Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit der bisherigen Regelungen für Unterhaltsanspruch bei Scheidung unter Geltung der alten Regelung trotz Gesetzesreform. Anwendbarkeit der bisherigen Regelungen für Unterhaltsanspruch bei Scheidung unter Geltung der alten Regelungen trotz Gesetzesreform
Leitsatz (amtlich)
Nach Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14.6.1976 richtete sich der Unterhaltsanspruch eines Ehegatten, dessen Ehe nach den bisher geltenden Vorschriften geschieden worden war, auch künftig nach dem bisherigen Recht. Unterhaltsvereinbarungen blieben unberührt. Gleiches gilt für die Neueinführung der Begrenzungsvorschriften für den Unterhalt nach dem Gesetz zur Änderung unterhaltsrechtlicher, verfahrensrechtlicher und andere Vorschriften vom 20.2.1986 für Ehen, die nach dem bis zum 30.6.1977 geltenden Recht geschieden worden sind. Daran hat auch die Neueinführung des § 1578b BGB nichts geändert.
Normenkette
BGB §§ 1578b, 1581; EheG § 60
Verfahrensgang
AG Kaufbeuren (Urteil vom 12.07.2007; Aktenzeichen 2 F 215/07) |
Tatbestand
Das AG - FamG - Kaufbeuren hat mit Teilanerkenntnis und Endurteil vom 12.7.2007 den vor dem OLG Stuttgart am 5.5.1988 (16 UF 398/87) geschlossenen Vergleich dahingehend abgeändert, dass der Kläger ab 15.3.2007 nur noch einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 137,77 EUR an die Beklagte zu zahlen hat, im Übrigen hat es die Abänderungsklage des Klägers abgewiesen. Es hat weiter entschieden, dass der Kläger von den Kosten des Verfahrens 1/3 und die Beklagte 2/3 sowie der Kläger von den Kosten der Nebenintervention 1/3 und der Nebenintervenient 2/3 zu tragen haben.
Der Kläger möchte mit seiner Berufung eine weitere Herabsetzung des Unterhalts, wie er im Vergleich vom 5.5.1988 geregelt wurde, erreichen, und zwar ab 15.3.2007 auf 6 EUR pro Monat; ab 1.7.2007 will er keinen Unterhalt mehr bezahlten.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten erweist sich als teilweise begründet.
1. Abweichend von den Entscheidungsgründen des AG ist der Senat beim Selbstbehalt des Klägers von 1 000 EUR aus folgenden Gründen ausgegangen.
Der BGH hat bereits mit seiner Entscheidung vom 15.3.2006 (FamRZ 2006, 683) zur Bemessung des Ehegatten-Selbstbehalts Stellung genommen. Nach dieser Entscheidung ist der eheangemessene Selbstbehalt in der Regel mit einem Betrag zu bemessen, der zwischen dem angemessenen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 1 BGB) und den notwendigen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 2 BGB) liegt. In der Folge haben sich die Senate des OLG München noch vor dem 15.3.2007 darauf verständigt, wegen dieser Entscheidung des BGH den Selbstbehalt beim Ehegattenunterhalt generell auf 1 000 EUR pro Monat anzusetzen.
Aufgrund des von den Parteien vor dem OLG Stuttgart geschlossenen Vergleichs vom 5.5.1988 steht die Unterhaltsverpflichtung des Klägers fest. Nach den zutreffenden Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils verfügt die Beklagte über eine Rente i.H.v. 173,56 EUR monatlich, der Beklagte i.H.v. 1 037,77 EUR (unstreitig).
Bei einem Selbstbehalt von 1 000 EUR pro Monat verbleiben dann nur noch 37,77 EUR (gerundet 38 EUR) an verteilungsfähigem Einkommen des Klägers. In Höhe dieses Betrages ist der Kläger weiterhin leistungsfähig (vgl. SüdL [Stand: 1.1.2008] Ziff. 21.4).
In diesem Betrag sind Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. 400 EUR pro Monat enthalten (SüdL Ziff. 21.4). Der vom Kläger geltend gemachte Mehrbedarf für die Miete beläuft sich auf 46,77 EUR, da er insgesamt eine Warmmiete von 446/77 EUR pro Monat zu bezahlen hat. Angesichts der engen Vermögensverhältnisse vor allem auch der Beklagten und der geringen Überschreitung der im Selbstbehalt enthaltenen Kosten für Unterkunft und Heizung ist es dem Kläger zumutbar, die nicht im Selbstbehalt enthaltenen 46,77 EUR zusätzlich zu zahlen. Bei dem Selbstbehalt i.H.v. 1 000 EUR handelt es sich um den Regelfall (SüdL, a.a.O.; BGH, a.a.O.). Eine Abweichung vom Selbstbehalt ist angesichts der engen Vermögensverhältnisse, die auf Seiten der Beklagten wesentlich enger sind als auf Seiten des Klägers, gerechtfertigt.
2. Soweit der Kläger geltend macht, er habe in der Vergangenheit zuviel Unterhalt gezahlt, kann er damit eine Reduzierung oder einen Wegfall des Unterhalts für die Zukunft nicht erreichen: Ihm hätte es freigestanden, in der Vergangenheit durch eine Abänderunsgsklage den Unterhalt zu reduzieren, soweit dies gerechtfertigt gewesen wäre.
3. Eine zeitliche Beschränkung des Unterhalts scheidet aus. Die Ehe wurde am 19.3.1976 nach altem Recht geschieden. Der Unterhalt wurde nach altem Recht in einem Vergleich vom 23.1.1976 geregelt. Das Unterhaltsrecht in der bis zum 1.7.1977 geltenden Fassung kannte keine zeitliche Begrenzung (§§ 58 ff. EheG). Für einen Unterhaltsbeitrag nach § 60 EheG nach Billigkeit fehlt jeder Vortrag, noch sind Gesichtspunkte für eine solche Billigkeitsabwägung ersichtlich. Es handelt sich hierbei nicht um einen echten Unterhaltsanspruch (Rosenthal-Bohnenberg, BGB, 15. Aufl., § 60 EheG Rz. 697...