Leitsatz (amtlich)

Für die Geschäftsführerin einer GmbH, die gewerblich mit der Verwaltung einer klagenden Wohnungseigentumsgemeinschaft beauftragt ist, kann kein Verdienstausfall für die Wahrnehmung von Terminen im Rahmen eines Gerichtsverfahrens gemäß § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO i.V.m. §§ 20, 22 JVEG im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens geltend gemacht werden.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Beschluss vom 09.02.2015; Aktenzeichen 5 O 565/10)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Halle vom 9.2.2015 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert beträgt bis zu 500,00 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien trafen in dem am 8.1.2014 durch das LG Halle festgestellten Vergleich eine Kostenregelung, wonach die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des selbständigen Beweisverfahrens, Geschäftszeichen 5 OH 21/01, und des Vergleichs die Klägerin zu 2/7 und die Beklagte zu 5/7 tragen.

Die Klägerin stellte mit Schriftsatz vom 18.7.2014 Kostenausgleichungsantrag. Dabei machte sie gerichtliche und außergerichtliche Kosten für das selbständige Beweisverfahren und für das streitige Verfahren in Höhe von insgesamt 17.307,64 EUR geltend. Die Beklagte stellte mit Schriftsatz vom 21.11.2014 ihrerseits Kostenausgleichungsantrag. Dabei machte sie gerichtliche und außergerichtliche Kosten für das selbständige Beweisverfahren und für das streitige Verfahren in Höhe von insgesamt 11.054,65 EUR geltend. Darin enthalten waren Rechtsanwaltsgebühren für das selbständige Beweisverfahren (Leistungszeitraum 24.10.2001 bis 4.3.2011) gemäß Kostenrechnung der Kanzlei G. vom 8.3.2011, bei denen ein 10 %-iger Gebührenabzug nicht vorgenommen worden war. Mit Schriftsatz vom 5.1.2015 ergänzte die Klägerin ihren Kostenausgleichungsantrag um den Verdienstausfall der Frau B., Geschäftsführerin der I. GmbH - ihrer Verwalterin - im Umfang von 569,50 EUR, resultierend aus vier Ortsterminen in W. am 2./8./9./10.10.2002, einem Mediationstermin vor dem LG Halle am 2.9.2011 und zwei Terminen zur mündlichen Verhandlung vor dem LG Halle am 22.10.2012 und am 19.2.2013.

Das LG Halle - Rechtspflegerin - beschloss unter dem 9.2.2015, dass die aufgrund des Vergleichs des LG Halle vom 8.1.2014 im Wege der Verrechnung von der Beklagten an die Klägerin auszugleichenden Kosten festgesetzt werden auf 10.528,18 EUR nebst Zinsen. Zur Begründung der im Beschwerdeverfahren noch relevanten Punkte führte das LG aus, dass hinsichtlich der auf Beklagtenseite geltend gemachten Rechnung des Rechtsanwalts G. kein 10 %-iger Gebührenabschlag zu erfolgen habe. Der ausschlaggebende Sitz der Beklagten sei im Mahnbescheid mit Braunschweig angegeben. Verdienstausfall der Frau B. sei nicht zu berücksichtigen. Diese sei Geschäftsführerin der Klägerin. Der Geschäftsführer einer GmbH versäume keine Arbeitszeit, weil die gerichtliche Durchsetzung der unternehmerischen Betätigung diene.

Gegen den ihr am 24.2.2015 zugestellten Beschluss legte die Klägerin mit einem am 10.3.2015 bei dem LG eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde ein, mit der sie sich gegen die mangelnde Berücksichtigung des Verdienstausfalls der Frau B. wandte. Die Verwalterin sei nicht kraft Gesetzes berufen, Ansprüche des Verbandes gerichtlich geltend zu machen; die Situation sei nicht vergleichbar mit den Geschäftsführern einer GmbH. Außerdem wandte sie sich gegen die Versagung eines 10 %-igen Abschlags hinsichtlich der geltend gemachten Rechnung der Kanzlei G.. Es komme darauf an, dass der Antrag im selbständigen Beweisverfahren an die Niederlassung der Beklagten in Magdeburg gerichtet gewesen sei. Das Rubrum des Gerichts im selbständigen Beweisverfahren weise den Sitz der Beklagten mit einer zustellungsfähigen Anschrift in Magdeburg aus.

Das LG half der sofortigen Beschwerde durch den Beschluss vom 26.3.2015 nicht ab und legte das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor.

II. Über die sofortige Beschwerde war gemäß § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO durch den Einzelrichter zu entscheiden, da die angefochtene Entscheidung von einer Rechtspflegerin erlassen worden ist. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 11 Abs. 1, 21 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Die sofortige Beschwerde ist in der Sache allerdings unbegründet.

Im Ergebnis zu Recht hat das LG die Rechtsanwaltsgebühren der Kanzlei G. für das selbständige Beweisverfahren entsprechend Kostenrechnung vom 8.3.2011 ohne eine Ermäßigung um 10 % gemäß Anlage I Kapitel III, Sachgebiet A, Abschnitt III, Maßgabe Nr. 26 lit. a) Satz 2 des Einigungsvertrages berücksichtigt. Maßgeblich ist der Sitz der Beklagten im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 ZPO zum Zeitpunkt der Auftragserteilung. Dieser war unstrittig in Braunschweig. Dass gegen die Beklagte, wie geschehen, unter ihrer Niederlassung in Magdeburg ein selbständiges Beweisverfahren geführt werden konnte, weil dort gemäß § 21 ZPO ein weiterer Gerichtsstand begründet war, ist ohne Einfluss auf die geltend gemachte Gebührenermäßigu...

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