Leitsatz (amtlich)

Der Kläger muss im Vorprozess seinen materiellen Verzicht auf den Klageanspruch vortragen. Mit der Vollstreckungsgegenklage gegen den Titel aus dem Vorprozess kann der Verzicht nicht mehr geltend gemacht werden.

 

Normenkette

ZPO §§ 138, 767

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 12.06.2007; Aktenzeichen 20 O 1947/07)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG München I vom 12.6.2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 368.439,83 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt, die Zwangsvollstreckung aus dem Teilanerkenntnisurteil des LG München I vom 27.11.2003 (Az.: 20 O 13183/03) für unzulässig zu erklären und ferner die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung dieses Urteils an ihn. Auf den titulierten Anspruch von 368.439,83 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 15.1.2003 sei schon vor Beginn des Vorprozesses rechtswirksam verzichtet und die Nichteinführung des Verzichts in den Vorprozess vereinbart worden.

Im Vorprozess war die Architekten GmbH (künftig: Insolvenzschuldnerin) Klägerin. Wegen eines gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruchs nahm sie als Gesamtschuldner den hiesigen Kläger (damals Beklagter zu 1) und Z. (damals Beklagter zu 2) i.H.v. 368.439,83 EUR nebst Zinsen in Anspruch. Auf ihre Mahnbescheidsanträge vom 23.12.2002 wurden antragsgemäß am 10.1.2003 Mahnbescheide erlassen. Am 24.11.2003 erkannte der hiesige Kläger (damals Beklagter zu 1) den Anspruch an. Am 27.11.2003 erging nach § 307 ZPO ohne mündliche Verhandlung antragsgemäß Anerkenntnisurteil. Der Beklagte zu 2) verteidigte sich im Vorprozess und erreichte das klageabweisende Schlussurteil vom 17.8.2004. Ihre dagegen gerichtete Berufung nahm die Insolvenzschuldnerin in der mündlichen Verhandlung vom 11.7.2006 des OLG München zurück.

Mit Beschluss vom 28.11.2004 eröffnete das AG München das Insolvenzverfahren über die Insolvenzschuldnerin.

Bereits im Herbst 2001 verzichtete die Insolvenzschuldnerin mündlich auf die streitgegenständliche, titulierte Forderung. Am 16.1.2002 beschloss die Insolvenzschuldnerin auf einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung ausweislich des Protokolls (Anlage K 2b) den Verzicht auf sämtliche Ansprüche ggü. dem Kläger. Diesen Verzicht vereinbarten die Insolvenzschuldnerin und der Kläger erneut durch den schriftlichen Erlassvertrag vom 17.10.2003 (Anlage K 3). Auf Wunsch des damaligen Geschäftsführers der Insolvenzschuldnerin sei die Klage im Vorprozess auch gegen den hiesigen Kläger erhoben worden, um den damaligen Beklagten zu 2) Z. zu täuschen. Z. wusste von den Erlassvereinbarungen zwischen dem Kläger und der Insolvenzschuldnerin nichts. Zwischen dem Kläger und der Insolvenzschuldnerin sei vereinbart gewesen, dass der Kläger im Vorprozess sich nicht verteidigen solle und der zu erwirkende Titel nicht gegen ihn verwendet würde.

Zu der verabredeten Rückgabe des Titels an den Kläger kam es infolge Insolvenzeröffnung nicht. Der Insolvenzverwalter will aus dem Titel vollstrecken.

Im vorliegenden Prozess hat das LG München I durch Urteil vom 12.6.2007 antragsgemäß die Zwangsvollstreckung aus dem Teilanerkenntnisurteil vom 27.11.2003 für unzulässig erklärt und den beklagten Insolvenzverwalter verurteilt, die ihm erteilte vollstreckbare Ausfertigung an den Kläger herauszugeben.

Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der die Aufhebung dieses Urteils und die Klageabweisung begehrt.

Der Kläger tritt dem entgegen und beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Er begründet dies mit dem mehrfach erklärten Verzicht der Insolvenzschuldnerin auf die titulierte Forderung vor und während des Vorprozesses. Ferner verweist er erneut auf die damit verbundene Vereinbarung, dass die Insolvenzschuldnerin den Titel nicht verwenden werde.

Durch Schriftsatz vom 28.9.2007 verkündete der Kläger seinem anwaltlichen Vertreter im Vorprozess und der ersten Instanz dieses Verfahrens den Streit.

Auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze, das angefochtene Urteil und das Protokoll vom 29.1.2008 samt Senatshinweisen wird Bezug genommen. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird ebenfalls Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO); Änderungen oder Ergänzungen haben sich nicht ergeben.

II. Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg. Die Zwangsvollstreckung aus dem Teilanerkenntnisurteil vom 27.11.2003 ist zulässig. Das die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aussprechende Urteil des LG vom 12.6.2007 war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.

1. Eigentliches Ziel der vorliegenden Klage ist es, aus materiell-rechtlichen Gründen, die schon vor u...

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