Leitsatz (amtlich)
Der Senat vertritt die Rechtsauffassung, dass der Prozentsatz des anzurechnenden Kindergeldes sich im Beitrittsgebiet nach § 2 Regelbetrag-VO berechnet. Der Senat weicht insoweit von der rechtskräftigen Entscheidung des 8. Zivil- und 2. Familiensenates ab (OLG Naumburg v. 23.10.2003 - 8 UF 100/03, OLGReport Naumburg 2004, 120).
Die Rechtsbeschwerde wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, nachdem gegen die Entscheidung des 2. Familiensenates - trotz Zulassung - keine Revision eingelegt worden war.
Verfahrensgang
AG Halle-Saalkreis (Beschluss vom 18.11.2003; Aktenzeichen 28 FH 241/03) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 4.12.2003 wird der Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des AG - FamG - Halle-Saalkreis vom 18.11.2003 (Az.: 28 FH 241/03) in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 15.12.2003 dahingehend geändert, dass in Abänderung der Urkunde des Jugendamts der Stadt Halle (Saale) vom 16.12.1999 zu Beurk.-Reg.-Nr. ... für die Zeit nach Antragstellung am 7.8.2003 bis zum 30.9.2005 sich der festgesetzte Unterhalt um anzurechnendes staatliches Kindergeld in monatlicher Höhe von 12 Euro vermindert, und dass ab 1.10.2005 eine Anrechnung von Kindergeld auf den Unterhalt nicht mehr erfolgt.
Die weiter gehende sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; im Übrigen trägt die Antragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: 766,92 Euro.
Gründe
Mit o.g. Beschluss hat das AG im vereinfachten Verfahren nach § 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz i.V.m. § 655 ZPO auf Antrag der minderjährigen Antragstellerin die im Beschlusstenor genannte Jugendamtsurkunde dahingehend abgeändert, dass sich ab dem Tag nach Antragseingang der vom Antragsgegner zu zahlende Unterhalt um das hälftige Kindergeld vermindert, soweit es zusammen mit dem Unterhalt 135 % des jeweiligen Regelbetrags übersteigt.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde. Sie macht einerseits geltend, die vom AG titulierte "dynamisierte Kindergeldverrechnung" genüge dem Bestimmtheitserfordernis nicht, so dass das anzurechnende Kindergeld mit einem konkret bezifferten Betrag auszuweisen sei. Andererseits sei Bezugsgröße für die Kindergeldanrechnung gem. § 1612b Abs. 5 BGB bundeseinheitlich 135 % des Regelbetrags nach § 1 RegelbetragVO, so dass ein Kindergeldausgleich zu Gunsten des Antragsgegners vorliegend ohnehin nicht in Betracht komme.
Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 655 Abs. 3 und 5, 569 Abs. 1 und 2 ZPO zulässig, insb. fristgerecht eingelegt worden. In der Sache führt sie jedoch nur zum Teil zu der von der Antragstellerin begehrten Änderung des angefochtenen Beschlusses.
Soweit mit der Beschwerde begehrt wird, die Jugendamtsurkunde vom 16.12.1999 dahingehend abzuändern, dass eine Kindergeldanrechnung ganz unterbleibt, bleibt dem Rechtsmittel der Erfolg versagt. Entgegen der Auffassung des 8. Zivilsenats und 2. Senats für Familiensachen im rechtskräftigen Urteil vom 23.10.2003 (OLG Naumburg, Urt. v. 23.10.2003 - 8 UF 100/03, OLGReport Naumburg 2004, 120) vertritt der erkennende Senat nämlich die Ansicht, dass im Beitrittsgebiet für die Kindergeldanrechnung auf § 2 RegelbetragVO abzustellen ist, weil der Gesetzeswortlaut weder in § 2 des Unterhaltstitelanpassungsgesetzes noch in § 1612b Abs. 5 BGB eine Festlegung auf § 1 RegelbetragVO enthält. Dies hätte jedoch nahegelegen, wenn der Gesetzgeber insoweit eine Einebnung der Differenzierung von Unterhaltsfällen in den alten und in den neuen Bundesländern beabsichtigt hätte. In beiden Vorschriften ist aber von "... 135 % des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung" die Rede. Der Senat legt diese Formulierung dahingehend aus, dass auf 135 % des im konkreten Einzelfall jeweils maßgebenden Regelbetrags nach der RegelbetragVO abzustellen ist, vorliegend mithin auf 135 % des Regelbetrags gem. § 2 RegelbetragVO, was im vorliegenden Fall zu einer teilweisen Kindergeldanrechnung i.H.v. 12 Euro ab Antragseingang bis zum 30.9.2005 führt. Für die Antragstellerin streitet auch nicht, dass § 1612b Abs. 5 BGB die Sicherung des Barexistenzminimums von Kindern bezweckt und deshalb nicht an die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners anknüpft (BVerfG Fuß 2003, 535 [542]). Es ergibt sich aus der Vorschrift nämlich nicht, dass das Barexistenzminimum minderjähriger Kinder bei 135 % des jeweiligen Regelbetrags nach § 1 RegelbetragVO liegt. Vielmehr legt die Tatsache, dass der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht hat, das Existenzminimum lasse sich mit 135 % der Regelbeträge nach der jeweiligen RegelbetragVO beschreiben (vgl. BT-Drucks. 14/3781, 7 f.), nicht zwingend den Schluss nahe, dass er von einem bundeseinheitlichen Existenzminimum minderjähriger Kinder i.H.v. 135 % des jeweiligen Regelbetrags (West) ausgeht, also insoweit - anders als bei der Festlegung der Regelbeträge - keine Un...