Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten für Pflege nach ärztlichem Kunstfehler

 

Normenkette

ZPO § 287

 

Verfahrensgang

LG Memmingen (Aktenzeichen 3 O 127/00)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des LG Memmingen vom 6.12.2000 in Ziff. II. geändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vom 1.1.2000 bis 31.5.2000 monatlich im Voraus weitere 786,73 DM (i.W.: siebenhundertsechsundachtzig 73/100 Deutsche Mark) und ab 1.6.2000 von 536,73 DM (i.W.: fünfhundertsechsunddreißig 73/100 Deutsche Mark) zu bezahlen.

II. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des 1. Rechtszuges tragen der Kläger 28 % und der Beklagte 72 %.

Der Kläger trägt darüber hinaus die durch die Anrufung des unzuständigen AG Illertissen entstandenen Kosten.

Von den Kosten der Berufung tragen der Kläger 7 % und der Beklagte 93 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i.H.d. jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Beschwer des Beklagten liegt über 60.000 DM.

 

Tatbestand

Der am 7.8.1988 geborene Kläger verlangt vom Beklagten wegen eines ärztlichen Fehlverhaltens Pflegemehrbedarf ersetzt.

Der Beklagte ist durch Endurteil des LG Memmingen vom 29.12.1993 (Aktenzeichen 2.O.2097/91), bestätigt durch Senatsurteil vom 26.9.1996 (Aktenzeichen 24 U 69/94), u.a. verurteilt worden, dem Kläger die materiellen Schäden zu ersetzen, die dieser infolge einer Hirnschädigung erlitten hat und noch erleidet. Die auf Grund dieses Gesundheitsschadens, insbesondere einer spastischen Tetraplegie, bestehenden erheblichen körperlichen und geistig-seelischen Beeinträchtigungen sind in dem genannten Urteil (S. 27 ff. = Bl. 298 ff. der Beiakten) beschrieben.

Der Kläger hat im vorliegenden Rechtsstreit vorgetragen, er sei in allen Dingen des täglichen Lebens auf fremde Hilfe angewiesen. Er hat den (im Vergleich zu einem gesunden Kind) erforderlichen Pflegemehraufwand im Rahmen der Betreuung durch seine Mutter im Einzelnen stundenweise errechnet und zwar nach Zeiträumen: ab Geburt für die ersten fünf Lebensjahre, ab Eintritt in den Kindergarten am 1.1.1994 bis 1998, Folgezeit mit Schuleintritt. Hinsichtlich der Einzelheiten, auch der erfolgten Zahlungen der Haftpflichtversicherung des Beklagten, wird auf die Schriftsätze des Klägers sowie den Tatbestand des angefochtenen Urteils (S. 4/5 = Bl. 100/101 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat den Standpunkt vertreten, sein Anspruch auf Zahlung wegen Pflegemehrbedarfs sei nicht im Rahmen der mit der Haftpflichtversicherung des Beklagten geführten Verhandlungen vergleichsweise erledigt worden. Bei dem Regulierungsgespräch vom 11.12.1997 sei es angesichts erheblich abweichender Größenvorstellungen zu keiner Einigung gekommen.

Der Kläger hat zuletzt folgende Anträge gestellt:

I. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 151.000 DM (i.W.: einhunderteinundfünfzigtausend Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 31.12.1999 zu bezahlen.

II. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ab 1.1.2000 monatlich (im Voraus zahlbare) weitere 786,73 DM (i.W.: siebenhundertsechsundachtzig 73/100 Deutsche Mark) zu bezahlen.

Der Beklagte hat den berechneten zeitlichen Pflegemehrbedarf im Vergleich zu einem gesunden Kind bestritten. Dies gelte insbesondere im ersten Lebensjahr. Für die Folgezeit sei ein täglicher Zeitaufwand von 185 Minuten ausreichend. Ab dem Eintritt in den Kindergarten würden sich die Pflegeleistungen der Mutter nicht unerheblich verringern. Der Beklagte hat auch die krankheitsbedingten Fehlzeiten während der Schulzeit bestritten.

Bei dem erwähnten Regulierungsgespräch habe man sich darauf geeinigt, dass der Kläger über die bereits erhaltenen Zahlungen hinaus für den Zeitraum bis 31.12.1997 einen Betrag von 140.000 DM, für die Folgezeit einen monatlichen Betrag von 750 DM für den persönlichen Pflege- und von 250 DM für den Sachmehrbedarf erhält.

Das LG Memmingen hat folgendes Endurteil erlassen:

I. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 150.952,30 DM (i.W.: einhundertfünfzigtausendneunhundertzweiundfünfzig 30/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 31.12.1999 zu bezahlen.

II. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ab 1.1.2000 monatlich im Voraus weitere 786,73 DM (i.W.: siebenhundertsechsundachtzig 73/100 Deutsche Mark) zu bezahlen.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt:

Eine abschließende Vergleichsregelung sei auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht nachgewiesen.

Der Umfang der erforderlichen Betreuung und Pflege richte sich nach dem Grad und der Schwere der körperlichen und geistig-seelischen Behinderung des Klägers. Er könne sich nur im „Vierfüßlergang” oder in „Häschen-Manier” krabbelnd fortbewegen. Er sei erheblich geistig behindert, räumlich desorientiert, für sämtliche Verrichtungen des täglichen Lebens auf fremde Hilfe angewiesen und bedürfe einer weit...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge