Entscheidungsstichwort (Thema)
Präklusion von in einem Vollstreckungsabwehrverfahren unterlassenem Vorbringen bei nachfolgender gerichtlicher Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs
Leitsatz (amtlich)
1. Hält das erstinstanzliche Gericht einen verspäteten Sachvortrag aus Rechtsgründen für unerheblich, darf es ihn in Anbetracht der Präklusionsfolgen für die Berufungsinstanz (§ 531 Abs. 1 ZPO n.F.) nicht zugleich als verspätet (§ 296 ZPO) zurückweisen.
2. Unterlässt es ein Vollstreckungsschuldner im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage Einwendungen vorzutragen, obwohl ihm dies objektiv und subjektiv möglich ist, so ist er mit diesen Einwendungen nicht nur in einem weiteren Vollstreckungsabwehrverfahren, sondern auch bei der späteren gerichtlichen Geltendmachung von Bereicherungs- oder Schadensersatzansprüchen präkludiert (entsprechende Anwendung von § 767 Abs. 3 ZPO).
Verfahrensgang
LG Itzehoe (Urteil vom 01.08.2003; Aktenzeichen 7 O 135/03) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 1.8.2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des LG Itzehoe – 7 O 135/03 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jedoch kann die Beklagte die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin, eine Sparkasse, begehrt von der Beklagten die Rückzahlung eines notleidend gewordenen Darlehens, mit welchem die Beklagte den Ankauf von Eigentumswohnungen in D. finanzierte.
In dem zugrundeliegenden Darlehensvertrag, welchen für die Beklagte ein notariell Bevollmächtigter abgeschlossen hatte, waren als Sicherheiten Grundpfandrechte am zu erwerbenden Wohnungseigentum, und eine Bürgschaft des Ehemannes der Beklagten vorgesehen. Streit bestand zunächst darüber, ob das Darlehen daneben durch zugunsten der Klägerin zu früherer Zeit u.a. am im Miteigentum der Beklagten stehenden Einfamilenhaus in R. bestellte Grundpfandrechte besichert wird. Gegenüber der Vollstreckung in das fragliche Grundvermögen in R, wandte die Beklagte sich deshalb zunächst mit einer Vollstreckungsabwehrklage, welche in einem Vorprozess im zweiten Rechtszug vor dem Senat mit Urt. v. 22.8.2002 (OLG Schleswig, Urt. v. 22.8.2002 – 5 U 38/01) rechtskräftig abgewiesen wurde.
Nunmehr wendet die Beklagte ggü. den von der Klägerin geltend gemachten Darlehensrückzahlungsanspruch eine im Vorprozess nicht vorgetragene „negative Sicherungsabrede” ein. Ihr Ehemann habe nämlich vor Darlehensgewährung mit dem zuständigen Sachbearbeiter M. abgesprochen, dass das in R. belegene Einfamilienhaus nicht zur Besicherung des Darlehens herangezogen werden dürfe. Im ersten Rechtszug hat die Beklagte allerdings diese Abrede erst nach Ablauf der Klagerwiderungsfrist und unmittelbar vor dem Termin vorgetragen sowie ggü. der Klagforderung vor diesem Hintergrund mit einem Schadensersatzanspruch aufgerechnet, obwohl die von der Klägerin betriebene Vollstreckung seinerzeit erst eingeleitet, aber nicht abgeschlossen war. Im zweiten Rechtszug hat die Beklagte den Aufrechnungseinwand nicht weiterverfolgt, sondern ihre Gegenansprüche der Klägerin einredeweise entgegen gehalten.
Das LG hat der Klage vollumfänglich stattgegeben und den Aufrechnungseinwand mangels Gleichartigkeit der aufgerechneten Forderung sowohl für rechtlich unerheblich gehalten als auch den zugrundeliegenden Sachvortrag als verspätet zurückgewiesen.
Mit ihrer Berufung wendet die Beklagte sich vor allem gegen die vom LG angenommene Verspätung und verfolgt ihre Einwendungen weiter. Die Berufung hatte im Endergebnis keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Darlehensrückzahlung in Anspruch.
Die Kreissparkasse H., Rechtsvorgängerin der Klägerin, bestätigte der Beklagten mit Schreiben vom 28.12.1995, dass sie einem Darlehenswunsch über insgesamt 1.910.000 DM entsprechen wolle (K 1, Bl. 7 d.A.). Am 29.12.1995 kam es zum Abschluss eines entspr. Darlehensvertrages („Darlehen gegen Grundschuld mit anfänglichem Festzins”), bei welchem – auf klägerischer Seite betreut durch den Kreditberater und Zeugen M. für die Beklagte unter Vorlage einer Vollmacht vom 20.12.1995 ein Herr Z. auftrat (K 2, Bl. 8 ff. d.A.). Diesem Z. war von der Beklagten zu UR-Nr. 190/1995 des Notars S., H.–U., (K 3, Bl. 17 f. d.A.) die Vollmacht eingeräumt worden, die in den Wohnungsgrundbüchern von D. Blätter 8196, 8200 und 8201 (AG Hamburg-Blankenese) – Wohnungen 3, 7 und 8 – eingetragenen Wohnungen zu erwerben und zu diesem Zweck „… die Auflassung für mich entgegen zu nehmen sowie alle Erklärungen abzugeben, die zur Durchführung des Kaufvertrages und zur Umschreibung des Eigentums auf mich erforderlich sind. Der Bevollmächtigte kann nach seinem Ermessen mit dem Veräußerer die Vertragsbedingungen vereinbaren, dinglich gesicherte Verbindlichkeiten und Grund...