Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Markenverletzung durch Wiederbefüllung eines Behältnisses mit Waren eines anderen Herstellers
Leitsatz (amtlich)
Der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, geht im Streitfall nicht davon aus, dass die Marke auf einem Papierhandtuchspender nicht nur auf die betriebliche Herkunft des Handtuchspenders, sondern auch auf die betriebliche Herkunft der Papierhandtuchrollen und der Papierhandtücher verweist. (Rn. 44 - 51)
Normenkette
UMV Art. 9 IIa
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 13.06.2016, Az. 4 HK O 4748/15, wird zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz trägt die Klägerin 4/5, die Beklagten tragen jeweils 1/10. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin.
3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Die Klägerin vertreibt unter anderem Papierhandtuchspendersysteme und als Nachfüllware dazu passende Papierhandtücher auf Rollen an Kunden aus der Gastronomie, der Industrie oder dem Gesundheitswesen. Die Spender werden vor allem in Waschräumen fest installiert und für Beschäftigte und Besucher öffentlich zugänglich bereitgestellt.
Die mit der Klägerin konzernmäßig verbundene Essity Hygiene and Health AB (Anlage VP3) ist - seit einer nach Rechtshängigkeit der Klage erfolgten Übertragung durch die Klägerin gemäß Eintragung vom 11.12.2015 (Anlage VP1) - Inhaberin der am 08.01.2008 eingetragenen Unionsmarke Nr. ... (vgl. Anl. K 7; im Folgenden: Klagemarke)
die unter anderem Schutz beansprucht für
"Papier und Waren aus Papier, nämlich Abtrocken-, Trocken-, Polier- und Reinigungstücher aus Papier und Haushaltspapier in Rollen und vorgeschnittenen Stücken, Papierhandtücher. Küchen- und Toilettenpapierrollen"
sowie für
"Gestelle, Halterungen und Spender für Küchen- und Toilettenpapier und für Papier/nicht textil zum Abtrocknen, Trocknen, Polieren und Reinigen: Gestelle. Halterungen und Spender für Seifen."
Die Papierhandtuchspender der Klägerin sind mit der Klagemarke gekennzeichnet.
Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, betreibt einen Großhandel unter anderem mit Hygieneprodukten. Sie vertreibt Papierhandtuchrollen als Nachfüllware für Spender mit dem Hinweis "passend auch für Tork-Spender". Die Papierhandtuchrollen und die Papierhandtücher selbst sind nicht gekennzeichnet.
Die Beklagte zu 1) unterhielt in ihrem Internetauftritt, für dessen Inhalt der Beklagte zu 2) verantwortlich ist, eine Suchfunktion, die bei Eingabe des Suchbegriffs Tork Papierrollen der Beklagten anzeigte, die nicht von der Klägerin stammten, wie dem im Klageantrag Ziffer II. wiedergegebenen Internetausdruck entnommen werden kann.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Kunden der Beklagten zu 1) verletzten durch die Befüllung von Tork-Spendern mit Rollen der Beklagten die Klagemarke und die Beklagte zu 1) sei zumindest als mittelbare Täterin dieser Markenverletzung anzusehen. Außerdem stelle die Nutzung des Zeichens Tork im Rahmen der Suchfunktion eine Markenverletzung dar.
Die Klägerin hat nach einer Erweiterung der Klage um den nachstehenden Klageantrag II. mit Schriftsatz vom 07.12.2015 ursprünglich angekündigt zu beantragen.
I. die Beklagten zu verurteilen, es ihr gegenüber bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union neutrale Papierhandtuchrollen wie nachstehend wiedergegeben die nicht von ihr stammen, als Nachfüllware zum Zwecke der Aufnahme Abgabe durch mit der Marke gekennzeichnete, öffentlich zugängliche System-Papierhandtuchspender an Besitzer solcher Spender zu liefern oder liefern zu lassen, sofern die markenmäßige Kennzeichnung der System-Papierhandtuchspender wie nachfolgend dargestellt erfolgt:
II. die Beklagten zu verurteilen, es ihr gegenüber bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union die Bezeichnung TORK zur Kennzeichnung von nicht von der Klägerin stammenden neutralen Papierhandtuchrollen wie unter I. wiedergegeben zu benutzen, insbesondere wenn dies wie folgt geschieht
III. die Beklagten zu verurteilen, ihr Auskunft zu erteilen über die Vertriebswege der nach Antrag I. zum Zwecke des Nachfüllens in vorgenannte Spender der Klägerin vertriebene Waren, insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und unter Angabe der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren sowie über die Preise, die für die betreffenden Waren bezahlt wurden;
IV....