Leitsatz (amtlich)

1. Die Geburt einer Person, welche vor mehr als 70 Jahren geboren wurde und wenige Tage später verstarb, ist ungeachtet des Zeitablaufs im Geburtenregister des für den Geburtsort zuständigen Standesamtes einzutragen. Dem steht nicht entgegen, dass u. U. nicht alle in § 21 Abs. 1 PStG geforderten Daten der Beurkundung aufgrund der vorliegenden Beweismittel festgestellt werden können.

2. Die Beurkundung muss im Geburtenregister des Geburtsjahres erfolgen.

 

Verfahrensgang

AG Magdeburg (Beschluss vom 21.05.2018; Aktenzeichen 13 UR III 14/18)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 21. Mai 2018 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die Geburt des H. S., geboren am 18.08.1947 in H., im Geburtenregister der Stadt H. für das Jahr 1947 zu beurkunden ist.

Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen.

 

Gründe

A. Am 18.08.1947 wurde für den Betroffenen von der Beteiligten zu 1) eine Geburtsurkunde unter der Registernummer 244/1947 ausgestellt, ohne zuvor einen Eintrag in das Geburtenregister vorgenommen zu haben. In der Geburtsurkunde ist als Geburtsort H. eingetragen worden. Auf einer Todesanzeige vom 01.09.1947 ist als "Wohnort" N. angegeben. Im Sterberegister der Beteiligten zu 1) wurde eine entsprechende Beurkundung unter dem 02.09.1947 unter Nr. 733/1947 vorgenommen. Weitere urkundliche Nachweise der Geburt sind trotz intensiver Ermittlungen nicht auffindbar gewesen; die Eltern des Betroffenen sind bereits verstorben.

Unter der Nr. 244/1947 des Geburtenregisters ist eine andere Person beurkundet worden.

Die Beteiligte zu 1) hat den Beteiligten zu 2) am 06.04.2018 um Anordnung zur Beurkundung der Geburt des Betroffenen in das Geburtenregister für das aktuelle Jahr ersucht. Der Beteiligte zu 2), welcher dieses Ersuchen unterstützt, hat die Sache als Zweifelsvorlage nach § 49 Abs. 2 PStG dem Amtsgericht Magdeburg vorgelegt.

Das Amtsgericht hat mit seinem Beschluss vom 21.05.2018 festgestellt, dass die Geburt des Betroffenen "im Geburtenregister des Standesamtes N. (heute möglicherweise der Stadt H.) im Jahr 1947 zu erfolgen" habe. Es hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass nicht nur Veränderungen eines bereits bestehenden Registereintrags nachträglich zu beurkunden seien, sondern auch insgesamt unterlassene Beurkundungen.

Gegen diesen, ihm am 21.05.2018 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 2) mit am 06.06.2018 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Er meint, dass die Beurkundung in analoger Anwendung des § 16 Abs. 1 und 2 PStV in dem Jahr der Erstbeurkundung unter der laufenden Eintragungsnummer zu erfolgen habe, d.h. hier mit dem zur Zeit der Anordnung laufenden Kalenderjahr.

Mit Beschluss vom 11.06.2018 hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Naumburg zur Entscheidung vorgelegt. Es erscheine

widersinnig, über 70 Jahre nach Geburt und Tod eines Menschen dessen Geburt im laufenden Jahr zu beurkunden.

B. I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) ist nach §§ 51 Abs. 1, 53 Abs. 2 PStG i.V.m. § 58 Abs. 1 FamFG zulässig, insbesondere ist die nach § 63 Abs. 1 FamFG bestimmte einmonatige Beschwerdefrist gewahrt worden.

II. Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass eine zulässige Vorlage nach § 49 Abs. 2 PStG gegeben und es deswegen zur Entscheidung hierüber berufen ist. Die Vorschrift des § 49 Abs. 2 PStG eröffnet dem Standesamt die Möglichkeit, über bei ihm bestehende rechtliche oder tatsächliche Unsicherheiten, ob eine Amtshandlung vorgenommen werden muss, eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen. In diesem Sinne ist die Zweifelsvorlage des Beteiligten zu 2) darauf gerichtet gewesen, einerseits zu klären, ob eine Eintragung im Geburtenregister überhaupt vorzunehmen ist, nachdem der Betroffene bereits vor mehr als 70 Jahren verstorben ist, und andererseits festzulegen, ob die Eintragung im laufenden Kalenderjahr vorzunehmen ist. Beide Fragen sind ergebnisrelevant. Hiervon gehen auch die Beteiligten aus.

2. Das Amtsgericht hat zu Recht darauf erkannt, dass die Geburt des Betroffenen ungeachtet des Zeitablaufs im Geburtenregister der Beteiligten zu 1) einzutragen ist. Nach § 21 Abs. 1 PStG ist die angezeigte Geburt im Geburtenregister mit den in der Vorschrift genannten Daten zu beurkunden. Eine zeitliche Begrenzung der Beurkundungspflicht nach § 21 PStG ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Nach § 5 Abs. 5 PStG ist das Geburtenregister jedoch über einen Zeitraum von 110 Jahre zu führen. Hieraus ist zu schließen, dass das Geburtenregister eines Kalenderjahres für einen Zeitraum von 110 Jahren alle relevanten Daten enthalten und - wie § 3 Abs. 2 Satz 3 PStG zeigt - innerhalb dieser Frist eine jederzeitige Auswertung des Registers nach Jahreseinträgen ermöglichen soll.

Dem steht nicht entgegen, dass u.U. nicht alle in § 21 Abs. 1 PStG geforderten Daten der Beurkundung aufgrund der vorliegend...

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