Entscheidungsstichwort (Thema)
Tod einer anwaltlich vertretenen Partei während des Scheidungsverfahrens
Leitsatz (amtlich)
Verstirbt während des Scheidungsverfahrens eine anwaltlich vertretene Partei, wird das Verfahren nicht unterbrochen. Der Überlebende kann die Hauptsache für erledigt erklären oder - wenn er der Antragsteller ist - den Scheidungsantrag zurücknehmen. Nimmt der Überlebende den Scheidungsantrag zurück, ist nach den Vorschriften über die Rücknahme über die Kosten zu entscheiden. Im Rahmen der nach § 269 Abs. 3 ZPO vorgesehenen Billigkeitsprüfung ist für eine Entscheidung über die Kostentragungspflicht u.a. von Bedeutung, ob der Überlebende Alleinerbe geworden ist - dann wäre jede Kostenentscheidung entbehrlich. Auch § 1933 BGB kann für die Kostenentscheidung Bedeutung haben.
Normenkette
BGB § 1933; ZPO § 269 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Halle-Saalkreis (Beschluss vom 13.04.2005; Aktenzeichen 23 F 121/04 (S)) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des AG Halle-Saalkreis vom 13.4.2005 in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 9.5.2005 wird die angefochtene Entscheidung aufgehoben und mit dem zugrunde liegenden Verfahren an das AG zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, zurückverwiesen.
Gründe
I. Zwischen den Parteien war ein Scheidungsverfahren rechtshängig, welches nach dem Tod des Antragsgegners von der Antragstellerin durch Rücknahme des Scheidungsantrages prozessual beendet worden ist. Daraufhin hat das AG die Kosten des Verfahrens nach den Vorschriften der §§ 626 Abs. 1 i.V.m. § 269 Abs. 3 ZPO der Antragstellerin auferlegt. Diese wendet sich gegen den Beschluss mit dem Ziel einer Kostenaufhebung.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet. Durch den Tod des Antragsgegners nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages, aber vor mündlicher Verhandlung, wird das Verfahren grundsätzlich i.S.v. §§ 619, 239 ZPO nur dann unterbrochen, wenn die verstorbene Partei nicht durch einen Bevollmächtigten vertreten war. Hier liegt der Sachverhalt aber so, dass der Verstorbene durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wurde, sodass keine Unterbrechung eingetreten ist. Ein möglicher Antrag auf Aussetzung des Verfahrens ist von keiner der Parteien gestellt worden, sodass das Verfahren ohne Unterbrechung fortgesetzt werden konnte. Dies wiederum hat zur Folge, dass hier auch die von der Klägerin genutzte Möglichkeit bestand, die Klage zurückzunehmen. Da die Rücknahmeerklärung vor der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache erfolgte, bedurfte es auch nicht der Zustimmung durch den Prozessgegner. Deshalb hat die Antragsgegnerin durch ihre Prozesserklärung den Scheidungsantrag wirksam zurückgenommen. Dies wiederum löst die Kostenfolge der §§ 626, 269 ZPO aus. Zutreffend ist das AG davon ausgegangen, dass neben der Möglichkeit der Klagerücknahme auch hier die Möglichkeit bestanden hätte, auf Antrag die Hauptsache für erledigt zu erklären. Dies gilt zumindest dann, wenn ein rechtliches Interesse der Antragstellerin an einer entsprechenden Erklärung bestanden hat. Da aber eine entsprechende Erklärung nicht abgeben worden ist, richtet sich die Kostenentscheidung nur nach §§ 629, 269 ZPO. Die Kostenentscheidung des AG ist demnach nur dann unzutreffend, wenn sie gem. § 269 Abs. 3 ZPO unbillig ist. Ob dies hier der Fall ist, kann nicht abschließend festgestellt werden. Denn die möglicherweise gegebene Unbilligkeit der Kostenentscheidung richtet sich u.a. danach, ob die Antragstellerin Alleinerbin des Verstorbenen ist oder ob Miterben vorhanden sind, wobei sich für den Fall, dass die Antragstellerin Alleinerbin ist, die auch Frage stellt, ob eine Kostenentscheidung letztlich nicht sogar entbehrlich ist. Auch die Voraussetzungen des § 1933 BGB sind hier nicht ersichtlich, ein Ausschluss des Ehegattenerbrechts liegt mithin nicht vor. Die Parteien lebten zwar zur Zeit des Scheidungsantrages der Antragstellerin etwas mehr als ein Jahr getrennt, aber der Antragsgegner hat dem Antrag ausdrücklich widersprochen. Das gleichwohl die Voraussetzungen für eine Scheidung vorgelegen haben hat die Antragstellerin nicht vorgetragen. Insoweit wird das AG den Parteien erneut Gelegenheit zur Stellungnahme geben.
Letztlich bleibt nur der Hinweis, dass nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand unabhängig von einer Kostenentscheidung des Gerichts die Antragstellerin faktisch die Kosten des Verfahrens zu tragen haben wird. Insoweit scheint auch eine Aufrechterhaltung der Beschwerde überlegenswert.
Fundstellen
Haufe-Index 1481864 |
FamRZ 2006, 867 |
OLGR-Ost 2006, 306 |
www.judicialis.de 2005 |