klageantrages zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt: die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vor dem LG vorgetragen:

Die Verabreichung von Clexane sei ausreichend gewesen. Eine Immobilisation habe gerade nicht stattgefunden, da krankengymnastische Übungen verordnet worden seien. Die Klägerin sei ordnungsgemäß aufgeklärt worden.

Das LG hat Beweis erhoben durch Hinzuziehung des Sachverständigen Prof. Dr. W.

Das LG wies mit Endurteil vom 14.2.2009 die Klage ab.

Das LG führte zur Begründung aus, dass die Klägerin einen Behandlungsfehler nicht habe nachweisen können und ein Aufklärungsmangel nicht vorliege. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen habe bei der Klägerin nur ein geringes bis mittleres Thromboserisiko vorgelegen. Bei dieser Risikoeinschätzung sei die mehrtägige Gabe von Clexane ausreichend gewesen. Ein Aufklärungsmangel sei nicht festzustellen, da der von der Klägerin unterzeichnete Aufklärungsbogen vom 19.9.2000 für den Eingriff am 20.9.2000 ausdrücklich auf das Risiko einer Thrombose und Lungenembolie hinweise. Auch das Risiko einer Reruptur werde sowohl im Aufklärungsbogen vom 3.9.2000 als auch vom 19.9.2000 erwähnt. Zudem sei der Klägerin dieses Risiko ohnehin bekannt gewesen, da die Eingriffe vom 4.9.2000 und 20.9.2000 grade wegen einer Reruptur erfolgt seien....

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