Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 19.09.2002; Aktenzeichen 3 O 18937/98) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 19.09.2002 dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von Euro 23.500 nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 24.07.1998 sowie einen Verdienstentgang in Höhe von Euro 3.751,15 für die Zeit vom 04.02.1997 bis zum 05.12 1997 zu bezahlen, und dass festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger zwei Drittel eines jeden weiteren, zukünftigen, materiellen und immateriellen Schadens zu ersetzen, der dem Kläger im Zusammenhang mit dem Unfall vom 23.12.1996 in Aschheim noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder auf Dritte übergegangen ist.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits der ersten und zweiten Instanz tragen der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten, die von dem Grundstückseigentümer mit der Durchführung von Räum- und Streudiensten beauftragt war, wegen eines Glatteisunfalls, der sich am 23.12.1996 um 07.45 Uhr auf dem Grundstück xxx ereignete, Schmerzensgeld, Ersatz von Verdienstausfall sowie die Feststellung, dass die Beklagte auch für weiteren Verdienstausfall und künftige unfallbedingte Schäden haftet.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Endurteil des Landgerichts München I vom 19.09.2002 wird verwiesen (§ 540 Abs. 1 ZPO).
Das Landgericht München I hat wie folgt entschieden:
"I. Die Beklagte wird verurteilt, Schmerzensgeld in Höhe von Euro 35.000 zuzüglich 4 % Zinsen hieraus seit dem 24.12.1996 an den Kläger zu bezahlen.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Differenz zwischen dem Arbeitsentgelt und dem von der AOK gezahlten Verletzungsgeld zu ersetzen.
III. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 04.02.1997 bis 05.12.1997 einen Betrag von insgesamt Euro 5.626,72 zu bezahlen.
IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden weiteren zukünftigen, materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger im Zusammenhang mit dem Unfall vom 23.12.1996 in Aschheim noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder auf Dritte übergegangen ist."
Die Beklagte hat zur Begründung ihrer Berufung vorgetragen, dass wegen des Eisregens für sie ein Streuen unzumutbar gewesen sei. Außerdem treffe den Kläger ein Mitverschulden von 100 %.
Sie hat beantragt,
das Urteil des Landgerichts München I vom 19.09.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 19.09.2002 zurückzuweisen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten führt teilweise zum Erfolg, da dem Kläger ein Mitverschuldensanteil von einem Drittel anzulasten ist.
1. Der Kläger hat gegen die Beklagte Schmerzensgeldansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. §1347 Abs. 1 BGB a.F..
Die Beklagte, die vom Grundstückseigentümer mit der Durchführung der Räum- und Streuarbeiten beauftragt war, hatte vor dem Unfall nicht gestreut. Trotz des Eisregens wäre ihr ein Streuen zumutbar gewesen, da sie durch den Einsatz von Streusalz das Gefrieren des Regens auf dem Boden hätte verhindern bzw. die bereits vorhandene Eisschicht hätte auftauen können.
Mit Hilfe von Streusalz kann der Gefrierpunkt auf -15° C herabgesetzt werden (vgl. Meyers, Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort: Auftaumittel). Da der Einsatz von Streusalz selbst auf öffentlichem Verkehrsgrund zulässig ist, wenn dies aus Gründen der Verkehrssicherheit geboten ist (vgl. Art. 51 Abs. 1 Satz 3 BayStraßen- und Wegegesetz), wäre die Verwendung von Streusalz auch auf dem Privatgrundstück in xxx erlaubt gewesen. Durch den Gebrauch von Streusalz hätte sich der Unfall vermeiden lassen, da nach dem Gutachten des Deutschen Wetterdienstes die Temperaturen in der Nacht vom 22.12. auf den 23.12.1996 zwischen -1° C und -4° C betragen haben. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten das vorgenannte Grundstück anfahren können, da es auch dem Kläger gelungen ist, dieses mit seinem Auto zu erreichen. Die Beklagte hätte spätestens um 06.00 Uhr ihrer vertraglich übernommenen Streupflicht nachkommen müssen, da auf dem vorgenannten Grundstück Handwerksbetriebe - u.a. die frühere Arbeitgeberin des Klägers - ihre Betriebsstätten hatten, bei denen der Arbeitstag spätestens um 07.00 Uhr beginnt.
Im Gegensatz zum Landgericht München I ist der Senat jedoch der Auffassung, dass dem Kläger gemäß § 254 Abs. 1 BGB ein Mitverschulden anzulasten ist. Der Kläger war zwar verpflichtet, seinen Arbeitsplatz aufzusuchen, was - wie oben festgestellt worden ist - möglich war. Ihm ist aber der Vorwurf zu machen, dass er nach dem sicheren Erreichen des Betrieb...