Entscheidungsstichwort (Thema)
Altstadtkreisel
Leitsatz (amtlich)
1. Zur - unzulässigen - Änderung der Verdingungsunterlagen durch einen beigefügten Bauzeitenplan.
2. Der öffentliche Auftraggeber muss im Rahmen einer EU-weiten Ausschreibung Angebote von der weiteren Wertung ausschließen, wenn er bei der Bewertung der Angemessenheit der Preise, dort in der zweiten Phase der Preisprüfung, zu der Feststellung gelangt, dass zwar der Angebotsendpreis nicht unangemessen niedrig ist, aber Einzelpositionen des Angebots (s. g. Spekulationspreise) Zweifel an der ordnungsgemäßen Kalkulation bzw. Leistungserbringung durch die Bieterin wecken und die Bieterin auf ausdrückliche Nachfrage nicht in der Lage ist, die Zweifel auszuräumen.
Verfahrensgang
Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 02.03.2004; Aktenzeichen VK 2-3/04) |
Tenor
Der Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung ihrer sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt vom 2.3.2004, VK 2-3/04, wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsgegner, eine Gemeinschaft von drei öffentlichen Auftraggebern, schrieb Anfang November 2003 den oben genannten Bauauftrag EU-weit im Offenen Verfahren auf der Grundlage der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) - Ausgabe 2002 - zur Vergabe aus. Der Auftrag hat einen geschätzten Umfang von ca. 14 Mio. Euro. Der Auftrag ist in ein Hauptlos (Los 1: Trog-/Tunnel- und Überführungsbauwerke) und elf Teil- bzw. Fachlose unterteilt, wobei Angebote sowohl auf ein Los als auch auf mehrere Lose als auch auf alle Lose als auch für das Gesamtwerk zugelassen sind.
Hinsichtlich des Beginns der Bauausführung ist in der Bekanntmachung der Ausschreibung für alle Lose jeweils der 5.2.2004 bezeichnet (Ziff. II. 2. 1.); die Verdingungsunterlagen enthalten in den Besonderen Vertragsbedingungen, dort unter Ziff. 2 "Vertragsfristen", als Beginn der Ausführung die Eintragung: "Frühestens am 5.2.2002", die durch Schreiben vom 10.12.2003 an alle Bewerber bezüglich der Jahreszahl (2004 statt 2002) korrigiert wurde. Unter Ziff. 2.3. wird als Termin zur Vollendung der Ausführung "spätestens" der 23.12.2005 angegeben mit dem weiteren Hinweis, dass die vorgenannten Einzelfristen Vertragsbestandteil werden sollen. Die zeitlichen Beschränkungen des Bauablaufes (Bauanfang 5.2.2004; Bauende Dezember 2005) sind nochmals in den Vorbemerkungen zur Leistungsbeschreibung aufgeführt. In der Leistungsbeschreibung selbst, dort in der Baubeschreibung zu Los 01, Abschn. 4 "Ausführungsunterlagen", ist unter Ziff. 4. 1. festgehalten, dass der Auftraggeber die Ausführungsunterlagen für die Bauwerke und das Baugrundgutachten "im zeitlichen Raster - zeitnah gem. Grobterminplan des AG (lt. Bauzeitenplan)" zur Verfügung zu stellen hat. Vom Bieter wird bereits mit Angebotsabgabe ein Bauzeitenplan mit Angabe der Geräte- und Arbeitskräfteeinsätze und mit dem Nachweis zur Einhaltung des gestellten Endtermins verlangt (vgl. Ziff. 4.2. und 4.3. der Baubeschreibung). Weiter wird vom künftigen Auftragnehmer u.a. verlangt, zehn Tage nach Auftragserteilung einen Baustelleneinrichtungsplan (Ziff. 4.2.2.) sowie ebenfalls zehn Werktage nach Auftragserteilung einen - nachfolgend monatlich zu aktualisierenden - detaillierten Gesamtnetzplan (Bauzeitenplan) für sämtliche Arbeiten mit den dazugehörigen Zwischenterminen aufzustellen (Ziff. 4.2.3.).
Die Antragstellerin hat Angebote für alle Lose sowie für eine Gesamtlosvergabe abgegeben. Das Angebot der Antragstellerin für Los 1 enthält einen Bauzeitenplan, der unter den bauvorbereitenden Maßnahmen neun Positionen (lfd. Nrn. 2 bis 5, 7 und 8, 10 bis 12) enthält, für deren fristgerechte Erfüllung der Auftraggeber verantwortlich ist, sowie eine Position (lfd. Nr. 6), für die der Versorgungsträger und mithin ebenfalls ein Mitglied der Auftraggebergemeinschaft verantwortlich ist. Der Bauzeitenplan der Antragstellerin enthält dabei die Forderung, dass sechs dieser Positionen bereits am 26.1.2004 vollständig erfüllt sein sollen, nämlich die Erteilung des Auftrages an die Antragstellerin, die Übergabe der Baugenehmigungsunterlagen, der geprüften Ausführungsplanung sowie der Bestandspläne der Versorgung, des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes und die Baustellenordnung (lfd. Nrn. 2 bis 6 und 11, 12). Der Bauzeitenplan der Antragstellerin sieht weiterhin als Termin für die Gesamtabnahme der ausgeschriebenen Leistungen den 23.12.2005 vor.
Im Rahmen der Prüfung und Wertung der zu Los 1 abgegebenen Angebote stellte die Antragsgegnerin bei der formalen Prüfung fest, dass das Angebot der Antragstellerin eine unzulässige Veränderung der Verdingungsunterlagen durch nicht vertragskonforme Festlegungen im Bauzeitenplan enthalte, ein Ausschluss des Angebots in der ersten Wertungsstufe erfolgte jedoch nicht.
Als Ergebnis der dritten Wertungsstufe wurden die jeweiligen Angebotsendsummen aller Angebote zu Los 1 als angemessen und auskömmlich bewertet; allerding...