Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 03.12.2008; Aktenzeichen 5 OH 17798/07) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Wert der Beschwerde beträgt 212,34 EUR.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 20.9.2007 die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens wegen von ihr behaupteter Mängel der vom Antragsgegner in ihrer Wohnung durchgeführten Maler- und Teppichbodenverlegearbeiten beantragt. Die Parteien haben im Verlauf des Verfahrens einen mit Beschluss des LG vom 30.10.2008 festgestellten Vergleich geschlossen. Nach der darin vereinbarten Kostenregelung trägt die Antragstellerin 81,22 % der Kosten, der Antragsgegner 18,78 %.
Die Rechtspflegerin hat in dem angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss antragsgemäß außergerichtliche Kosten des Antragsgegners i.H.v. 1.372 EUR berücksichtigt. Der Antragsgegner wendet sich dagegen, dass hierbei keine Anrechnung der vorgerichtlich nach der Nr. 2300 RVG-VV entstandenen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens gem. der Vorbem. 3 Abs. 4 RVG-VV vorgenommen wurde. Zur Begründung wird ausgeführt, die durch den Anwaltswechsel auf Antragsgegnerseite entstandenen Mehrkosten dürften im Rahmen der Kostenausgleichung nicht zu Lasten der Antragstellerin gehen. Es müsse die notwendige Unterscheidung des Innenverhältnisses zwischen dem Kostenantragsteller und seinem verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Kostenfestsetzungsantragstellers zu dem Kostenfestsetzungsantragsgegner beachtet werden. Nur im Innenverhältnis habe der Anwaltswechsel die Konsequenz, dass der Mandant neben der außergerichtlichen Geschäftsgebühr auch die Verfahrensgebühr in voller Höhe und nicht durch Anrechnung vermindert an seinen Rechtsanwalt bezahlen müsse. Im Außenverhältnis dürfe der Anwaltswechsel im Verhältnis zum Verfahrensgegner dagegen keine Auswirkungen haben.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO). Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als unbegründet.
1. Es trifft zwar zu, dass sich die im gerichtlichen Verfahren nach der Nr. 3100 RVG-VV anfallende 1,3 Verfahrensgebühr durch die anteilige Anrechnung einer vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr nach der Nr. 2300 RVG-VV gemäß der Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG-VV entsprechend vermindert. Dabei ist es nach der Rechtsprechung des BGH ohne Bedeutung, ob die Geschäftsgebühr auf materiell-rechtlicher Grundlage vom Prozessgegner zu erstatten und ob sie unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder bereits beglichen ist (u.a. BGH NJW 2008, 1323 und FamRZ 2008, 1346 = AGS 2008, 364). Dieser Rechtsprechung des BGH hat sich der Senat mittlerweile in mehreren Entscheidungen aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Rechtssicherheit angeschlossen.
2. Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass auf Antragsgegnerseite nicht die im gerichtlichen Verfahren tätigen Prozessbevollmächtigten mit der vorgerichtlichen Vertretung beauftragt waren, sondern ein anderer Rechtsanwalt.
a) Die Anrechnung der Geschäftsgebühr gemäß der Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG-VV kann jedoch nur dann erfolgen, wenn derselbe Rechtsanwalt oder dieselbe Sozietät vorgerichtlich ggü. dem späteren Prozessgegner tätig geworden ist. Wenn es dagegen nach Beendigung der außergerichtlichen Tätigkeit zu einem Anwaltswechsel kommt, greift die Anrechnungsvorschrift nicht ein (Leitzsatzbeschluss des Senats vom 25.11.2008 - 11 W 2558/08; Hansens, RVGreport 2007, 241, 242; AnwK-RVG/Onderka/N. Schneider, 4. Aufl., VV Vorb. 3 Rz. 212). Die Anrechnung gemäß der Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG-VV hat nämlich ihren Grund darin, dass der schon vorprozessual mit der Sache befasste und hierfür vergütete Prozessbevollmächtigte im Hinblick auf den erfahrungsgemäß geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwand nur eine gekürzte Vergütung zugebilligt erhalten sollte (BGH NJW 2008, 1323 = AnwBl. 2008, 378; Gesetzesbegründung zum Kostenrechtsmodernisierungsgesetz BT-Drucks. 15/1971, S. 209). Diese Umstände kommen jedoch gerade nicht zum Tragen, wenn nicht derselbe Rechtsanwalt bereits außergerichtlich tätig geworden ist.
b) Die Anrechnung kann auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass gem. § 91 Abs. 2 ZPO grundsätzlich nur die Kosten eines Rechtsanwalts erstattungsfähig sind, wie die Antragstellerin dies angedeutet hat. Es trifft zwar zu, dass Mehrkosten, die durch einen nicht notwendigen Anwaltswechsel entstanden sind, grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind. Die Vorschrift des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO bezieht sich jedoch nur auf einen Anwaltswechsel innerhalb des gerichtlichen Verfahrens (Hansens, RVGreport 2007, 243). Im vorliegenden Fall ist der Antragsgegner jedoch während des gesamten selbständigen Beweisverfahrens von demselben Verfahrensbevollmächtigten vertreten worden. Die vorprozessual zur Anspruchsabwehr oder zur Geltendmachung eines Anspruchs angefallenen A...