Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung bei Übernahme des Mantels einer Zeitung durch eine andere

 

Leitsatz (amtlich)

1. Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Bericht über eine frühere Bewährungsstrafe und durch unwahre Tatsachenbehauptungen (insb. behauptete Teilnahme des Klägers an Raubzügen gegen Flüchtlinge). In einem solchen Fall liegt ein Betrag von 6.200 Euro an der Untergrenze des Vertretbaren.

2. Zurechnung von Artikeln in einem pauschal von einer anderen Zeitung übernommenen Mantel auch zum übernehmenden Blatt. Aus der Impressumsregelung in Art. 8 Abs. 4 BayPrG kann ein Ausschluss der Haftung des Übernehmers keinesfalls abgeleitet werden.

3. Mantelersteller und Übernehmer sind Mittäter, nicht etwa Nebentäter einer durch einen Artikel im Mantel begangenen unerlaubten Handlung.

4. Bei einer schuldhaften Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts folgt ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die anwaltliche Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung aus § 823 Abs. 1 BGB.

 

Normenkette

BayPrG Art. 8 Abs. 4; BGB § 823 Abs. 1, § 830; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

LG München II (Aktenzeichen 3 O 4400/01)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) gegen das Endurteil des LG München II – 3. Zivilkammer – vom 21.2.2002 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Nr. I bis IV des Entscheidungssatzes wie folgt neu gefasst werden:

I. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 6.200 Euro zu zahlen.

II. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger 6.200 Euro zu zahlen.

III. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weitere 489,57 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 9.6.1998 p.a. seit 21.7.2001 zu zahlen.

IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger macht Ansprüche auf Geldentschädigung wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch mehrere Zeitungsartikel geltend. Im Münchner Merkur vom 16.2.2001, verlegt von der Beklagten zu 2), erschien der im Folgenden wiedergegebene Artikel. (Es folgt der Abdruck des Artikels).

Dieser Artikel erschien auch in Zeitungen, welche die Beklagte zu 1) verlegt (Kopfblättern, Heimatzeitungen). In diesen erschien ferner am selben Tag, teilweise mit Foto des Klägers, ein inhaltlich sehr ähnlicher Artikel, z.B. (je mit Foto) im Isar-Loisachboten und im Tölzer Kurier. Diese Artikel enthielten Äußerungen über den Kläger, die zum Teil unwahr sind, zum Teil nach Auffassung des Klägers jedenfalls nicht veröffentlicht werden durften.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt:

1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger zum Ausgleich des dem Kläger durch die Verbreitung der in Ziff. a) – d) genannten Behauptungen sowie der Verbreitung seines Bildnisses entstandenen immateriellen Schadens einen Betrag zu bezahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nicht weniger jedoch als 20.000 DM.

2. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 957,51 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskont-Überleitungs-Gesetzes vom 9.6.1998 seit dem 21.7.2001 zu zahlen.

3. Die Beklagte zu 2) wird gesamtschuldnerisch mit der Beklagten zu 1) verurteilt, an den Kläger zum Ausgleich des dem Kläger durch die Verbreitung der in Ziff. a) und b) genannten Behauptungen entstandenen immateriellen Schadens einen Betrag zu bezahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nicht weniger jedoch als 20.000 DM.

Die Beklagten zu 1) und 2) haben beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Das LG hat der Klage zur Sache mit folgendem Entscheidungssatz stattgegeben:

I. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger zum Ausgleich des dem Kläger durch die Verbreitung der im Klageantrag unter Ziff. a) bis d) genannten Behauptungen sowie der Verbreitung seines Bildnisses entstandenen immateriellen Schadens einen Betrag i.H.v. 6.200 Euro zu bezahlen.

II. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger zum Ausgleich des dem Kläger durch die Verbreitung der im Klageantrag unter Ziff. a) und b) genannten Behauptungen entstandenen immateriellen Schadens einen Betrag i.H.v. 6.200 Euro zu bezahlen.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weitere 489,57 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskont-Überleitungs-Gesetzes vom 9.6.1998 seit dem 21.7.2001 zu bezahlen.

Hiergegen richtet sich die Berufung beider Beklagter.

Von einer weiteren Darstellung des Tatbestands wird gem. § 543 ZPO a.F. abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist i.E. unbegründet.

1. Es besteht ein Geldentschädigungsanspruch gegen die Beklagte zu 2) i.H.v. 6.200 Euro gem. § 823 Abs. 1 BGB. Auch die zusätzlichen Voraussetzungen des Geldentschädigungsanspruchs liegen vor.

a) Nach der st. Rsp...

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