Leitsatz (amtlich)
Zur Frage eines Kontrahierungszwangs bezüglich der Teilnahme an mit Gewinnmöglichkeiten verbundenen Quizsendungen, die ein Privatfernsehsender veranstaltet.
Normenkette
BGB §§ 657-658; GWB § 20; GG Art. 3 Abs. 3 S. 2, Art. 5 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1; RStV § § 20, §§ 41, 47a; Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 21.12.2004; Aktenzeichen 33 O 15954/04) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG München I vom 21.12.2004 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten, die im Privatfernsehen mit Gewinnmöglichkeiten verbundene Quizsendungen veranstaltet, aus eigenem und abgetretenem Recht die Auszahlung von Gewinnen i.H.v. 30.950 EUR nebst Zinsen. Ferner verlangt der Kläger von der Beklagten, die eingerichtete Sperre vom Telefonanschluss des Klägers zur Rufnummer der Beklagten aufzuheben. Außerdem begehrt er die Feststellung, dass der von der Beklagten ausgesprochene Ausschluss des Klägers an der Teilnahme der Quizsendungen der Beklagten rechtsunwirksam war, und verlangt, ihn an den Quizsendungen der Beklagten teilnehmen zu lassen.
Das LG hat die Klage mit Urt. v. 21.12.2004 (LG München ZUM-RD 2005, 190) abgewiesen. Auf dieses Urteil und die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Dieser macht geltend, er habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf die Gewinnauszahlung i.H.v. insgesamt 30.950 EUR, weil die Beklagte den Kläger und den Zedenten Dr. H. mangels Vorliegens eines sachlichen Grundes nicht wirksam von den Spielauslobungen hätten ausschließen können. Zutreffend sei das LG davon ausgegangen, dass es sich bei den Quizsendungen der Beklagten um Auslobungen i.S.v. § 657 BGB handele. Das LG verkenne jedoch, dass die Beklagte in ihrer Vertragsabschlussfreiheit insoweit eingeschränkt sei, als sie für einen Ausschluss eines Teilnehmers von ihren Quizspielen eines sachlichen Grundes bedürfe. Dass dies Voraussetzung sei, ergebe sich aus verschiedenen Gesichtspunkten.
Zunächst ergebe sich die Notwendigkeit eines sachlichen Grundes für einen Ausschluss des Klägers von dem "Mitmach-Sender" aus der Informationsfreiheit des Klägers aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG. Der Kläger habe einen Anspruch gegen die Beklagte auf gleiche Teilhabe an den Informationsmöglichkeiten bzw. den Teilnahmemöglichkeiten an den Quizsendungen wie andere Teilnehmer auch. Die Beklagte stelle eine allgemein zugängliche Informationsquelle i.S.d. Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG zur Verfügung. Die Beklagte betreibe nach eigener Darstellung den ersten Quizsender Deutschlands ("Mitmach-Sender"), der sich primär durch ein interaktives Unterhalts- und Serviceprogramm auszeichne. Indem dem Kläger das Mitmachen bei dem interaktiven Fernsehsender unmöglich gemacht werde, liege hier ein Eingriff in die Informationsfreiheit des Klägers vor.
Das LG habe auch zu Unrecht die Anwendung des § 20 GWB verneint. Das LG verkenne, dass der Begriff des Unternehmens im geschäftlichen Verkehr hier deshalb Anwendung finde, weil jeder einzelne Teilnehmer sich die Gewinnchance und damit die Vertragszugangschance nur deshalb verschaffen könne, weil jeder einzelne Teilnehmer durch die Entrichtung der Teilnahmegebühr von 49 Cent erst einmal die Voraussetzungen für die Teilnahme schaffen müsse.
Das LG habe auch die Auswirkungen des Rundfunkstaatsvertrags, insb. die Programmgrundsätze in § 41 Abs. 1 RStV nicht beachtet.
Entgegen der Auffassung des LG ergebe sich darüber hinaus ein Abschlusszwang der Beklagten aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen, solange dieser keinen sachlichen Grund für den erforderlichen Ausschluss darlegen könne. Insbesondere in Bereichen der Daseinsvorsorge werde eine Beschränkung der Abschlussfreiheit angenommen. Im Streitfall sei auch hier von einem Kontrahierungszwang auszugehen, weil der "Mitmach-Sender" insofern mit einem Theater oder einem Museum vergleichbar sei.
Das LG habe auch nicht die Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung, also die Richtlinie 2000/78/EG vom 27.11.2000 beachtet. Im Streitfall sei maßgeblich und ausschlaggebend der Begriff der Behinderung. Der Begriff der Behinderung bedeute ein Benachteiligungsverbot nicht nur wegen einer körperlichen, sondern auch wegen einer geistigen Behinderung. Die zutreffende Auslegung des Begriffs der Behinderung bedeute, dass niemand wegen seiner intellektu...