Leitsatz (amtlich)
1. Zur Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch ist nicht die Kammer in voller Besetzung, sondern gem. §§ 45 Abs. 1, 348 Abs. 1 S. 1 ZPO allein der geschäftsplanmäßige Vertreter des abgelehnten Einzelrichters berufen.
2. Ein Richter setzt sich grundsätzlich dem Anschein der Befangenheit aus, wenn er gegen eine Partei Strafanzeige erstattet und die Akten der Staatsanwaltschaft zuleitet, ohne dieser Partei Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem entsprechenden Vortrag des Prozessgegners zu gewähren.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Beschluss vom 26.10.2004; Aktenzeichen 9 O 1779/04) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss der 9. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 26.10.2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung durch den Einzelrichter der 9. Zivilkammer an das LG Magdeburg zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der ersten Instanz vorbehalten.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Das klagende Land nimmt in dem dem Ablehnungsgesuch zugrunde liegenden Rechtsstreit den Beklagten auf Schadensersatz wegen einer schuldhaften Verletzung von Leistungstreuepflichten aus einem Makleralleinvertrag in Anspruch.
Der Kläger behauptet, der mit der Vermakelung eines Grundstückes beauftragte Beklagte habe im kumulativen Zusammenwirken mit den späteren Käufern Frau A. O., Herrn Diplom-Rechtspfleger I. Oh. und Herrn Rechtsanwalt C. W. unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, nämlich durch Täuschung über die durch die Kaufinteressenten zukünftig beabsichtige Nutzung des Grundstückes, erreicht, dass der Verkehrswert mit lediglich 48.000 EUR zum Nachteil des klagenden Landes zu niedrig angesetzt worden sei und dass das klagende Land auf dieser Preisgrundlage den Kaufvertrag mit Frau O., Herrn Oh. und Herrn Rechtsanwalt abgeschlossen habe. Dabei habe der Beklagte dem klagenden Land wider besseren Wissens verschwiegen, dass neben Frau O., Herrn Oh. und Herrn Rechtsanwalt W. auch die L. gGmbH an dem Kauf der Grundflächen zu einem Kaufpreises von 200.000 EUR interessiert gewesen sei. Das schädigende Verhalten des Beklagten zeige sich auch darin, dass im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zu dem Abschluss des vor der Notarin Sch. beurkundeten Grundstückskaufvertrages mit dem Kläger vom 20.9. Beklagte, den er 2002 - ebenfalls unter Vermittlung des Beklagten - mit einer von der Notarin Sch. beurkundeten Annahmeerklärung vom gleichen Tage zwischen der L. gGmbH einerseits und Frau O., Herrn Oh. und Herrn Rechtsanwalt W. andererseits ein Kaufvertrag über die Grundflächen zu einem Kaufpreis von 200.000 EUR zustande gekommen sei.
Nach Eingang der Klageschrift hat der abgelehnte Vorsitzende Richter als geschäftsplanmäßig für die Sache zuständiger originärer Einzelrichter mit prozessleitender Verfügung vom 11.8.2004 das schriftliche Vorverfahren angeordnet und zeitgleich eine Strafanzeige gegen den Beklagten wegen des Verdachtes der Untreue und gegen Frau A. O., Herrn Dipl. Rechtspfleger I. Oh. und Herrn Rechtsanwalt C. W. wegen des Verdachtes des Betruges zum Nachteil des Klägers bei der Staatsanwaltschaft Magdeburg erstattet und die Übersendung einer Ablichtung der Klageschrift nebst Anlagen an die Staatsanwaltschaft veranlasst.
In dem an die Staatsanwaltschaft Magdeburg gerichteten Anschreiben, das der abgelehnte Richter den Parteien zur Kenntnisnahme übersandt hat, heißt es auszugsweise wie folgt:
" Das Land geht davon aus, A. D. habe vor Abschluss des Vertrages zwischen dem Land und a) A. O., b) Dipl.-Ing. I. Oh. und c) RA C. W. davon gewusst, dass die L. gGmbH einen wesentlich höheren Preis zu zahlen bereit war. Als Beleg hierfür ist die Anlage K 5 vorgelegt worden. Insoweit könnte eine Verletzung der durch den Maklervertrag übernommenen Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen in Betracht zu ziehen sein."
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben des abgelehnten Vorsitzenden Richters an die Staatsanwaltschaft Magdeburg vom 11.8.2004 - Ziff. 3) der Eingangsverfügung vom 11.8.2004 - Bl. 9 d.A.. Bezug genommen.
Nachdem dem Beklagten die prozessleitende Verfügung des Einzelrichters nebst dem Anschreiben an die Staatsanwaltschaft am 7.9.2004 zugestellt worden ist, hat er mit der am 21.9.2004 bei dem LG Magdeburg eingegangenen Verteidigungsanzeige zugleich den Einzelrichter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
Zur Begründung seines Ablehnungsgesuchs hat er vorgetragen, der zuständige Einzelrichter stehe dem Rechtsstreit nicht mehr unvoreingenommen gegenüber, was darin zum Ausdruck gekommen sei, dass er die Strafanzeige wegen eines Untreueverdachtes allein auf das einseitige Parteivorbringen des Klägers aus der Klageschrift gestützt habe, ohne dem Beklagten zuvor eine Möglichkeit zur Entkräftung der Verdachtsmomente einzuräumen. Durch die Erstattung der Strafanzeige habe bei dem Beklagten der Eindruck entstehen müssen, der zuständige Einzelrichter habe sich in seiner Einschätzung über die Rechtsmäßigkeit des geltend g...