Leitsatz (amtlich)

Die organschaftliche Sonderrechtsbeziehung zwischen einer deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung und ihrem Geschäftsführer fällt unter den Begriff "Vertrag" im Sinne des Art. 5 Nr. 1 des Lugano-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (LGVÜ).

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts München II vom 09. Juli 1998 aufgehoben, festgestellt, daß das angerufene Landgericht München II international zuständig ist, und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung einschließlich der über die Kosten des Berufungsverfahren an das Landgericht München II zurückverwiesen.

II. Der Wert der Beschwer des Beklagten übersteigt DM 60. 000, --.

 

Tatbestand

Der Kläger ist seit Eröffnung des Konkursverfahrens am 30. 08. 1994 Konkursverwalter über das Vermögen der C. Deutschland GmbH mit Sitz in S. Er nimmt den Beklagten als deren früheren Geschäftsführer auf Schadensersatz in Höhe von DM 1. 598. 637, 02 in Anspruch.

Der Beklagte ist venezolanischer Staatsangehöriger, hat aber seit einiger Zeit einen Wohnsitz in der Schweiz. Dort konnte ihm auch die Klage am 12. 12. 1997 zugestellt werden. Er war ab dem 21. 07. 1992 alleinvertretungsberechtigter und ab dem 16. 09. 1993 bis zur Konkurseröffnung alleiniger Geschäftsführer der C. Deutschland GmbH.

Diese Gesellschaft wurde am 25. 11. 1991 von der C. Inc. , X. , USA, mit einem Stammkapital von DM 100. 000, -- und Sitz in D. errichtet. Das Stammkapital wurde am 21. 07. 1992 auf DM 500. 000, -- erhöht (Anlage BK 10). Hierbei übernahmen die C. Inc. einen Anteil von DM 325. 000, -- und der neue Mitgeschäftsführer J. einen Anteil von DM 75. 000, --. Für sich und J. überwies die C. Inc. am 23. 10. 1992 das gesamte Stammkapital von DM 500. 000, -- an die C. Deutschland GmbH. Noch am Tag des Eingangs des Geldes, dem 27. 10. 1992, überwies letztere DM 100. 000, -- an die C. Inc. für "Mietaval" zurück und weitere DM 165. 402, 98 an die ebenfalls vollständig der C. Inc. gehörenden X. GmbH für verauslagte Kosten. Die Kapitalerhöhung wurde am 01. 12. 1992 in das Handelsregister des Amtsgerichts D. eingetragen (Anlage BK 9). Mit Ausscheiden von J. zum 16. 09. 1993 übernahm die C. Inc. auch dessen Anteile an der nachmaligen Gemeinschuldnerin.

Die C. Deutschland GmbH verlegte am 23. 11. 1992 ihren Sitz nach S. und mietete dort Geschäftsräume an der Y-Straße zuerst vom gewerblichen Zwischenvermieter und ab dem 01. 04. 1993 vom Eigentümer F. unmittelbar fest für die Dauer von 5 Jahren bis zum 30. 03. 1998 zum monatlichen Mietzins von zunächst DM 21. 519, 00 zuzüglich Umsatzsteuer (Mietvertrag vom 13. 04. /06. 05. 1993 - Anlage BK 13). F. ist Hauptgläubiger im Konkursverfahren mit einer zur Konkurstabelle festgestellten Forderung von DM 1. 188. 797, 35 (Anlage BK 14). Daneben haben drei Großlieferanten offene Forderungen gegen die Gemeinschuldnerin von zusammen DM 135. 693, 30. Ferner stehen kleinere Forderungen in einem Gesamtumfang von DM 76. 582, 80 aus.

Der Kläger will nun diese von ihm anerkannten Konkursforderungen sowie seine Verwaltergebühr vom Beklagten ersetzt haben. Er trägt vor, der Beklagte habe schon unzutreffende Angaben über die Aufbringung des Stammkapitals gemacht. Darüber hinaus habe der Beklagte die C. Deutschland GmbH aber auch ausgeplündert und in Konkurs gehen lassen. Er sei Alleinaktionär der C. Inc. gewesen und habe u. a. in deren Interesse das gesamte Geschäft der C. Deutschland GmbH auf die von der C. Inc. Ende 1992 übernommenen und dieser auch jetzt noch zu mehr als drei Viertel gehörenden Z. GmbH verlagert. Auch habe der Beklagte die von der nachmaligen Gemeinschuldnerin angemieteten Geschäftsräume der Z. GmbH für die Zeit vom 01. 04. 1993 bis 30. 04. 1994 unentgeltlich überlassen. Das von der Gemeinschuldnerin im Jahresabschluß auf den 31. 12. 1993 (Anlage K 46) ausgewiesene Anlagevermögen von DM 137. 163, -- sei zu nur DM 25. 000, -- an die ebenfalls konzernabhängige tschechische Z. verschleudert worden. Das in der Bilanz auf den 31. 12. 1993 aufgeführte Umlaufvermögen von DM 270. 993, 96 sei zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung nicht mehr vorhanden gewesen, sondern vielmehr als abgegangen verbucht worden, ohne daß sich ein Gegenwert hierfür aus den Büchern der Gemeinschuldnerin ersehen lasse (Anlage K 23). Seine Ansprüche stützt der Kläger auf die Haftungsgrundsätze im qualifiziert faktischen Konzern, § 117 AktG analog, die Haftung des Geschäftsführers nach § 57 a Abs. 4 i. V. m. § 9 a Abs. 1 GmbHG, § 31 Abs. 6 GmbHG, § 43 Abs. 2 GmbHG, § 64 Abs. 2 GmbHG sowie die eines Liquidators nach § 73 Abs. 3 GmbHG, unerlaubte Handlung nach § 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 82 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 GmbHG, § 266, § 283 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 StGB als auch § 826 BGB.

Der Beklagte hält dagegen bereits die internationale Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts München II für nicht gegeben. Er bestreitet, Gesellschafter der C. Inc. ge...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?