Leitsatz (amtlich)

Einem Bieter, der durch die Entscheidung der Vergabekammer materiell beschwert ist und hiergegen sofortige Beschwerde einlegt, steht auch die Befugnis zur Beantragung einer Verlängerung des prozessualen Zuschlagverbots in analoger Anwendung des § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB zu.

 

Verfahrensgang

1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt LSA (Beschluss vom 11.01.2007; Aktenzeichen 1 VK LVwA 41/06)

 

Tenor

Die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt vom 11.1.2007, 1 VK LVwA 41/06, wird bis zur endgültigen Entscheidung über dieses Rechtsmittel angeordnet.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin, eine Beteiligungsgesellschaft privaten Rechts zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, die von der Stadt H. beherrscht wird, schrieb im August 2006 den oben genannten Bauauftrag EU-weit im Offenen Verfahren auf der Grundlage der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) - Ausgabe 2004 - zur Vergabe aus.

In der Bekanntmachung der Ausschreibung sind als Teilnahmebedingungen in Abschnitt III. 2.1) zunächst allgemein "Eignungsnachweise nach VOB/A § 8 Nr. 3" aufgeführt. In Abschnitt III. 2.3) Technische Leistungsfähigkeit sind im Einzelnen u.a. gefordert: "... Angaben über die Zahl der in den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren jahresdurchschnittlich beschäftigten Arbeitskräfte, gegliedert nach Berufsgruppen ..." sowie "... Angaben über die für die Ausführung der zu vergebenden Leistung zur Verfügung stehenden und vorgesehenen technischen Geräte und Ausrüstung". Für Bietergemeinschaften wird weiter vorgegeben, dass sie gesamtschuldnerisch haftend sein und einen bevollmächtigten Vertreter benennen sollen (Abschnitt III.1.3)). Als Ausführungsfrist für den Auftrag war ursprünglich der Zeitraum vom 2.1. bis 31.7.2007 vorgesehen.

Die Verdingungsunterlagen enthalten in den Bewerbungsbedingungen, dort Ziff. 6, eine Regelung zu Bietergemeinschaften. Darin heißt es, dass die Bietergemeinschaft mit ihrem Angebot eine von allen Mitgliedern unterzeichnete Erklärung vorgegebenen Inhalts abzugeben habe. Unter Ziff. 7 dieser Bewerbungsbedingungen ist für Eignungsnachweise für andere Unternehmen gefordert, dass der Bieter, der sich bei der Erfüllung des Auftrags der Fähigkeiten anderer Unternehmen bedienen will, dem Auftraggeber hinsichtlich seiner eigenen Eignung nachzuweisen hat, dass ihm die erforderlichen Mittel tatsächlich zur Verfügung stehen.

Die Beigeladene hat ein Hauptangebot und mehrere Nebenangebote in Form unselbständiger Änderungsvorschläge innerhalb der Angebotsfrist abgegeben. Dem Angebot der Beigeladenen waren sämtliche geforderten Eignungsnachweise für die St. AG beigefügt; für die R. GmbH fehlten Angaben über die jahresdurchschnittlich beschäftigten Arbeitskräfte - gegliedert nach Berufsgruppen - der letzten drei Geschäftsjahre (es waren lediglich einige Angaben zu den aktuellen Beschäftigungszahlen enthalten) sowie Angaben zur technischen Ausrüstung. Die Antragsgegnerin bewertete das Angebot der Beigeladenen als vollständig. Ausweislich ihres Vergabevermerks vom 24.11.2006 beabsichtigte die Antragsgegnerin, den Zuschlag auf das Hauptangebot der Beigeladenen einschließlich der angebotenen Änderungen zu erteilen.

Im Rahmen eines von der Antragstellerin geführten Nachprüfungsverfahrens mit dem Ziel einer Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Wiederholung der Wertung wurde die Beigeladene beteiligt. Die 1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt hat dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin nach mündlicher Verhandlung durch Beschluss vom 11.1.2007 stattgegeben und in den Gründen ihrer Entscheidung u.a. die Rechtsauffassung geäußert, dass das Angebot der Beigeladenen zwingend aus der Wertung auszuschließen sei, weil es die geforderten Eignungsnachweise nicht vollständig enthalte. Sie stützt diese Auffassung im Wesentlichen darauf, dass jedes Mitglied einer Bietergemeinschaft alle geforderten Eignungsnachweise für sich vollständig vorzulegen gehabt habe, d.h. auch die R. GmbH alle Angaben zum Nachweis ihrer technischen Leistungsfähigkeit.

Gegen diese ihr am 15.1.2007 zugestellte Entscheidung richtet sich die mit Schriftsatz vom 29.1.2007 erhobene und am selben Tage vorab per Fax beim OLG Naumburg eingegangene sofortige Beschwerde der Beigeladenen.

Die Beigeladene ist u.a. der Meinung, dass ein Ausschluss ihres eigenen Angebots nur gerechtfertigt sei, wenn ihm Unterlagen fehlten, welche mit der Vergabebekanntmachung gefordert worden seien. Aus der Vergabebekanntmachung sei nicht ersichtlich, dass für jedes einzelne Mitglied einer Bietergemeinschaft die geforderten Eignungsnachweise einzureichen seien. Vielmehr sei auf Angaben abgestellt worden, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit überprüfen zu können. Insoweit käme es stets auf die Bieterin insgesamt und nicht auf einzelne Mitglieder der Bieterin an.

Die Beigeladene h...

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