Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen betreuender Tätigkeit i.S.v. § 24 Abs. 1 BNotO kann ein Notar verpflichtet sein, einen Rechtssuchenden vor dem Entstehen von Notargebühren für eine Beurkundung darauf hinzuweisen, dass ein Testament nach den gesetzlichen Voraussetzungen für seine Wirksamkeit wahlweise entweder durch - kostenpflichtige - notarielle Beurkundung einschließlich Entwurfsfertigung oder ohne Mitwirkung des Notars durch eigenhändiges Aufsetzen errichtet werden kann.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Beschluss vom 06.09.2010; Aktenzeichen 3 T 852/09) |
Tenor
Die Beschwerde des Kostengläubigers gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 6.9.2010 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 3.11.2010 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kostengläubiger zu tragen.
Der Kostenwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 750,24 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Beteiligten streiten über die Höhe der Kosten einer Beurkundung und einer Raterteilung.
Am 12.10.2009 suchten die Kostenschuldner den Notar in seiner Sprechstunde auf; er beriet sie in einer Erbangelegenheit, betreffend den Nachlass ihres Schwagers. Zugleich wies er sie auf die Vorteile einer testamentarischen Regelung der eigenen Erbfolge sowie der Errichtung einer Vorsorgevollmacht und einer Patientenverfügung hin. Die Kostenschuldner beauftragten den Notar mit der Fertigung eines Testamentsentwurfes. Am 10.11.2009 beurkundete der Notar ein gemeinschaftliches Testament der Kostenschuldner.
Für die Beurkundung des gemeinschaftlichen Testaments erhob der Notar eine doppelte Gebühr nach § 46 Abs. 1 KostO aus einem Wert von - korrigiert - 162.000 EUR. Für die Raterteilung berechnete der Notar eine halbe Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO aus einem Wert von 50.000 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kostenberechnung zu Registernummer 1360/2009 vom 23.11.2009 sowie auf die berichtigte Kostenberechnung zu Registernummer 1477-1/2009 vom 21.1.2010 Bezug genommen.
Die Kostenschuldner haben beide Kostenberechnungen beanstandet. Hinsichtlich der Kosten der Beurkundung haben sie die Ansicht vertreten, dass der Notar die für sie unerwartet hohen Kosten durch eine fehlerhafte Beratung verursacht habe. Die Kosten der Raterteilung seien überhöht, weil der Notar einen falschen Wertansatz gewählt habe.
Der Notar hat an den Kostenberechnungen festgehalten.
Die 3. Zivilkammer des LG Magdeburg hat nach Einholung einer Stellungnahme der Ländernotarkasse vom 24.6.2010 und nochmaliger Anhörung der Beteiligten mit ihrem Beschluss vom 6.9.2010 die beanstandeten Kostenberechnungen des Notars aufgehoben. Hinsichtlich der Gebühren der Beurkundung hat sie ihre Entscheidung darauf gestützt, dass die Gebühren bei richtiger Sachbehandlung nicht entstanden wären. Insbesondere habe der Notar versäumt, die Kostenschuldner darauf hinzuweisen, dass die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments nicht notwendiger Weise durch notarielle Beurkundung hätte erfolgen müssen und dass daher eine Wahlmöglichkeit zwischen der kostenpflichtigen Inanspruchnahme eines Notars und der kostenlosen Eigenerrichtung bestanden hätte. Die Kostenberechnung für die Erteilung eines Rechtsrates hätte als Wertansatz lediglich den Wert der Pflichtteilsansprüche berücksichtigen dürfen, denen die Schwester der Kostenschuldnerin und Schwägerin des Kostenschuldners ausgesetzt war.
Der Notar hat gegen die ihm am 21.9.2010 zugestellte Entscheidung am 7.10.2010 Beschwerde eingelegt. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Wiederherstellung der beiden Kostenberechnungen. Der Notar vertritt die Rechtsansicht, dass er nicht verpflichtet sei, auf die Möglichkeit einer eigenhändigen Testamentserrichtung hinzuweisen und sich dadurch "selbst überflüssig (zu) machen". Die Beratung sei nicht suggestiv geführt worden. Im Übrigen habe die Kammer nicht festgestellt, dass die Kostenschuldner sich bei einem entsprechenden Hinweis der Beurkundung des Testaments enthalten hätten. Hinsichtlich der Kostenberechnung für die Ratserteilung rügt der Notar eine Verletzung des Grundsatzes des § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO. Für den Fall eines unrichtigen Wertansatzes sei das Gericht zur Ermittlung des Wertes von Amts wegen verpflichtet gewesen bzw. hätte die Neuberechnung anweisen müssen.
Das LG hat der Beschwerde durch Beschluss vom 3.11.2010 teilweise abgeholfen und den Notar angewiesen, eine neue Kostenberechnung zu der Kostenregisternummer 1477-1/2009 vom 21.1.2010 zu erstellen. Im Übrigen hat es dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Naumburg zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beteiligten haben im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme gehabt.
B.I. Auf das Beschwerdeverfahren sind die Vorschriften der Kostenordnung (KostO) und des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) in der seit dem 1.9.2009 geltenden Fassung anzuwenden, weil das Beurkundungsgeschäft nach diesem Stichtag eingeleitet worden ...