Leitsatz (amtlich)

Wer für ein bis dahin herrenloses Grundstück eine Aneignungserklärung einreicht, besitzt, wenn kurz zuvor eine andere Aneignungserklärung eingegangen ist, insofern ein rechtliches Interesse an einer Einsicht in die Grundakte, als ihm eine Abschrift der anderen Aneignungserklärung zu übersenden ist.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 6. August 2018 wird der Beschluss des Amtsgerichts Haldensleben - Grundbuchamt - vom 27. Juli 2018 aufgehoben, soweit der Antrag auf Einsicht in die Grundakte zurückgewiesen worden ist.

Das Amtsgericht Haldensleben - Grundbuchamt - wird angewiesen, dem Antragsteller Einsicht in die Grundakten von O. Blatt ... 6 durch Erteilung von einfachen Abschriften des Eintragungsantrages der Verbandsgemeinde F. vom 18. Dezember 2017 (Bl. 1 und 2 d.A.) zu erteilen.

 

Gründe

I. Die Eigentümer des im Grundbuch von O. Blatt ... 3 verzeichneten Grund-stücks hatten das Eigentum durch Verzicht aufgegeben, was am 27. August 2007 in das Grundbuch eingetragen worden war.

Am 20. Dezember 2017 ging bei dem Grundbuchamt des Amtsgerichts Haldensleben ein Antrag der Verbandsgemeinde F. vom 18. Dezember 2017 ein mit der Bitte, die Gemeinde I. als Eigentümer in das Grundbuch einzutragen, weil diese sich die Flurstücke aneignen wolle. Mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2017, bei dem Grundbuchamt des Amtsgerichts Haldensleben 27. Dezember 2017, legte der Notar D. eine Aneignungserklärung des Antragstellers vor mit der Bitte, diesen als Eigentümer in das Grundbuch einzutragen.

Mit Verfügung vom 23. Januar 2018 trug das Grundbuchamt die Gemeinde I. als Eigentümer in das Grundbuch - nach Abschreibung auf das Grundbuch Blatt ... 6 - ein. Mit Beschluss vom gleichen Tage wies es den Eintragungsantrag des Antragstellers zurück, weil die Grundstücke nicht herrenlos seien.

Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 10. Juli 2018 mit der Begründung Beschwerde ein, dass zum Zeitpunkt seiner Antragstellung das Grundstück herrenlos gewesen sei. Außerdem beantragte er Einsicht in die Grundakte bzgl. der Dokumente und Urkunden des anderen Antrags. Daraufhin teilte das Grundbuchamt mit, dass zum Zeitpunkt des Einganges seines Antrages schon eine weitere Aneignungserklärung vorgelegen habe.

Das Grundbuchamt - Rechtspflegerin - half durch Beschluss vom 27. Juli 2018 der Beschwerde gegen den Beschluss vom 23. Januar 2018 nicht ab und legte das Verfahren dem Oberlandesgericht (12 Wx 40/18) mit der Begründung zur Entscheidung vor, dass im Zeitpunkt des Antrages zur Eintragung der Aneignung schon eine andere Aneignungserklärung vorgelegen habe. Hinsichtlich der Akteneinsicht sei es so, dass Grundakten nicht versandt werden dürften. Soweit der Antragsteller klarstelle, dass Kopien des Vorganges gewünscht seien, erübrige sich eine Akteneinsicht. Er habe die Möglichkeit, einen Aktenauszug zu erhalten. Da er kein Rechtsanwalt sei, treffe die von ihm genannte Rechtsprechung nicht zu. Kopien von Unterlagen aus der Grundakte wurden in der Folge an den Antragsteller nicht übersandt.

Der Beteiligte legte mit Schreiben vom 6. August 2018 Beschwerde gegen die Zurückweisung seines Antrages auf Akteneinsicht ein. Das berechtigte Interesse sei unstrittig nachgewiesen, strittig sei lediglich die Art und Weise der zu gewährenden Akteneinsicht. Er begehre Einsicht durch Übersendung von einfachen Abschriften. Diese Form der Einsichtnahme sei zu gewähren. Das Grundbuchamt - Rechtspflegerin - übersandte dieses Schreiben mit Verfügung vom 7. August 2018 an das Oberlandesgericht zu dem dort bereits geführten Beschwerdeverfahren 12 Wx 40/18. Mit Schreiben vom 17. August 2018 an das Oberlandesgericht erklärte der Beteiligte, dass er Einsicht in die Verfahrens- bzw. Grundakte bzgl. des früher eingegangenen Antrags beantragt.

II. Die gemäß § 71 ff. GBO zulässige Beschwerde hat in der Sache insoweit Erfolg, als der Beteiligte nur noch Einsicht in die Grundakten von O. Blatt ... 3 [nunmehr ... 6] durch Übersendung von Kopien des früher eingegangenen Antrages begehrt.

Der Beteiligte kann gemäß § 46 Abs. 1, Abs. 3 GBV die Einsicht in die Antragsschrift der Verbandsgemeinde F. vom 18. Dezember 2017 (Bl. 1 bis 2 der Grundakten zum Grundbuch von O. ... 6) durch Übersendung einer Abschrift verlangen.

Diesbezüglich hat der Beteiligte ein berechtigtes Interesse dargelegt, woran auch das Grundbuchamt nicht zweifelt. Ein zur Einsicht erforderliches berechtigtes Interesse liegt dann vor, wenn ein entsprechender Antrag nach Überzeugung des Entscheidungsorgans ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse verfolgt. Nicht nur die Rechtslage, sondern bereits die Sachlage begründet demnach ein berechtigtes Interesse. Das Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder bloß tatsächlicher Natur sein. Es muss bei verständiger Würdigung des Einzelfalls und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge die Einsichtnahme als Bestimmungsgrund für Entscheidungen als berechtigt erscheinen lassen und darf der amtlichen Förderung nicht unwürdig sei...

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