Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Nutzungsvergütung als Familiensache
Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch auf Nutzungsvergütung ist Familiensache.
Der Anspruch setzt nicht voraus, dass ein Zuweisungsverfahren vorausgegangen ist und entsteht auch bei freiwilliger Nutzungsüberlassung.
Normenkette
GVG § 23b Nr. 8; BGB § 1361b; FamFG § 111 Nr. 5, § 200 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Wittenberg (Beschluss vom 25.05.2009; Aktenzeichen 4 F 235/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - Familiengerichts - Wittenberg vom 25.5.2009 wird zurückgewiesen.
Die Gebühr der Beschwerde trägt die Antragstellerin; Kosten werden nicht erstattet.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zugelassen.
Gründe
Durch die angefochtene Entscheidung hat das AG den Antrag der Antragstellerin, ihr für die Klage wegen Nutzungsentschädigung Prozesskostenhilfe zu bewilligen, zurückgewiesen.
Dabei ist es davon ausgegangen, dass die Sache Familiensache nach § 1361b III Satz 2 BGB sei und eine Nutzungsentschädigung angesichts der finanziellen Verhältnisse beider Parteien nicht der Billigkeit entspräche.
Der dagegen eingelegten sofortigen Beschwerde der Antragstellerin hat das AG nicht abgeholfen und die Sache vorgelegt.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 127 Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO); sie ist sachlich indes aber nicht gerechtfertigt.
Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg; der Antragstellerin dürfte insbesondere unter Billigkeitsgesichtspunkten eine Nutzungsentschädigung nicht zustehen und zwar sowohl bei Betrachtung der Sache nach den Regeln des Gemeinschaftsrechts (§ 745 II BGB) als auch denen der Ehewohnung bei Getrenntleben (§ 1361b III Satz 2 BGB). Denn nach beiden Normen ist auf eine Nutzungsvergütung/Nutzungsentschädigung nur zuzukommen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Billig sein kann eine solche insbesondere dann nicht, wenn die Einkommensverhältnisse es, wie hier, wo der Antragsgegner SGB II-Empfänger ist, nicht zulassen.
Überdies führt der Senat aus:
Nach der Neufassung des § 1361b BGB geht ein Großteil der Rechtsprechung davon aus, dass ein Anspruch auf Nutzungsvergütung bei Getrenntleben aus § 1361b III Satz 2 BGB als familienrechtlicher Anspruch geltend zu machen ist, der gegenüber § 745 II BGB lex specialis sein dürfte.
Das OLG Jena hat dazu überzeugend ausgeführt:
"... Nach wie vor streitig ist jedoch das Konkurrenzverhältnis zwischen § 745 Abs. 2 BGB und § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB für den Fall, dass die fragliche Wohnung im Miteigentum der Eheleute steht, wenn diese Wohnung freiwillig verlassen wird. Der BGH hat in ständiger Rechtsprechung bislang dazu entschieden, dass eine Nutzungsvergütung unter Miteigentümern nur als Folge einer Neuregelung der Verwaltung und Benutzung durch Beschluss nach § 745 Abs. 2 BGB angeordnet werden könne, wobei diese Nutzungsänderung dann auch einen Anspruch auf Festsetzung der Vergütung beinhalte (BGH FamRZ 1982, 355; 1986, 436; 1994, 98 und 822; 1996, 931; offen gelassen in FamRZ 2006, 930). Da sich bei einer gerichtlich angeordneten Wohnungsüberlassung der Anspruch des weichenden Miteigentümers auf Zahlung einer Nutzungsvergütung während der Trennungszeit aus § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB, der in diesem Fall lex specialis zu § 745 Abs. 2 BGB ist (Palandt/Brudermüller, § 1361b BGB Rz. 20 m.w.N.) ergibt, muss dies jedoch auch für einen freiwilligen Auszug des Miteigentümers gelten, da es nach der Neufassung des § 1361b Abs. 3 BGB nicht mehr auf die Verpflichtung zur Räumung ankommt, so dass § 1361b BGB auch hier Sondervorschrift ggü. der gemeinschaftsrechtlichen Regelung (vgl. zum Meinungsstand OLG München, FamRZ 2007, 1655) ist.
Der Senat folgt nicht der vom AG und von Wever (Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, Rz. 92b) vertretenen Ansicht, dass der Gesetzgeber an dem bisherigen Rechtzustand nichts ändern wollte, da er die Vorschrift des § 1361b Abs. 3 BGB als flankierende Anordnung des Familiengerichts bezeichnet und mit der Reform eine Erleichterung der Wohnungszuweisung, nicht aber eine Verbesserung der Anspruchsgrundlage des Ausgezogenen bezweckt habe.
Derartiges ergibt sich auch nicht aus der amtlichen Begründung. Während es in § 1361b Abs. 2 BGB a.F. hieß, "ist ein Ehegatte verpflichtet, dem anderen Ehegatten die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung zu überlassen", knüpft die Neufassung nicht an die Verpflichtung zur Überlassung, sondern an die tatsächliche Überlassung an. Dafür spricht auch der neu eingeführte Abs. 4; demnach braucht der in der Wohnung verbliebene Ehegatte bereits nach sechs Monaten die Rückkehr des ausgezogenen Ehegatten nicht mehr zu dulden (BT-Drucks. 14/5429, 33).
Unter den flankierenden Anordnungen in Abs. 3 S. 1 BG ist nach dem Willen des Gesetzgebers die ausdrückliche Verpflichtung zu verstehen, dass der zur Wohnungsüberlassung Verpflichtete alles zu unterlassen hat, was geeignet ist, die Wohnungsüberlassung zu erschweren und zu vereiteln. Dazu geh...