Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung eines Geschäftsführers für Baugeldverwendung
Leitsatz (amtlich)
1. Maßgeblich für die Frage, ob eine Person Baugeldempfängerin gewesen ist, ist ob sie hinsichtlich des Teils der ihr als Vergütung gezahlten Beträge, die bei wirtschaftlicher Betrachtung den ihr nachgeordneten Unternehmern gebühren, d.h. bis zu einer etwaigen Kündigung einem Treuhänder angenähert ist. Dass sie für Rechnung des Bauträgers handelte, hindert die Generalübernehmerstellung nicht.
2. § 1 Abs. 2 GSB ist eine Ausnahme von der Baugeldverwendungspflicht und trägt den kollidierenden Interessen des Generalunternehmers, der selbst Bauleistungen erbringt, und der übrigen Baubeteiligten Rechnung. Durch die Beschränkung auf die Hälfte des Werklohns soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Baugelder im Sinne des Gesetzes, weil sie fast niemals den vollen Betrag der Baukosten decken, in aller Regel nicht zur Befriedigung der Handwerker- und Lieferantenleistungen ausreichen.
3. Für den Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 1, § 5 GSB ist die vorsätzliche Verletzung der Baugeldverwendungspflicht erforderlich. Die maßgeblichen Elemente des Vorsatzes sind daher die Kenntnis der die Baugeldeigenschaft begründenden Umstände, des Empfangs von Baugeld sowie von dessen zweckwidriger Verwendung. Dabei ist auf die Person des Handelnden, bei Kapitalgesellschaften auf die gem. § 14 StGB verantwortliche Person abzustellen.
4. Zwar kann die Erschleichung eines rechtskräftigen Versäumnisurteils grundsätzlich den Vorwurf des Urteilsmissbrauchs und damit eine Schadensersatzpflicht gemäß § 826 BGB begründen. Allerdings kann allein das Erwirken eines Versäumnisurteils durch einseitige Darstellung eines Sachverhaltes nicht den Einwand des Urteilsmissbrauchs begründen, da das Prozessrecht gerade auf die Beibringung des Prozessstoffes durch eine Partei und die Folgen einer Säumnis abstellt.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 2, § 826; GSB § 1; StGB § 14; ZPO § 331
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 06.02.2018; Aktenzeichen 28 U 1574/17) |
LG München I (Urteil vom 30.03.2017; Aktenzeichen 2 O 28676/13) |
Tenor
1. Das Versäumnisurteil des Oberlandesgerichts München vom 06.02.2018, Az. 28 U 1574/17 wird hinsichtlich der Verurteilung des Beklagten zu 1) zur Zahlung von 251.854,65 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.02.2014 aufrechterhalten.
Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Berufung zurückgewiesen.
2. Die Widerklagen der Beklagten zu 1) und zu 2) werden abgewiesen.
3. a) Die Gerichtskosten erster Instanz tragen die Klägerin zu 2/3 und der Beklagte zu 1) zu 1/3.
Die außergerichtlichen Kosten erster Instanz der Beklagten zu 2) und zu 3) trägt die Klägerin alleine.
Die außergerichtlichen Kosten erster Instanz der Klägerin trägt der Beklagte zu 1) zu 1/3.
Im Übrigen tragen die Klägerin und der Beklagte zu 1) ihre außergerichtlichen Kosten erster Instanz selbst.
b) Die Gerichtskosten im Berufungsverfahren tragen die Klägerin und der Beklagte zu 2) jeweils zu 1/4, der Beklagte zu 1) zu 1/2.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in der Berufungsinstanz trägt der Beklagte zu 1) zu 1/2 und der Beklagte zu 2) zu 1/4.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) in der Berufungsinstanz trägt die Klägerin zu 2/3.
Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
c) Die durch die Säumnis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht München am 06.02.2018 entstandenen Kosten tragen die Beklagten zu 1) und zu 2) gesamtschuldnerisch.
d) Die Gerichtskosten im Revisionsverfahren tragen die Klägerin und der Beklagte zu 1) je zur Hälfte.
Die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens des Beklagten zu 2) trägt die Klägerin alleine.
Die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens der Klägerin trägt der Beklagte zu 1) zur Hälfte.
Im Übrigen tragen die Klägerin und der Beklagte zu 1) ihre außergerichtlichen Kosten im Revisionsverfahren selbst.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Beklagte zu 2) kann ebenfalls die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Vollstreckung gegen den Beklagten zu 1) aus dem Versäumnisurteil vom 06.02.2018, Az. 28 U 1574/17, darf ebenfalls nur unter diesen Voraussetzungen erfolgen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 503.788,03 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz über Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) wegen Verstoßes gegen die Baugeldverwendungspflicht nach dem Gesetz über die S...