Normenkette

BGB § 640 Abs. 1, 1 S. 3 aF

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 13.06.2019; Aktenzeichen 11 O 18154/18)

 

Nachgehend

OLG München (Beschluss vom 04.02.2020; Aktenzeichen 28 U 3831/19 Bau)

 

Tenor

1. Hinweis

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 13.06.2019, Az. 11 O 18154/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

 

Gründe

I. Urteil des Landgerichts München I

Das Landgericht München I wies die Klage auf Feststellung der Abnahmefiktion ab, da unstreitig Mängel vorlägen, die einer Abnahme entgegenstünden. Zudem habe die Klägerin die Abnahmefähigkeit nicht bewiesen, da die vorgelegten Privatgutachten untauglich seien und ein Sachverständigengutachten nicht angeboten worden sei.

II. Berufung der Klägerin

Die Klägerin wendet mit ihrer Berufung ein, das Landgericht hätte durch Gutachten klären müssen, ob das Gemeinschaftseigentum abnahmefähig sei bzw. gewesen wäre.

III. Gegenwärtige Einschätzung des Senats

Der Feststellungsantrag der Klägerin hat keine Aussicht auf Erfolg.

Die Klägerin meint, dass hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums am 1.4.2018 von einer fiktiven Abnahme auszugehen sei. Die Voraussetzungen der fiktiven Abnahme des § 640 Abs. 1 S. 3 BGB a.F. liegen nach dem Sach- und Streitstand nicht vor, weshalb die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen wurde. Nach dieser Bestimmung gilt die Abnahme als erfolgt, wenn das Werk abnahmefähig ist, Abnahmereife eingetreten ist und eine Frist zur Abnahme gesetzt wurde.

1. Vorliegend wurde bereits keine wirksame Frist zur Abnahme gesetzt.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 19.8.2018 den Beklagten eine Frist bis zum 26.8.2018 gesetzt. Eine Fristsetzung im August zur Herbeiführung einer fiktiven Abnahme vier Monate früher im April 2018 ist ungeeignet.

2. Das Werk war nicht abnahmefähig.

Abnahmefähigkeit liegt vor, wenn das Werk vertragsmäßig errichtet wurde, wobei unwesentliche Mängel unschädlich sind. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Erstgericht eingeräumt, dass tatsächlich noch dreizehn Mängel vorlagen. Demgegenüber wird nun in der Berufung geltend gemacht, diese Mängel seien unwesentlich und wären teilweise abgestellt worden.

Das Landgericht hat auf Seite 10 unter Ziff. 4 eine Zuordnung der Mängel unter dem Aspekt der Wesentlichkeit vorgenommen. Hiermit setzt sich die Berufung nicht auseinander. Die Klägerin verkennt ferner, dass Streitgegenstand allein die Feststellung der Abnahmefiktion im April 2018 ist und nicht, ob das Werk heute abnahmefähig ist. Damit sind die später erfolgten Nachbesserungsarbeiten zur Beurteilung der Vertragsmäßigkeit irrelevant.

3. Das Werk war nicht abnahmereif.

Unterstellt, die Klägerin wollte tatsächlich die Abnahmefiktion mit dem Ende der von ihr gesetzten Frist am 29.8.2018 einklagen, wofür keine Anhaltspunkte bestehen, gilt: Die Klägerin hat nach ihrem eigenen Vortrag während der von ihr gesetzten und laufenden Frist in erheblichem Umfang Nachbesserungsarbeiten geleistet. Damit war das Werk nicht abnahmereif. Abnahmereife meint, dass der Unternehmer den Herstellungsprozess abgeschlossen hat. Bereits nach dem eigenen Vortrag der Klägerin - auch wenn Anlagen eigenen Vortrag nicht ersetzen - erfolgten in erheblichem Umfang Mangelbeseitigungsarbeiten bis Ende August 2018, teilweise bis ins Jahr 2019. Auch hat die Klägerin angeboten, optische Mängel monetär abzugelten. Werden seitens des Unternehmers Mangelbeseitigungsarbeiten vorgenommen oder für Mängel ein Abschlag angeboten, wird gegenüber dem Besteller - maßgeblich ist der Empfängerhorizont - nicht zum Ausdruck gebracht, dass die Arbeiten abgeschlossen sind. Dieser Umstand hat die Unwirksamkeit der Fristsetzung zur Folge:

Nach dem Telos der Norm müssen die Interessen des Unternehmers geschützt werden, wenn der Besteller seiner Hauptpflicht der Abnahme zu Unrecht nicht nachkommt. Aufgrund der zentralen Bedeutung der Abnahme und der damit verbundenen Konsequenzen im Werkvertragsrecht, ist es häufig nicht interessengerecht, allein die Abnahmepflicht gerichtlich durchzusetzen. Der Gesetzgeber fingiert daher bei unberechtigter Verweigerung der Abnahme den Eintritt der Abnahmewirkungen. Die fiktive Abnahme als probates Mittel für den Unternehmer eine unberechtigt verweigerte Abnahme zu beseitigen, setzt aber - wie die hiermit zu ersetzende tatsächliche Abnahme - voraus, dass die Herstellungsphase (bzw. Mangelbeseitigungsphase) abgeschlossen ist. Vorher kann die Abnahme nicht gefordert werden; dann ist aber auch kein Raum für eine fiktive Abnahme.

Im vorliegenden Fall wurden zahlreiche Mängelrügen erhoben, die in erheblichem Umfang abgearbeite...

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