Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Beschluss vom 30.10.2015)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des LG Halle vom 30.10.2015 abgeändert. Der Rechtsweg zu den in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zuständigen Gerichten ist unzulässig. Der Rechtsstreit wird an das AG Eisleben (Familiengericht) verwiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückzahlung eines Darlehens über mindestens 23.040,00 EUR in Anspruch.

Nachdem sich die Parteien im Sommer 2009 kennen lernten, zog der Kläger im Mai 2010 bei der Beklagten und ihren beiden minderjährigen Kindern aus erster Ehe ein. Die Beklagte bewohnte ein ihr gehörendes Hausgrundstück, welches mit Bankdarlehen belastet war, die die Beklagte in monatlichen Raten zu bedienen hatte. Dies fiel ihr auf Grund ihrer Einkommensverhältnisse schwer. Seit dem Sommer 2010 beteiligte sich der Kläger zur Hälfte an den Kreditverbindlichkeiten. Er zahlte monatlich 470,00 EUR direkt an die Bank. Am 14.4.2012 unterzeichneten die Parteien in diesem Zusammenhang eine mit "Schuldschein" überschriebene Vereinbarung (K1), in der die Beklagte bestätigte, dem Kläger 8.000,00 EUR zu schulden. Dieser Betrag erhöhe sich vom 1.4.2012 bis zum 31.12.2016 um monatlich 470,00 EUR. Die Zinsen wurden mit 0,00 % angegeben.

Am 22.6.2013 gingen die Parteien die Ehe ein. Im Dezember 2014 kam es zur Trennung. Mit Schreiben vom 14.1.2015 kündigte der Kläger das Darlehen und forderte die Beklagte zur Rückzahlung auf.

In seiner beim LG Halle erhobenen Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, es gehe um eine Darlehensforderung, die keinen Bezug zur Ehe oder zur Trennung der Parteien aufweise.

Die Beklagte hat dagegen behauptet, bei den Zahlungen habe es sich von Anfang an um Beiträge des Klägers zur gemeinsamen Lebensführung gehandelt, zunächst in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft und anschließend in Form von Familienunterhalt. Mit diesem Ausgangspunkt hat die Beklagte die Zuständigkeit der Zivilgerichte gerügt und die Familiengerichte für zuständig gehalten.

Mit Beschluss der Einzelrichterin vom 30.10.2015 hat sich das LG für zuständig erklärt. Gegen diese, dem Beklagtenvertreter am 3.11.2015 zugestellte Entscheidung wendet sich die noch am gleichen Tag eingegangene sofortige Beschwerde, der das LG nicht abgeholfen hat.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde, über die gemäß § 17a VI, III, IV 3 GVG i.V.m. § 568 1 ZPO das Beschwerdegericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter entscheidet, hat in der Sache Erfolg. Gemäß § 17a VI, II GVG ist auszusprechen, dass der Rechtsweg zu den allgemeinen Zivilgerichten unzulässig ist. Zugleich erfolgt die Verweisung an das für Familiensachen zuständige Familiengericht (§§ 111 Nr. 10; 266 I Nr. 3 FamFG sowie §§ 23a I 1 Nr. 1, 2; 23b I GVG), bei dem es sich gemäß § 267 I 1 FamFG ausschließlich um das AG Eisleben handelt.

Das LG hat ausgeführt, eine Familiensache i.S.v. § 266 FamFG liege nicht vor. Es bestehe nach der Natur des geltend gemachten Anspruchs zur Zeit seiner Entstehung kein Zusammenhang mit der Trennung, der Scheidung oder der Aufhebung der Ehe. Die dem Anspruch zugrunde liegende Vereinbarung der Parteien sei ein Jahr vor der Eheschließung zustande gekommen und könne ihrem Wortlaut nach nur als Darlehensvertrag interpretiert werden. Der daraus folgende Rückzahlungsanspruch sei zivilrechtlicher Natur. Eine ehebedingte Zuwendung schließe das Gericht aus.

Dies hält einer Überprüfung durch den Senat nicht stand.

Die Sache fällt zweifelsohne in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte (§ 13 GVG). Mit § 17a VI GVG wird die sachliche Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen den allgemeinen Zivilgerichten und den Familiengerichten wie eine Rechtswegfrage behandelt, sodass das LG auf die Rüge der Beklagten zutreffend vorab entschieden hat (§ 17a III GVG). Inhaltlich beruht das Bejahen der eigenen Zuständigkeit allerdings auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung. Über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch haben die Familiengerichte zu entscheiden. Es handelt sich um eine sonstige Familiensache i.S.v. §§ 111 Nr. 10; 266 I Nr. 3 FamFG.

Zu den sonstigen Familiensachen zählen insbesondere auch solche Streitigkeiten, die vor der Reform des Familienverfahrens in die Zuständigkeit der Zivilgerichte fielen (BT-Drs. 16/6308 S. 262). Es kommt deshalb weniger darauf an, ob der Anspruch zivilrechtlicher Natur ist. Vielmehr geht es um die Sachnähe zu den Regelungstatbeständen des Familienrechts. Hierfür genügt es nach § 266 I Nr. 3 FamFG bereits, wenn der zwischen den Ehegatten streitige Anspruch im Zusammenhang mit der Trennung oder der Scheidung steht (BT-Drs. 16/6308 S. 262). Richtig weist das LG zwar darauf hin, dass es für diesen Zusammenhang auf den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs ankommt (BT-Drs. 16/6308 S. 263). Der Darlehensrückzahlungsanspruch entstand jedoch nicht mit der Vereinbarung vom April 2012, sondern erst mit der Kündigung durch den Kläger und sein Rückzahlungsve...

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