Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Übersehen einer Startgutschrift für rentenferne Versicherte
Leitsatz (amtlich)
Übersieht das FamG, dass eine Startgutschrift rentenferner Versicherter zu berücksichtigen ist, steht dem Senat keine Sachentscheidungsbefugnis zu. Vielmehr ist das Verfahren an das FamG zurückzugeben, damit dieses als Gericht erster Instanz über die Aussetzung und deren Umfang selbst entscheiden kann und den Parteien somit beide Tatsacheninstanzen erhalten bleiben (vgl. Borth FamRZ 2008, 326 und Rehme FuR 08, 216).
Normenkette
BGB § 1587
Verfahrensgang
AG Haldensleben (Urteil vom 29.05.2008; Aktenzeichen 16 F 155/07) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 3. wird das am 29.5.2008 verkündete Urteil des AG - FamG - Haldensleben, Zweigstelle Wolmirstedt, im Ausspruch über den Versorgungsausgleich (Ziff. 2. des Tenors) aufgehoben und das Verfahren insoweit zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das FamG Haldensleben - Zweigstelle Wolmirstedt zurückverwiesen.
2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
3. Der Beschwerdewert wird auf 2.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit Verbundurteil vom 29.5.2008 hat das AG die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Gegen diese ihr am 12.6.2008 zugestellte Entscheidung hat die Beteiligte Ziff. 3. am 8.7.2008 Beschwerde eingelegt mit der Begründung, das AG habe die Versorgungsanrechte der Antragsgegnerin in der Zusatzversorgung im Hinblick auf die erfolgte Anhebung der Altersgrenze für die Regelaltersrente unrichtig bewertet.
II. Die Beschwerde ist gem. §§ 629a Abs. 2 Satz 1, 621e Abs. 1 und 3, 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zulässig und insofern begründet, als sie zur (teilweisen) Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung an das AG führt.
Zwar dürfte die Beschwerdeführerin die Bewertung der Versorgungsanrechte der Antragsgegnerin in der Zusatzversorgung zu Recht beanstandet haben. Gleichwohl kommt eine Sachentscheidung des Senats nicht in Betracht. Da die Startgutschriften rentenferner Versicherter bei der Beteiligten Ziff. 3. (VBL Karlsruhe), also von Personen, die - wie hier die Antragsgegnerin - am 1.1.2002 das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, nach der Entscheidung des BGH vom 14.11.2007 (FamRZ 2008, 395) aus verfas-sungsrechtlichen Gründen neu zu bestimmen sind und der Zeitpunkt dieser Neuregelung durch die Tarifvertragsparteien nicht absehbar ist, kann der Versorgungsausgleich zwischen den Parteien derzeit nicht (in vollem Umfang) durchgeführt werden. Vor diesem Hintergrund hält der Senat die Aufhebung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich und die Zurückverweisung der Sache an das AG für angezeigt, damit das FamG als Gericht erster Instanz über die Aussetzung und deren Umfang (vgl. Borth, FamRZ 2008, 326 und Rehme, FuR 2008, 216) selbst entscheiden kann und den Parteien somit beide Tatsacheninstanzen erhalten bleiben (vgl. auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.12.2007 - 15 UF 240/07, zitiert nach Juris; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 31.3.2008 - 8 UF 46/08).
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 21 Abs. 1 Satz 1, 49 Ziff. 3 GKG.
Fundstellen
Haufe-Index 2094045 |
OLGR-Ost 2009, 208 |