Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung der Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 16.01.1980; Aktenzeichen 6 O 1172/79) |
Tenor
I. Die Berufung der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 16.1.1980, die sich gegen die Abweisung des Antrags auf Feststellung wendet, daß die Beschlüsse der Hauptversammlung der beklagten Gesellschaft vom 16.3.1978 zur Änderung der Satzung der Gesellschaft nichtig sind, soweit § 13 Abs. 5 Satz 2 der Satzung eingefügt wurde, wird zurückgewiesen.
II. Auf die Berufung der Beklagten wird das genannte Endurteil im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als es feststellt, daß die genannten Beschlüsse der beklagten Gesellschaft nichtig sind, soweit
- in § 12 Abs. 1 der Satzung bestimmt ist, daß der Aufsichtsrat aus dem Kreis der Aufsichtsratmitglieder der Aktionäre einen weiteren Stellvertreter des Vorsitzenden wählt und aus diesem, dem Vorsitzenden und dem nach Maßgabe des Mitbestimmungsgesetzes gewählten Stellvertreter ein Präsidium bildet;
in § 12 Abs. 2 der Satzung bestimmt ist, daß der aus dem Kreis der Aufsichtsratsmitglieder der Aktionäre gewählte weitere Stellvertreter dem Ausschuß für die Aufgaben gemäß §§ 31 Abs. 3 und Abs. 5 MitbestG angehört.
Im Umfang der Aufhebung wird die Klage abgewiesen.
III. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,– DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Der Wert der Beschwer der Kläger beträgt 1.000.000,– DM.
Tatbestand
1. Der Kläger zu 1) ist Aktionär, die Kläger zu 2) und 3) sind Mitglieder des Aufsichtsrats der Beklagten, bei der es sich um ein Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 MitbestG handelt. Die Hauptversammlung der Beklagten hat am 16.3.1978 beschlossen, die Satzung dahin zu ändern, daß § 12 Abs. 1, 2 und § 13 Abs. 5 nunmehr lauten wie folgt:
§ 12
(1) Der Aufsichtsrat wählt aus seiner Mitte nach Maßgabe des Mitbestimmungsgesetzes einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter sowie aus dem Kreis der Aufsichtsratsmitglieder der Aktionäre einen weiteren Stellvertreter (Präsidium).
(2) Der Vorsitzende, die Stellvertreter sowie ein von den Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer zu wählendes Aufsichtsratsmitglied bilden den Ausschuß, der in den Fällen des § 31 Abs. 3 und 5 des Mitbestimmungsgesetzes dem Aufsichtsrat einen Vorschlag für die Bestellung oder den Widerruf der Bestellung von Vorstandsmitgliedern zu machen hat.
§ 13
(5) Soweit das Gesetz oder die Satzung es zulassen, kann der Aufsichtsrat ihm obliegende Aufgaben und Rechte auf seinen Vorsitzenden, einzelne seiner Mitglieder oder auf die aus seiner Mitte bestellten Ausschüsse übertragen. Gehört der Aufsichtsratsvorsitzende einem Ausschuß an und ergibt eine Abstimmung im Ausschuß Stimmengleichheit, so hat er bei einer erneuten Abstimmung, wenn auch diese Stimmengleichheit ergibt, zwei Stimmen.
2. Die Kläger sind der Meinung, die Beschlüsse der Hauptversammlung seien nichtig, soweit sie die vorstehenden Satzungsänderungen beträfen, weil sie mit dem Wesen der Aktiengesellschaft nicht zu vereinbaren seien und durch ihren. Inhalt Vorschriften verletzten, die ausschließlich oder überwiegend im öffentlichen Interesse gegeben seien, nämlich § 107 AktG und §§ 25, 27, 29, 31 MitbestG.
Zur Begründung tragen sie im wesentlichen folgendes vor: a) Die Wahl eines weiteren Stellvertreters sei bereits als solche nach den Vorschriften des Mitbestimmungsgesetzes unzulässig; die angeordnete Bildung eines Präsidiums unter Ausschluß des passiven Wahlrechts der Arbeitnehmermitglieder hinsichtlich des weiteren Stellvertreters verletze den Grundsatz der Autonomie des Aufsichtsrats und der paritätischen Besetzung des Präsidiums. b) Das dem Ausschuß gemäß § 27 Abs. 3 MitbestG anzugehörende Mitglied aus dem Kreis der Anteilseigner sei zwingend von diesen und nicht vom Gesamtaufsichtsrat zu wählen; die Bestimmung des weiteren Stellvertreters als Mitglied der Anteilseigner verletze den Grundsatz der Gleichberechtigung aller Aufsichtsratsmitglieder. c) Ein Zweitstimmrecht des Aufsichtsratsvorsitzenden in Ausschüssen könne nur vom Aufsichtsrat und nicht durch Satzung bestimmt werden; insoweit liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Autonomie des Aufsichtsrats vor.
Mit ihrer Klage zum Landgericht München I (Az. 6 O 1172/79) begehrten die Kläger die Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 16.3.1978, soweit
- in § 12 Abs. 1 der Satzung bestimmt ist, daß der Aufsichtsrat aus dem Kreis der Aufsichtsratsmitglieder der Aktionäre einen weiteren Stellvertreter des Vorsitzenden wählt und aus diesem, dem Vorsitzenden und dem nach Maßgabe des Mitbestimmungsgesetzes gewählten Stellvertreter ein Präsidium bildet;
- in § 12 Abs. 2 der Satzung bestimmt ist, daß der aus dem Kreis der Aufsichtsratsmitglieder der Aktionäre gewählte we...