Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Regelung bei nicht sach- und interessengerechtem Ergebnis bei Quotierung

 

Leitsatz (amtlich)

Ist eine Quotierung nicht sach- und interessengerecht, kann der Ausgleich auch nur bei einem der betroffenen Anrechte in voller Höhe durchgeführt werden. Dies insbesondere dann, wenn das eine Anrecht öffentlich-rechtlich, das andere nur privatrechtlich ist und insoweit auf den schuldrechtlichen Ausgleich zu verweisen wäre.

 

Normenkette

VAHRG § 1 Abs. 3, §§ 2, 3b Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Wernigerode (Urteil vom 09.05.2007; Aktenzeichen 11 F 284/06)

 

Tenor

1. Auf die befristete Beschwerde des Kommunalen Versorgungsverbandes Sachsen-Anhalt wird das Urteil des AG Wernigerode vom 9.5.2007 - 11 F 284/06 S, hinsichtlich der Regelung in Ziff. 3 der Entscheidungsformel zum Versorgungsausgleich abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Zu Lasten der Zusatzversorgung der Antragsgegnerin bei dem Kommunalen Versorgungsverband Sachsen-Anhalt, Zusatzversorgungskasse, Versicherungs-Nr.:..., werden, bezogen auf den 30.6.2006 als Ende der Ehezeit, in Entgeltpunkte umzurechnende Rentenanwartschaften i.H.v. 5,13 EUR monatlich auf dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland, Vers.-Nr.:..., begründet.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Durch Urteil vom 9.5. dieses Jahres (Bl. 21-26 d.A.) hat das AG Wernigerode die Ehe der Parteien geschieden und zugleich den Versorgungsausgleich mittels Renten-Splittings zugunsten des Ehemannes (Antragstellers) durchgeführt, auf dessen Rentenkonto bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland angleichungsdynamische Rentenanwartschaften i.H.v. 37,07 EUR übertragen wurden, und die Parteien im Übrigen, wegen des i.H.v. 3,71 EUR vorzunehmenden Ausgleichs der nichtangleichungsdynamischen Rentenanwartschaften, auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verwiesen.

Gegen die Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Kommunalen Versorgungsverbandes Sachsen-Anhalt (Bl. 66-67 UA-VA), der moniert, die Umrechnung der Anwartschaften aus der betrieblichen Zusatzversorgung der Ehefrau sei in Bezug auf den maßgeblichen Kapitalisierungsfaktor nach der Barwert-Verordnung nicht entsprechend dem Gesetz erfolgt und die Zusatzversorgungskasse als öffentlich-rechtliche Einrichtung sei fälschlicherweise als privatrechtlich organisierter Versorgungsträger beurteilt worden.

II. Die Beschwerde ist zulässig (1) und begründet (2).

1. Die gemäß den §§ 629a Abs. 2 Satz 1, 621e Abs. 1 ZPO i.V.m. § 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO statthafte befristete Beschwerde des Kommunalen Versorgungsverbandes Sachsen-Anhalt ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist auch im Übrigen zulässig.

Auf eine Mindestbeschwer kommt es, im Gegensatz zur Berufung, bei der befristeten Beschwerde nicht an, wie schon aus der fehlenden Bezugnahme auf § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO in § 621e Abs. 3 Satz 2 ZPO erhellt (vgl.: OLG Bamberg FamRZ 1998, 305; Philippi, in: Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 621e Rz. 22). Die Beschwerdebefugnis ist auch unabhängig von einer finanziellen Mehrbelastung des Beschwerde führenden Versorgungsträgers (BGH NJW 1981, 1274).

Dieser ist vielmehr allein auf Grund des seines Erachtens gesetzeswidrig durchgeführten Versorgungsausgleichs in seinem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Recht auf Gewährleistung einer gesetzeskonformen Verwaltung beeinträchtigt (s. dazu beispielhaft: Sedemund-Treiber, in: Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl. 2003, § 621e ZPO Rz. 9 m.w.N. nam. aus der Rechtsprechung) und damit gem. § 20 Abs. 1 FGG, welche Regelung über § 621a Abs. 1 Satz 1 ZPO Anwendung findet, zur Beschwerde berechtigt.

2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg, da bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs die der Ehefrau zustehende Zusatzversorgung beim Kommunalen Versorgungsverband Sachsen-Anhalt zum einen nicht zutreffend nach den Vorschriften der Barwertverordnung berechnet (a) und zum anderen auch nicht als Anrecht gegen einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger nach Maßgabe des § 1 Abs. 3 VAHRG erkannt worden ist (b).

Zwar ist in dem angefochtenen Urteil die Anfang Juni letzten Jahres in Kraft getretene Neufassung der Barwert-Verordnung und auch, wenngleich unter widersprüchlicher Annahme der Anwendbarkeit des § 2 Abs. 3 Satz 1 BarwertVO, die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 4 BarwertVO n.F. herangezogen worden, deren aktueller Erhöhungssatz von 50 % mit der nicht einschlägigen und an sich gem. § 2 Abs. 3 Satz 4 BarwertVO einen Erhöhungssatz von neuerdings 65 % statt vorher 80 % vorsehenden Tabelle 2 zu § 2 Abs. 3 Satz 1 BarwertVO verknüpft worden ist, während richtigerweise, ob der in Frage stehenden Versorgung nicht nur wegen Alters, sondern auch wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die Tabelle 1 nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BarwertVO mit einem Erhöhungssatz von 50 % nach Satz 4 der Vorschrift hätte Anwendung finden müssen.

Die Durchführung des Versorgungsaus...

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