Verfahrensgang
AG Dessau-Roßlau (Entscheidung vom 17.11.2011) |
GenStA Naumburg (Aktenzeichen 114 Ss 43/12) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Dessau-Roßlau vom 17. November 2011 im Ausspruch über die Tagessatzhöhe mit den Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an einen anderen Strafrichter des Amtsgerichts Dessau-Roßlau zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Dessau-Roßlau (11 Ds 694 Js 12571/11 - 341/11) hat den Angeklagten am 17. November 2011 wegen Diebstahls in Tateinheit mit Hausfriedensbruch zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 9 Euro verurteilt.
Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.
II.
Die (Sprung-)Revision, mit der der Angeklagte zulässigerweise nur die verhängte Rechtsfolge beanstandet, ist zulässig (§§ 335 Abs. 1, 341 Abs. 1, 344 f. StPO) und hat mit der Sachrüge in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang - jedenfalls vorläufig - Erfolg, weil das Urteil auf einer unrichtigen Anwendung des Gesetzes beruht (§ 337 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO.
Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen tragen die Festsetzung des Tagessatzes in Höhe von 9 Euro nicht.
Die Bemessung der Tagessatzhöhe ist ein Teil der Strafzumessung. Sie kann deshalb durch das Revisionsgericht nur in beschränktem Umfang nachgeprüft werden. Der Tatrichter hat einen weiten Beurteilungsspielraum, der es ihm gestattet, seine eigene Wertung dergestalt zur Geltung zu bringen, dass sie neben anderen abweichenden Meinungen, auch der des Revisionsgerichts als gleich richtig zu bestehen vermag und bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen ist (BGHSt 27, 228, 230; OLG Dresden, Urteil vom 03. Juli 2009, 2 Ss 163/09). Die Urteilsgründe müssen jedoch eine Ermessensüberprüfung ermöglichen. Diese Prüfung des Revisionsgerichts ist darauf beschränkt, ob die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters ausreichend festgestellt und in rechtsfehlerfreier Weise berücksichtigt worden sind (BGH a.a.O.; OLG Dresden a.a.O.).
Vorliegend lassen die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten eine Prüfung der Tagessatzhöhe durch den Senat nicht zu und zudem Ermessensfehler erkennen.
Vor allem die Ausführungen des Amtsgerichts - da aus anderen Gerichtsverfahren bekannt sei, dass, auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung der Kammer des Landgerichts Dessau-Roßlau, bei in Deutschland lebenden, geduldeten Ausländern regelmäßig von einem Tagessatz in Höhe von 9 Euro unter Berücksichtigung sämtlicher ihnen zur Verfügung stehenden Leistungen ausgegangen und deshalb das Einkommen des Angeklagten auch insoweit geschätzt und ein Tagessatz mit 9 Euro als angemessen festgesetzt werde (UA 4) - lassen eine pauschale, den Umständen des Einzelfalles nicht gerecht werdende Betrachtungsweise besorgen.
Gemäß § 40 Abs. 2 StGB bestimmt das Gericht die Höhe eines Tagessatzes unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters. Dabei geht es in der Regel von dem Nettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte. Grundlage ist dabei das Nettoeinkommen als Saldo der anzurechnenden Einkünfte und der abziehbaren Belastungen (vgl. Fischer, 59. Aufl., § 40 Rn. 6a). Bei den Einkünften ist alles einzubeziehen, was dem Täter an Einkünften zufließt und wirtschaftlich gesehen, seine Leistungsfähigkeit und seinen Lebenszuschnitt bestimmt (OLG Dresden, Urteil vom 03. Juli 2009, 2 Ss 163/09; Fischer, a.a.O., § 40 Rn. 7).
Vorliegend hat das Amtsgericht die zum Zeitpunkt der Entscheidung erfolgten Leistungen in Höhe von 180 Euro und die Hälfte der durch das Sozialamt getragenen Mietkosten in Höhe von 180 Euro als das dem Angeklagten zur Verfügung stehende Einkommen berücksichtigt und somit insgesamt 270 Euro in Ansatz gebracht.
Dabei lässt sich den Feststellungen des Amtsgerichts bereits nicht entnehmen, ob es sich bei den an den Angeklagten gezahlten Leistungen, um solche nach § 3 AsylbLG handelt oder um Leistungen nach § 2 AsylbLG, die an Leistungsberechtigte ausgezahlt werden, die über eine Dauer von 48 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten und die Dauer ihres Aufenthaltes nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst haben.
Die Höhe der festgestellten, an den Angeklagten gezahlten Leistungen lässt vermuten, dass es sich hierbei um solche nach § 3 Abs. 2 AsylbLG handelt. Weshalb dann jedoch die dem Angeklagten zudem gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 AsylbLG weiterhin zustehende Leistung (sogenannter Taschengeldanteil) nicht in Ansatz gebracht wurde, lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen.
Das Amtsgericht wird deshalb zunächst aufzuklären haben, nach welcher Vorschrift dem Angeklagten Leistungen gewährt werden,...