Leitsatz (amtlich)
1. Bindet sich der Käufer einer Eigentumswohnung vier Monate an sein Kaufangebot, so verstößt diese Bindung gegen § 308 Nr. 1 BGB mit der Folge, dass insgesamt ein wirksames, annahmefähiges Angebot des Käufers nicht vorliegt.
2. Bei der hieraus folgenden bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung des fehlgeschlagenen Kaufvertrags sind von der bezahlten Kaufpreissumme die erzielten Nettomieterträge abzüglich der nicht umlagefähigen Nebenkosten abzuziehen. Finanzierungskosten hat der Verkäufer dem Käufer dagegen nicht zu erstatten. Etwaige Steuervorteile des Käufers sind nicht zu verrechnen.
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 11.01.2013; Aktenzeichen 34 O 4597/12) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 11.01.2013, Az. 34 O 4597/12, wird zurückgewiesen.
2. Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird - unter deren Zurückweisung im Übrigen - das Urteil des Landgerichts München I vom 11.01.2013, Az. 34 O 4597/12, abgeändert:
a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.778,43 EUR zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 29.02.2012, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung
- des im Grundbuch des Amtsgerichts H. eingetragenen Miteigentumsanteils (...) verbunden mit dem Sondereigentum (...)
- sowie des im Grundbuch des Amtsgerichts H. (...)Miteigentumsanteils (...)
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
b) Von dem unter a) genannten Betrag in Höhe von 5.778,43 EUR kommt bis zur Rückübertragung des unter a) genannten Eigentums an die Beklagte monatlich, jeweils zum ersten eines Monats, beginnend ab 01.10.2015, ein Betrag in Höhe von 332,16 EUR in Abzug.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 90 %, die Beklagte trägt 10 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist betreffend die Verurteilung zur Zahlung von 5.778,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 29.02.2012, Zug um Zug gegen die vorbezeichnete Gegenleistung, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung des Gegners durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der vollstreckbaren Forderung abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110 % der zu vollstreckenden Forderung
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Rückabwicklung des Kaufvertrags über eine Eigentumswohnung aus dem Jahr 2002. Die Wohnung hat der Kläger gemeinsam mit Frau J. aufgrund des notariell beurkundeten Angebots vom 05.03.2002 (Anlage 1), an das sich die Käufer "vier Monate ... unwiderruflich gebunden" hielten, und der ebenfalls notariell beurkundeten Annahme dieses Angebots durch die Beklagte vom 31.05.2002 (Anlage 2) erworben.
Der Kläger hält den Kaufvertrag für unwirksam und begehrt aus eigenem und abgetretenem Recht der Frau J. Rückzahlung des bezahlten Kaufpreises in Höhe von 57.561 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Miteigentumsanteils an der Immobilie.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Das Erstgericht hat die Prozessführungsbefugnis des Klägers bejaht. In der Sache hat es der Klage nur in Höhe von 13.413,30 EUR nebst Zinsen stattgegeben. Bei dem notariellen Angebot, insbesondere bei der Bindungsklausel, habe es sich um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte, den Käufer unangemessen lang bindende und daher unwirksame Vertragsbedingung gehandelt. Ein Kaufvertrag sei daher nicht zustande gekommen. Das Begehren des Klägers auf Rückabwicklung sei nicht verjährt oder sonst ausgeschlossen. Der Kläger müsse sich aber die erzielten Mieterträge von der Klageforderung abziehen lassen. Finanzierungskosten einerseits, Steuervorteile des Klägers andererseits seien dagegen nicht anzurechnen.
Auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung vom 11.01.2013 wird Bezug genommen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil, soweit es seine Prozessführungsbefugnis bejaht hat und den Rückzahlungsanspruch Zug um Zug gegen Rückübereignung grundsätzlich zuerkannt hat. Er begehrt allerdings, im Wege der Saldierung weitere Positionen in Ansatz zu bringen bzw. wendet Entreicherung ein.
In der Berufungsinstanz beantragt der Kläger daher, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 44.147,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.02.2012 Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung der streitgegenständlichen Wohnung zu bezahlen, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.097,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.02.2012 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt im Wege der Anschlussberufung, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Parteien beantragen übereinstimmend, das gegnerische Rechtsmittel zurückzuweisen.
Die Beklagte rügt die Prozessfü...