Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Anwendung der subsidiären Berufungsfrist für notwendige Beteiligte im Versorgungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
Die subsidiäre Berufungsfrist findet für notwendige Beteiligte - hier: Versorgungsausgleich - keine Anwendung. Für einen öffentlichen Versorgungsträger beginnt die Rechtsmittelfrist erst ab Zustellung zu laufen (h.M.).
Normenkette
ZPO §§ 3, 516 a.F.; ZPOEG § 26
Verfahrensgang
AG Quedlinburg (Urteil vom 11.08.1998; Aktenzeichen 4 F 179/97) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Oberfinanzdirektion Magdeburg wird das Urteil des AG - FamG - Quedlinburg vom 11.8.1998 - 4 F 179/97, hinsichtlich der Regelung zum Ver-sorgungsausgleich in Ziff. 3 der Entscheidungsformel aufgehoben und das Verfahren zum Versorgungsausgleich zur weiteren Aufklärung und erneuten Entscheidung an das AG - FamG - Quedlinburg zurückverwiesen.
2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Durch Urteil vom 11.8.1998 (Bl. 39-44 d.A.) hat das AG Quedlinburg die Ehe der Parteien geschieden und zugleich, u.a., auf der Basis entsprechender Auskünfte der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Bl. 18/19 und Bl. 24-31 UA-VA) den Versorgungsausgleich zugunsten der Ehefrau (Antragstellerin) im Wege des Renten-Splittings geregelt.
Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich richtet sich die Beschwerde der Oberfinanzdirektion Magdeburg (Bl. 38/39 UA-VA), die beanstandet, dass die - unstreitig in der Ehezeit entstandene - beamtenrechtliche Versorgungsanwartschaft des Ehemannes (Antragsgegners) beim Lande Sachsen-Anhalt, obgleich darüber ihrerseits bzw. seitens des vormals zuständigen, am Verfahren beteiligten Regierungspräsidiums Magdeburg hätte Auskunft erteilt werden müssen (Bl. 17 UA-VA), gänzlich außer Acht gelassen worden sei.
II. Die befristete Beschwerde der Oberfinanzdirektion Magdeburg ist formell zulässig (1) und auch in der Sache begründet (2).
1. Die gem. § 629a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. den §§ 621e Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO statthafte befristete Beschwerde ist fristgerecht eingelegt worden (a) und auch im Übrigen uneingeschränkt zulässig (b).
a) Die am 28.4.2006 beim OLG eingegangene Beschwerde der
Oberfinanzdirektion Magdeburg (Bl. 38/39 UA-VA) gegen die ihr am 6.4.2006 zugestellte Entscheidung zum Versorgungsausgleich im Scheidungsverbundurteil des AG Quedlinburg vom 11.8.1998 (Bl. 39-44 d.A.) ist fristgerecht binnen eines Monats ab Zustellung eingelegt worden.
Nach § 516 ZPO a.F. i.V.m. § 621e Abs. 3 Satz 2 ZPO a.F. - welche Vorschriften über § 26 Nr. 5 und 10 EGZPO hinsichtlich des angefochtenen Urteils vom 11.8.1998 nach wie vor Anwendung finden - beginnt die gesetzlich als Notfrist bezeichnete einmonatige Rechtsmittelfrist für die sog. befristete Beschwerde grundsätzlich mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Mangels Zustellung der angefochtenen Entscheidung an die bereits seinerzeit noch als Regierungspräsidium Magdeburg am Verfahren beteiligte Oberfinanzdirektion (Bl. 17 UA-VA) kann allerdings für diese - ohne Auswirkung auf die Rechtskraft des Scheidungsausspruchs für die Parteien, § 629a Abs. 3 ZPO ist insoweit methodisch in einzig sachgerechter Weise teleologisch zu reduzieren (s. dazu grundlegend Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., Kapitel 5, 2c, S. 391 ff.) - die absolute Fünf-Monats-Frist im vorliegenden Fall bei der ohnehin nur entsprechenden Anwendung des § 516 ZPO a.F. über § 621e Abs. 3 Satz 2 ZPO a.F. keine Geltung entfalten (im Ergebnis ebenso: BGH v. 2.3.1988 - IVb ZB 10/88, FamRZ 1988, 827; v. 22.2.1995 - XII ZB 22/95, FamRZ 1995, 800; OLG Naumburg v. 6.2.2001 - 3 UF 169/99, OLGReport Naumburg 2001, 389 = FamRZ 2001, 1542; OLG Stuttgart v. 16.2.2000 - 17 UF 234/99, OLGReport Stuttgart 2001, 67 = FamRZ 2001, 549; a.A.: Philippi, in: Zöller, ZPO, 23. Aufl., 2002, § 621e Rz. 43, m.w.N. zum Meinungsstand).
Denn der Vorschrift des § 516 ZPO a.F. liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Partei, die vor Gericht streitig verhandelt hat, mit dem Erlass einer Entscheidung rechnen muss und es ihr daher zugemutet werden kann, sich danach zu erkundigen, ob und mit welchem Inhalt eine solche Entscheidung ergangen ist. Wenn dieser Grundgedanke allerdings im Einzelfall nicht zutrifft, weil, wie hier, der am Verfahren Beteiligte zu dem Termin überhaupt nicht geladen und ihm die Entscheidung auch nicht zugestellt wird, kann ausnahmsweise auch die Fünfmonatsfrist nicht zu laufen beginnen (so nam. v. 2.3.1988 - IVb ZB 10/88, FamRZ 1988, 827 und v. 22.2.1995 - XII ZB 22/95, FamRZ 1995, 800).
b) Die Oberfinanzdirektion Magdeburg ist auch zur Beschwerde befugt.
Auf eine Mindestbeschwer kommt es, im Gegensatz zur Berufung, bei der befristeten Beschwerde nicht an, wie schon aus der fehlenden Bezugnahme auf § 511a ZPO a.F. in § 621e Abs. 3 Satz 2 ZPO a.F. - ebenso § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 621e Abs. 3 Satz 2 ZPO nach neuem Recht - erhellt (vgl.: O...