Leitsatz (amtlich)
1. Der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt ist keine den Gerichtsvollziehern gleichstehende Vollstreckungsbehörde i. S. v. § 802k Abs. 2 S. 2 Nr. 2 ZPO. Weder ist er aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung dazu befugt, die Zwangsvollstreckung durch eigene Bedienstete durchzuführen, noch begehrt er den Abruf der Vermögensverzeichnisse zu Vollstreckungszwecken. Das von der Befugnis i. S. v. § 802k Abs. 2 ZPO erfasste Auskunftsverlangen ist ein solches, das im Wege des Zwanges durchgesetzt werden kann. Eine derartige Befugnis verleihen vergaberechtliche Verfahrensvorschriften wie § 7 LVG LSA oder § 16 VOB/A nicht. In der Folge ist der Antrag des Landesbetriebs auf Registrierung für den Abruf der vom Zentralen Vollstreckungsgericht verwalteten Vermögensverzeichnisse richtigerweise abgelehnt worden.
2. Dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt ist nicht nach § 1 Abs. 2 SchuVAbdrV die Bewilligung zum Bezug von Abdrucken aus dem Schuldnerverzeichnis zu erteilen. Die Voraussetzung aus § 882g Abs. 2 Nr. 3 ZPO - über ein berechtigtes Informationsinteresse i. S. v. § 882f ZPO hinaus muss dieses nicht anderweitig, insbesondere nicht durch Einzelauskünfte, befriedigt werden können - ist nicht erfüllt, wenn nach den Angaben des Antragstellers in laufenden Vergabeverfahren nur in gebotenen Einzelfällen eine Überprüfung der eigenen Angaben des Bieters zu seiner finanziellen Zuverlässigkeit stattfindet. Dieses Informationsbedürfnis im Einzelfall kann hinreichend über - elektronisch leicht einholbare - kostenpflichtige Einzelabfragen aus dem Schuldnerverzeichnis oder die Inanspruchnahme privater Schuldnerverzeichnisse befriedigt werden. Die Kostenlosigkeit des den Vollstreckungsbehörden zur Verfügung gestellten Zugangs bei laufendem Bezug des aktuellen Datenbestandes aus dem Schuldnerverzeichnis ist demgegenüber kein rechtlich erheblicher Gesichtspunkt, der einen Anspruch des Landesbetriebs auf Bewilligung des laufenden Bezugs von Abdrucken begründen könnte.
Tenor
Der Antrag des Antragstellers vom 12. Mai 2016 gegen den Bescheid des Antrags- gegners vom 20. April 2016 zum Geschäftszeichen 374 Eb SH 128/2016 wird zurückgewiesen.
Der Geschäftswert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Erstmals durch Schreiben vom 12. Januar 2016 erklärte der Antragsteller, einen kostenfreien Onlinezugang zum Zentralen Vollstreckungsgericht Sachsen-Anhalt für das dort geführte Schuldnerverzeichnis und das Vermögensverzeichnis zu beantragen. Diesem Schreiben war ein Antrag für die Bewilligung des Bezugs von Abdrucken aus dem Zentralen Schuldnerverzeichnis in Sachsen-Anhalt beigefügt. Darin ist angekreuzt, dass sich die Berechtigung für den Bezug von Abdrucken aus § 882g Abs. 2 Nr. 1 ZPO ergebe (Bl. 4 ff. des beigezogenen Verwaltungsvorgangs 374 E b SH 182/2016, im Folgenden: VerwVg.). Unter dem 25. Januar 2015 ergänzte der Antragsteller sein Anliegen durch die Vorlage eines Antrags "auf Registrierung zur gebührenfreien Einsichtnahme in das Vermögensverzeichnis Register/in das Zentrale Schuldnerverzeichnis des Landes Sachsen-Anhalt über das gemeinsame Vollstreckungsportal der Länder" (Bl. 31 ff. VerwVg.). Darin ist angekreuzt, dass die antragstellende Behörde Vollstreckungsbehörde im Sinne des §§ 802k Abs. 2 Nr. 2 oder 3 ZPO sei. Zur Begründung verwies der Antragsteller darauf, dass es seine Aufgabe sei, Vergabeverfahren für öffentliche Aufträge durchzuführen, was im Jahre 2015 in 1242 Verfahren mit einem Auftragsvolumen von insgesamt nahezu 136 Millionen EUR geschehen sei. Dies setze eine Eignungsprüfung der Bieter im Hinblick auf ihre fachliche und finanzielle Zuverlässigkeit voraus. Insbesondere für diese Eignungsprüfung seien die Informationen aus dem Schuldnerverzeichnis erforderlich und notwendig, weil die eigenen Angaben der Bieter zumindest in gebotenen Einzelfällen überprüft werden müssten. Deshalb lägen die Voraussetzungen für die Registrierung gemäß § 882f Abs. 1 Nr. 2, 4 und 6 ZPO vor. Zu dem Antrag auf gebührenfreie Einsichtnahme in das Vermögensverzeichnis beruft sich der Antragsteller auf § 802k Abs. 2 Nr. 2 ZPO und vertritt dazu die Ansicht, die dort vorausgesetzte Befugnis, Vermögensauskünfte zu verlangen, lasse sich auf § 97 GWB in Verbindung mit den jeweiligen Verdingungsordnungen, wie § 16 VOB/A, § 16 VOL/A, § 5, 10 VOF oder § 7 LVG LSA, stützen. Da das Land regelmäßig Auftraggeber der vom Antragsteller ausgeschriebenen Vertragsverhältnisse sei, liege im Außenverhältnis "Parteiidentität" zwischen der datenerhebenden und der die Daten verwendenden Stelle vor. Der Antragsteller erfülle mit dem Hochwasserschutz hoheitliche Aufgaben, weshalb die Gebührenbefreiung gemäß § 2 Abs. 1 GKG einschlägig sei.
Durch Bescheid vom 20. April 2016 wies der Antragsgegner den Antrag des Antragstellers, ihn zur gebührenfreien Einsichtnahme in das Vermögensverzeichnisregister und das Zentrale Schuldner...