Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen der Haftung eines Gesellschafters aufgrund der Rückzahlung eines eigenkapitalersetzenden Darlehens gem. § 32b Satz 1 GmbHG.
2. Auch nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung ist die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen regelmäßig als mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar i.S.d. § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG anzusehen.
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 14.09.2007; Aktenzeichen 6 O 18080/06) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des LG München I vom 14.9.2007 in Ziffern I. und II. wie folgt abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 46.454,30 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 13.5.2006 zu zahlen.
Hinsichtlich der Ansprüche aus § 64 Abs. 2 GmbHG i.H.v. 11.116,05 EUR wird dem Beklagten vorbehalten, nach Erstattung an die Masse seine Rechte gegen den Insolvenzverwalter zu verfolgen.
II. Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
III. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
IV. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/3 und der Beklagte zu 2/3.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beide Parteien können die Vollstreckung der jeweiligen Gegenseite durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
VI. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Der Beklagte macht mit seiner Berufung geltend, das Urteil des Erstgerichts genüge nicht den prozessualen Bestimmtheitsanforderungen, da es letztlich offen lasse, welche Ansprüche insgesamt gegen ihn, den Beklagten, bestünden. Soweit der Kläger im Wege einer Teilklage die Zahlung eines Betrages von 35.000 EUR aus dem "Verrechnungskonto H." fordere, sei sein Vorbringen unschlüssig bzw. unsubstantiiert; denn der Kläger könne nicht aus der Buchhaltung der Gemeinschuldnerin beliebige Einzelbuchungen herausgreifen und hieraus einen Anspruch konstruieren. Vielmehr sei er verpflichtet, erst die bereits überfälligen Jahresabschlüsse für die Jahre 2004 und 2005 zu erstellen. Erst mit dieser Bilanzierung entstehe ein zuverlässiges, schlüssiges, in sich vollständiges und verbindliches Gesamtbild. Ein solches sei bereits deshalb erforderlich, weil er, der Beklagte, allenfalls bis zum Umfang der Vermögensmasse hafte, die bei rechtzeitigem Insolvenzantrag zur Verfügung gestanden hätte. Der geforderte Betrag von 35.000 EUR könne zudem dem Verrechnungskonto nicht entnommen werden, weil dieses lediglich einen Saldo von 3.645,61 EUR ausgewiesen habe. Ferner sei nicht ersichtlich, weswegen die Forderung gerade auf einem Betrag von 35.000 EUR begrenzt worden sei. Daher sei die Rechtskraft des Urteils unklar. Weiter sei zu berücksichtigen, dass sich die Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin insgesamt nur auf 80.000 EUR beliefen. Eine Forderung aus dem Verrechnungskonto bestehe überdies deshalb nicht, weil er am 24.2.2005 eine Einlage i.H.v. 206.000 EUR geleistet habe.
Ferner trägt der Beklagte vor, der angeblich fehlende Kassenbestand von 303,98 EUR habe sich tatsächlich in der Kasse befunden. Die Zahlungen i.H.v. insgesamt 27.935,87 EUR, die nach Auffassung des Erstgerichts eine Haftung nach § 64 Abs. 2 GmbHG begründeten, seien durchwegs mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar gewesen. Dies gelte sowohl für die gezahlten Sozialversicherungsabgaben als auch für geleistete minimale Vergütungen sowie Aufwendungen, denen Gegenleistungen gegenübergestanden seien.
Der Beklagte beantragt daher, das Urteil des Erstgerichts aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen und trägt hierzu u.a. vor, mit der Zahlung des Beklagten i.H.v. 206.000 EUR sei nicht der Saldo aus dem Verrechnungskonto zurückgeführt worden, weil das Geld zur Begleichung eines vom Bankhaus R. gewährten Darlehens verwendet worden sei. Selbst wenn aber hierdurch der Saldo ausgeglichen worden wäre, bestünde eine Haftung des Beklagten nach §§ 32b, 64 Abs. 2 GmbHG aus dem Gesichtspunkt der Rückzahlung eines eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens.
Im Wege der Anschlussberufung beantragt der Kläger ferner, das Urteil des Erstgerichts dahingehend abzuändern, dass der Beklagte verurteilt wird, weitere 6.937,09 EUR an den Kläger zu zahlen.
Insoweit habe das LG die Klage zu Unrecht abgewiesen. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts ergebe sich der geltend gemachte Anspruch nach § 64 Abs. 2 GmbHG aus dem bereits in erster Instanz vorgetragenen Umstand, dass mit den von der Gemeinschuldnerin aus den Verkäufen des Anlage- und Umlaufvermögens eingenommenen Geldern vom Beklagten Gläubiger befriedigt worden seien. Selbst wenn eine Gläubigerbefr...