Leitsatz (amtlich)
Bei getrennt lebenden Eheleuten ist zur Entscheidung über eine Nutzungsvergütung für die Dauer des Getrenntlebens das FamG berufen, auch wenn die Ehewohnung im Miteigentum der Eheleute steht und der Ehegatte freiwillig ausgezogen ist.
Normenkette
BGB § 745 Abs. 2, § 1361b Abs. 3; ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 7
Verfahrensgang
Tenor
Zuständig ist das AG - FamG - Bad S.
Gründe
Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Die Antragstellerin hat die Ehewohnung in Sch., die im Miteigentum beider Parteien steht, verlassen und bewohnt eine eigene Wohnung. Der Antragsgegner nutzt das Anwesen seit Dezember 2005 alleine.
Mit ihrem Antrag, den sie vor dem AG - FamG - Bad S. eingereicht hat, verlangt sie von dem Antragsgegner, der das Hausanwesen bewohnt, eine auf § 1361b Abs. 3 BGB gestützte Nutzungsentschädigung i.H.v. 400 EUR ab Dezember 2005.
Auf den Hinweis des AG, der Streit um die Zulassung einer Nutzungsentschädigung für das im gemeinsamen Eigentum der Parteien stehende Haus dürfte keine "Familiensache" sein (vgl. OLG Bamberg FamRZ 1990, 179) hat die Antragstellerin hilfsweise die Abgabe an das LG beantragt.
Das AG hat sich mit Beschluss vom 30.4.2007 für sachlich unzuständig erklärt und das Verfahren im Rahmen des PKH - Prüfungsverfahrens auf den Hilfsantrag der Antragstellerin an das LG Meiningen verwiesen mit der Begründung, da die Parteien sich über die zukünftige Nutzung der Ehewohnung geeinigt hätten, liege kein Fall des § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB vor, der auch nach der Neufassung des § 1361b BGB nur bei einer gerichtlich angeordneten Überlassung der Ehewohnung an einen der Ehegatten greife. Dafür spreche, dass der Gesetzgeber ausweislich der Materialien an der bisherigen Rechtslage nichts ändern wollte, sondern die Regelungen des § 1361b Abs. 3 BGB als flankierende Anordnung bezeichne und im Übrigen in der Gesetzesbegründung nur vom zur Überlassung der Wohnung Verpflichteten bzw. vom überlassungspflichtigen Ehegatten die Rede sei (BT-Drucks. 13/5429, 21, 33).
Das LG Meiningen hat die Ansicht vertreten, dass bei getrennt lebenden Eheleuten zur Entscheidung über die Entschädigung für die Nutzung des ehemals gemeinsam bewohnten Hauses, das im Miteigentum beider Parteien stehe, entsprechend § 621 Abs. 1 Nr. 7 ZPO ausschließlich das FamG berufen sei (vgl. OLG Jena NJW 2006, 703 f.; OLG Dresden NJW 2005, 3151 f.). § 1361b Abs. 3 S. 2 BG sei eine vorrangige Sonderregelung, die § 745 Abs. 2 BGB verdränge (vgl. BGH NJW-RR 2006, 1081 ff.). Der Abgabebeschluss des FamG im PKH - Prüfungsverfahren habe keine Bindungswirkung. Da beide Gerichte sich für unzuständig hielten, sei die Sache entsprechend §§ 36 Abs. 1 Nr. 6, 37 ZPO dem OLG Jena vorzulegen.
Das LG Meiningen hat weiter mit Beschluss vom 2.1.2008 das Verfahren dem OLG Jena zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
Der Bestimmung des zuständigen Gerichts in entsprechender Anwendung der §§ 36, 37 ZPO steht nicht entgegen, dass die Sache noch nicht rechtshängig ist, denn im Prozesskostenhilfeverfahren ist die Bestimmung des zuständigen Gerichts schon bei tatsächlicher beiderseitiger Kompetenzleugnung möglich (vgl. OLG Dresden MDR 2006, 211; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 36 Rz. 2).
Zuständig ist die Familienabteilung des AG Bad S.
Bis zur Neufassung des § 1361b BGB durch das Gewaltschutzgesetz v. 11.12.2001 (BGBl. I, 3513) war umstritten, ob und auf welcher Grundlage ein aus einem im gemeinsamen Miteigentum stehenden Haus freiwillig und in endgültiger Trennungsabsicht ausgezogener Ehegatte von dem nunmehr das Haus bewohnenden anderen Ehegatten eine Nutzungsvergütung verlangen konnte. Teilweise wurde die Grundlage im Gemeinschaftsrecht gesehen (§ 745 Abs. 2 BGB) als eine Neuregelung der Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums nach der Trennung. Teilweise wurde der Anspruch auf eine analoge Anwendung des § 1361b BGB gestützt, analog deshalb, weil § 1361b Abs. 2 BGB a.F. eine Vergütung nach Billigkeitsgesichtspunkten nur für den Fall vorsah, wenn ein Ehegatte nach Maßgabe eines (fiktiven) Wohnungszuweisungsverfahrens verpflichtet war, dem anderen die
Ehewohnung im gemeinsamen Haus teilweise oder insgesamt zur Benutzung zu überlassen (vgl. zum Meinungsstand OLG Dresden MDR 2006, 211).
Nach der Neufassung des § 1361b BGB durch das Gewaltschutzgesetz vom 11.12.2001 richtet sich der Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Zeit des Getrenntlebens der Parteien nach § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB, wobei es unerheblich ist, ob ein Ehegatte dem anderen die Nutzung der Wohnung überlassen musste oder freiwillig überlassen hat. Damit ist es für den Anspruch auf Nutzungsvergütung auch ohne Belang, ob die Voraussetzungen eines Härtefalls vorliegen (Palandt/Brudermüller, BGB, 64. Aufl., § 1361b BGB Rz. 20). § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB ist unstreitig auch auf Fälle anwendbar, in denen ein Ehegatte die in seinem Alleineigentum stehende Wohnung freiwillig dem anderen zur alleinigen Nutzung überlässt, unabhängig davon, ob diese Über...