Leitsatz (amtlich)
In einem der Feststellung von Baumängeln dienenden selbständigen Beweisverfahren richtet sich der Streitwert nicht nach der Schätzung der Antragsteller, sondern nach den Mängelbeseitigungskosten, die objektiv entstehen würden, wenn man die Behauptungen der Antragsschrift als zutreffend unterstellt.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Beschluss vom 17.03.2003; Aktenzeichen 4 OH 51/98) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Rechtsanwälte S., L. & Kollegen wird der Beschluss des LG Magdeburg vom 17.3.2003 unter Zurückweisung der weiter gehenden Beschwerde abgeändert:
Der Streitwert wird auf 35.000 Euro festgesetzt.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Das LG hat im angefochtenen Beschluss den Streitwert für das selbständige Beweisverfahren auf 21.591,57 Euro festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde, mit der darauf abgestellt wird, es sei auf den Gesamtumfang der behaupteten Mängel abzustellen. Dann aber habe sich das selbständige Beweisverfahren mit behaupteten Schäden im Umfang von 127.823,00 Euro auseinandergesetzt. Hierauf habe sich der Streitwert zu beziehen. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem OLG vorgelegt.
Der Senat hat bereits entschieden, dass sich der Streitwert eines selbständigen Beweisverfahrens nach dem Wert des Hauptverfahrens richtet, weil es dieses beweisrechtlich vorbereitet (OLG Naumburg, Beschl. v. 5.3.1999 – 7 W 8/99, MDR 1999, 1093; h.M.: OLG Naumburg v. 6.5.1999 – 6 W 22/99, OLGReport Naumburg 2000, 278; OLG Celle v. 26.7.1993 – 4 W 99/93, MDR 1993, 1019; OLG Dresden JurBüro 1998, 318; OLG München BauR 2003, 1595 ff.; OLG Düsseldorf BauR 2001, 1785 ff.; OLG Karlsruhe, OLGReport Karlsruhe 2001, 163; so auch Schneider/Herget, Streitwertkommentar für den Zivilprozess, 11. Aufl., Rz. 4024a m.w.N.).
Handelt es sich um ein selbständiges Beweisverfahren zur Feststellung behaupteter Baumängel, richtet sich der Streitwert nicht nach der Schätzung der Mängelbeseitigungskosten durch die Antragsteller gem. § 23 Abs. 1 GKG, sondern nach den tatsächlichen Mängelbeseitigungskosten, die der Sachverständige in seinem Gutachten angibt (OLG Naumburg, Beschl. v. 5.3.1999 – 7 W 8/99, MDR 1999, 1093; h.M.: OLG Naumburg v. 6.5.1999 – 6 W 22/99, OLGReport Naumburg 2000, 278; OLG München BauR 2003, 1595 ff. und BauR 2002, 523 f.; OLG Köln BauR 2002, 141).
Stellt der Sachverständige nur einen Teil der vom Antragsteller behaupteten Mängel fest oder lässt sie in den Verantwortungsbereich des Antragsgegners fallen, so ist gleichwohl der Streitwert nach den Mängelbeseitigungskosten zu bemessen, die objektiv entstehen würden, wenn man die Behauptungen der Antragsschrift als zutreffend unterstellt (OLG Naumburg v. 6.5.1999 – 6 W 22/99, OLGReport Naumburg 2000, 278; OLG Düsseldorf BauR 2001, 1785 ff.; OLG Frankfurt v. 1.12.2000 – 5 W 20/00, OLGReport Frankfurt 2001, 87).
Gegebenenfalls ist der Streitwert hinsichtlich der behaupteten, aber nicht festgestellten Mängel zu schätzen (OLG Dresden OLG-NL, 2002, 120). In besonderen Fällen kann darüber sogar Beweis erhoben werden, wobei § 26 GKG zu beachten sein dürfte (Thomas/Putzo, ZPO, 25. A., § 3 Rz. 3). Doch sollte dies die Ausnahme sein.
So liegt der Fall hier. Der Senat hat den im selbständigen Beweisverfahren tätig gewordenen Sachverständigen Sp. um eine solche Schätzung gebeten. Dieser hat mitgeteilt, dass der Streitwert auch unter Berücksichtigung aller behaupteten Mängel in der Größenordnung von 60.0000 DM angenommen werden könne. In Euro umgerechnet ergäbe dies einen Betrag von 30.677,51 Euro. Angesichts dessen, dass es sich bei diesen Angaben um Größenordnungsangaben handelt, setzt der Senat deshalb in Abänderung der angefochtenen Streitwertfestsetzung diesen auf 35.000 Euro fest. Das weiter gehende Beschwerdebegehren weist er zurück.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 25 Abs. 4 GKG).
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch ist zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rspr. eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ersichtlich (§ 574 ZPO).
Dr. Zettel Corcilius Ehm
Fundstellen
Haufe-Index 1109016 |
IBR 2003, 646 |
ZfBR 2004, 271 |
BauRB 2004, 9 |
OLG-NL 2005, 20 |
OLGR-NBL 2003, 549 |
www.judicialis.de 2003 |