Normenkette
BGB §§ 823, 847
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 9 O 13096/95) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG München I vom 24.6.1998 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV. Der Wert der Beschwer der Klägerin übersteigt 60.000 DM (30.638,82 Euro).
Tatbestand
1. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen behaupteter kunstfehlerhafter Behandlung und Aufklärungsverschuldens aus Arzthaftung sowie darüber hinaus wegen Eingriffs in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht auf Schmerzensgeld in Anspruch.
a) Die am … 1952 geborene Klägerin wurde am … 1992 mit unklaren Befunden hinsichtlich des rechten Eierstocks stationär in der Gynäkologischen Abteilung des Klinikums …, dessen Träger der Beklagte zu 1) ist, aufgenommen.
Noch am 6.7.1992 unterzeichnete die Klägerin eine Einverständniserklärung für den in der Klinik beabsichtigten Eingriff einer Pelviskopie (diagnostische Bauchspiegelung), ggf. eines Bauchschnitts und der Entfernung des Eierstocks (Anl. B 1). Die Klägerin gab hierbei an, Zeugin Jehovas zu sein und deswegen Bluttransfusionen abzulehnen. Zu den Krankenakten hatte sie überdies ein von ihr am 6.7.92 unterzeichnetes Formblatt, überschrieben mit „Verweigerung der Zustimmung zur Bluttransfusion”, sowie eine sog. Patientenverfügung und eine auf eine dritte Person lautende Vollmacht gereicht, wodurch die Anweisung der Klägerin, „Kein Blut” sichergestellt sein sollte (vgl. Krankenunterlagen der Klinik).
b) Am 7.7.1992 führte der Beklagte zu 2) zusammen mit dem Assistenzarzt … und dem Arzt im Praktikum … bei der Klägerin die Pelviskopie durch. Hierbei wurde eine breitflächige Adhäsion zwischen dem Darm und der rechten lateralen Beckenwand unter Koagulation gelöst.
c) Am nächsten Tag hatte die Klägerin erhöhte Temperatur, Blähungen und Unterleibsbeschwerden. Am … 1992 musste sie sich mehrfach erbrechen.
Am … 1992 wurden bei einer Röntgenaufnahme zwei Spiegel im Dünndarmbereich sichtbar; bei einer nochmaligen Röntgenaufnahme am nächsten Tag waren bereits zahlreiche Dünndarmspiegel erkennbar.
Am … 1992 wurde die Klägerin auf die unter der Leitung des Beklagten zu 3), zugleich Leiter der Allgemeinen Chirurgischen Abteilung, stehende Intensivstation verlegt.
Am 12.7.1992 wurden bei einer notfallmäßigen Laparotomie eine Perforation im Darmbereich und eine ausgeprägte Bauchfellentzündung diagnostiziert. Die Perforation wurde genäht und sodann vorübergehend ein Reißverschluss in die Bauchwand eingenäht.
Vor Durchführung der Laparotomie hatte die Klägerin am … 1992 eine Einverständniserklärung unterzeichnet, auf der vermerkt ist: „auf keinen Fall Bluttransfusion erwünscht!” (vgl. Krankenunterlagen der Klinik).
Der Oberarzt der Chirurgieabteilung … hatte der Klägerin und der Beklagte zu 2) ebenfalls am … 1992 dem ggü. dem Krankenhaus von der Klägerin als Bevollmächtigten angegebenen Herrn … versichert, dass von chirurgischer Seite so operiert werde, dass eine Bluttransfusion intraoperativ mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht notwendig werden muss (vgl. OP-Bericht vom 12.7.1992).
Bluttransfusionen wurden bei der Laparotomie nicht gegeben.
Am … 1992 wurde die Klägerin bewusstlos. Ebenfalls am … 1992 ergab sich für die Ärzte im Klinikum … das Erfordernis, die Klägerin zur Rettung ihres Lebens mit Bluttransfusionen zu versorgen.
Mit Schreiben an das VormG vom … 1992 bat der Beklagte zu 4), selbst wie auch die anderen Beklagten nicht dem Glauben der Klägerin angehörend, u.a. mit dem Hinweis, dass die Klägerin als Zeugin Jehovas schriftlich eine Blutübertragung abgelehnt habe und eine neue Lagebesprechung mit ihr nicht möglich sei, um die Bestellung eines Vormundes für die Klägerin (Anl. zu Bl. 54/59 d.A.).
Durch sofort wirksamen Beschluss vom … 1992 bestellte das AG Kulmbach den Ehemann der Klägerin, Herrn …, zum vorläufigen Betreuer der Klägerin mit dem Aufgabenkreis „Sorge für die Gesundheit der Betroffenen”.
Der Betreuer willigte am … 1992 in Bluttransfusionen ein.
Zwischen dem 13. und 23…1992 kam es bei der Klägerin zu mehreren sog. Etappen-Lavagen (Spülungen des Bauchraums) und zur Transfusion von insgesamt 25 Blutkonserven, wovon am 22…1992 sieben die Blutgruppe 0-Rhesusfaktor-positiv enthielten, obwohl die Klägerin Blut der Gruppe 0-Rhesusfaktor-negativ besitzt.
e) Am 21…1992 führte der Beklagte zu 3) mit dem Beklagten zu 4) als Anästhesisten eine weitere Laparotomie durch, da der Darm der Klägerin an der genähten Stelle wieder aufgebrochen war und sich eine kotige Peritonitis eingestellt hatte.
Der betreffende Darmabschnitt mit der Perforationsstelle wurde entfernt. Gleichzeitig wurde der Klägerin ein künstlicher Darmausgang gelegt.
In der folgenden Nacht kam es bei der Klägerin zu Blutungen in den Bauchraum und zur En...