Leitsatz (amtlich)
Wenn ein abgelehnter Richter vor Erstattung einer Strafanzeige gegen eine Partei die vorhandenen Verdachts- und Entlastungsumstände ersichtlich sorgfältig abgewogen hat, ist von der Besorgnis der Befangenheit nicht auszugehen. Auch der Vorwurf der Nichtgewährung rechtlichen Gehörs ist dann unerheblich.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Beschluss vom 10.03.2005; Aktenzeichen 9 O 1779/04) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 10.3.2005 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Gründe
A. Wegen der tatsächlichen Feststellungen nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf Abschnitt I.) des Beschlusses des Senates vom 18.1.2005 (OLG Naumburg, Beschl. v. 18.1.2005 - 10 W 82/04) Bezug.
Ergänzend ist Folgendes auszuführen: Nachdem der Senat mit der Beschwerdeentscheidung vom 18.1.2005 den Beschluss der 9. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 26.10.2004 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über das Ablehnungsgesuch des Beklagten an das LG Magdeburg zurück verwiesen hatte, hat der nach dem Geschäftsverteilungsplan der 9. Zivilkammer zuständige Vertreter des abgelehnten Einzelrichters mit Beschl. v. 10.3.2005 den Befangenheitsantrag als unbegründet zurückgewiesen und sich im Rahmen der Begründung im wesentlichen auf die Erwägungen des Beschlusses der Kammer vom 26.10.2004 gestützt.
Gegen diesen, dem Beklagten am 23.3.2005 zugestellten Beschluss hat der Beklagte mit einem am 30.3.2005 bei dem LG Magdeburg eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.
Er vertritt die Ansicht, dass das LG die Besorgnis der Befangenheit zu Unrecht verneint habe. Der abgelehnte Vorsitzende Richter habe durch die Erstattung der Strafanzeige und die Zuleitung eines Aktendoppels an die Staatsanwaltschaft gegen das richterliche Neutralitätsgebot verstoßen. Dass der abgelehnte Vorsitzende Richter dem Rechtsstreit nicht mehr unvoreingenommen gegenüberstehe, sei hier insb. darin zum Ausdruck gekommen, dass er sich die von dem Kläger in der Klageschrift erhobenen massiven Vorwürfe ungeprüft zu eigen gemacht habe und sich allein aufgrund des einseitigen Vorbringens des Klägers aus der Klageschrift ohne vorherige Anhörung des Beklagten zu einer Strafanzeige veranlasst gesehen habe. Der abgelehnte Vorsitzende Richter habe dem Beklagten nicht die Möglichkeit eingeräumt, zu dem gegen ihn erhobenen Strafvorwurf Stellung zu nehmen und einen etwaigen Tatverdacht auszuräumen. Er meint, dass der abgelehnte Einzelrichter auf eine vorherige Anhörung hier auch nicht ausnahmsweise habe verzichten dürfen. Der Hinweis in dem angefochtenen Beschluss auf mögliche Verdunklungshandlungen der Verfahrensbeteiligten überzeuge nicht. Dass der abgelehnte Einzelrichter deshalb von einer Anhörung des Beklagten abgesehen habe, weil er etwaige Verdunklungshandlungen der einem Tatverdacht ausgesetzten anderen Beteiligten befürchtet habe, ergebe sich weder aus seinem Aktenvermerk noch nach den Umständen des Falles. Eine konkrete Verdunklungsgefahr erscheine hier aber auch deshalb fernliegend, weil der den Tatvorwürfen zugrunde liegende Lebenssachverhalt bereits einige Jahre zurück liege und bereits Gegenstand des außergerichtlichen Schriftverkehrs der Parteien gewesen sei.
Der geschäftsverteilungsplanmäßige Vertreter des Einzelrichters hat am 21.4.2005 beschlossen, der sofortigen Beschwerde des Beklagten nicht abzuhelfen und das Rechtsmittel dem OLG Naumburg zur Entscheidung in der Sache vorzulegen.
B. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG ist nach § 46 Abs. 2 ZPO i.V.m. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässig und der Einzelrichterin des Senates gem. § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO zur Entscheidung angefallen.
In der Sache bleibt das Rechtsmittel des Beklagten jedoch ohne Erfolg.
I. Gemäß § 42 Abs. 1 ZPO kann ein Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Nach § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Maßgebend ist nicht, ob der abgelehnte Richter wirklich befangen ist oder ob er sich selbst für befangen hält, sondern allein, ob von dem Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung genügend objektive Gründe vorliegen, die die Befürchtung wecken können, der Richter stehe dem Rechtsstreit nicht mehr unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch ggü. (BVerfG v. 12.7.1986 - 1 BvR 713/83, 1 BvR 921/84, 1 BvR 1190/84, BVerfGE 73, 330 [335]; v. 5.4.1990 - 2 BvR 413/88, BVerfGE 82, 30 [37]; BGH v. 18.4.1980 - RiZ (R) 1/80, BGHZ 77, 70 [72] = MDR 1981, 138; v. 14.3.2003 - IXa ZB 27/03, MDR 2003, 892 = BGHReport 2003, 755 = NJW-RR 2003, 1220 [1221]; v. 2.10.2003 - V ZB 22/03, BGHReport 2004, 119 m. Anm. Laumen = MDR 2004, 167 = NJW 2004, 164; BayObLGZ 86, 252; BayOblGZ 87, 217; ...