Leitsatz

Die Parteien stritten sich um eine Nutzungsvergütung für die Ehewohnung. Die Antragstellerin hatte diese, die im Miteigentum beider Parteien stand, verlassen und bewohnte eine eigene Wohnung. Die Ehewohnung wurde seit Dezember 2005 von dem Antragsgegner alleine genutzt.

Mit ihrem bei dem FamG eingereichten Antrag verlangte sie eine auf § 1361b Abs. 3 BGB gestützte Nutzungsentschädigung i.H.v. 400,00 EUR ab Dezember 2005.

Auf den Hinweis des angerufenen FamG, der Streit um die Zulassung einer Nutzungsentschädigung für das im gemeinsamen Eigentum der Parteien stehende Haus sei keine "Familiensache" hat die Antragstellerin hilfsweise die Abgabe an das LG beantragt.

Das FamG hat sich mit Beschluss für sachlich unzuständig erklärt und das Verfahren auf den Hilfsantrag der Antragstellerin an das LG mit der Begründung verwiesen, die Parteien hätten sich über die künftige Nutzung der Ehewohnung geeinigt, es liege daher kein Fall des § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB vor.

Das LG vertrat die Auffassung, dass bei getrennt lebenden Eheleuten zur Entscheidung über die Entschädigung für die Nutzung des ehemals gemeinsam bewohnten Hauses, das im Miteigentum beider Parteien stehe, entsprechend § 621 Abs. 1 Nr. 7 ZPO ausschließlich das FamG berufen sei. Das LG hat das Verfahren dem OLG Jena zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Nach Auffassung des OLG war das zunächst von der Antragstellerin angerufene FamG zuständig.

Bis zur Neufassung des § 1361b BGB durch das Gewaltschutzgesetz vom 11.12.2001 sei umstritten gewesen, ob und auf welcher Grundlage ein aus einem im gemeinsamen Miteigentum stehenden Haus freiwillig und in endgültiger Trennungsabsicht ausgezogener Ehegatte von dem nunmehr das Haus bewohnenden anderen Ehegatten eine Nutzungsvergütung verlangen könne.

Nach der Neufassung des § 1361b BGB richte sich der Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Zeit des Getrenntlebens der Parteien nach § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB, wobei es unerheblich sei, ob ein Ehegatte dem anderen die Nutzung der Wohnung überlassen musste oder freiwillig überlassen hat. Damit sei es für den Anspruch auf Nutzungsvergütung auch ohne Belang, ob die Voraussetzungen eines Härtefalls vorlägen.

Nach wie vor streitig sei jedoch das Konkurrenzverhältnis zwischen § 745 Abs. 2 BGB und § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB für den Fall, dass die fragliche Wohnung im Miteigentum der Eheleute stehe, wenn diese Wohnung freiwillig verlassen werde. Der BGH habe in ständiger Rechtsprechung bislang dazu entschieden, dass eine Nutzungsvergütung unter Miteigentümern nur als Folge einer Neuregelung der Verwaltung und Benutzung durch Beschluss nach § 745 Abs. 2 BGB angeordnet werden könne, wobei diese Nutzungsänderung dann auch einen Anspruch auf Festsetzung der Vergütung beinhalte (BGH FamRZ 1982, 355; 1986, 436; 1994, 98 und 822; 1996, 931; offen gelassen in FamRZ 2006, 930).

Da sich bei einer gerichtlich angeordneten Wohnungsüberlassung der Anspruch des weichenden Miteigentümers auf Zahlung einer Nutzungsvergütung während der Trennungszeit aus § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB ergebe, der in diesem Fall lex specialis zu § 745 Abs. 2 BGB sei, müsse dies jedoch auch für einen freiwilligen Auszug des Miteigentümers gelten, da es nach der Neufassung des § 1361b Abs. 3 BGB nicht mehr auf die Verpflichtung zur Räumung ankomme, so dass § 1361b BGB auch hier Sondervorschrift ggü. der gemeinschaftsrechtlichen Regelung sei.

Unter den flankierenden Anordnungen in § 1361b Abs. 3 S. 1 BGB sei nach dem Willen des Gesetzgebers die ausdrückliche Verpflichtung zu verstehen, dass der zur Wohnungsüberlassung Verpflichtete alles zu unterlassen habe, was geeignet sei, die Wohnungsüberlassung zu erschweren und zu vereiteln. Dazu gehöre das Verbot, das Mietverhältnis über die Wohnungsüberlassung zu kündigen oder die Ehewohnung zu veräußern. § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB stelle klar, dass der nutzungsberechtigte Ehegatte, dem die Wohnung überlassen worden sei, eine Nutzungsentschädigung schulde. Nach der Altfassung des Gesetzes habe nur der Ehegatte Nutzungsentschädigung fordern können, der "verpflichtet gewesen sei", die Wohnung zu überlassen. Die Neufassung umfasse daher auch den Fall der freiwilligen Räumung.

Danach bestehe während der Trennungszeit ein Anspruch der Antragstellerin auf Nutzungsvergütung nach Maßgabe der Billigkeit gemäß § 1361b Abs. 3 BGB als lex specialis ggü. der Vorschrift des § 745 Abs. 2 BGB.

 

Link zur Entscheidung

Thüringer OLG, Beschluss vom 25.02.2008, 11 SA 1/08

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