Leitsatz (amtlich)

Ein zweigleisiger Versorgungsausgleich gem. § 3 Abs. 1 Nr. 4 VAÜG findet wegen der aus Gründen der Verhältnismäßigkeit der Rechtsanwendung verfassungskonform gebotenen teleologischen Reduktion der Vorschrift dann nicht statt, wenn der an sich im Falle des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b VAÜG zusätzlich neben dem Ausgleich der angleichungsdynamischen Rentenanwartschaften durchzuführende Ausgleich der nichtangleichungsdynamischen Anrechte sich auf einen ökonomisch wie rechtlich nicht ins Gewicht fallenden Bagatellbetrag (hier: 0,03 Euro) bezieht, dessen eigenständige Berücksichtigung außer Verhältnis zu dem damit verbundenen Aufwand steht.

 

Verfahrensgang

AG Halberstadt (Urteil vom 08.01.2002; Aktenzeichen 8 F 231/02)

 

Tenor

1. Auf die befristete Beschwerde des Kommunalen Versorgungsverbandes Sachsen-Anhalt und von Amts wegen wird das Urteil des AG Halberstadt vom 8.1.2003, Az.: 8 F 231/02, hinsichtlich der Regelung zum Versorgungsausgleich in Ziff. 2 und 3 der Entscheidungsformel abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

a) Von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Vers.-Nr.: ..., werden angleichungsdynamische Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 142,50 Euro, bezogen auf den 31.5.2002 als Ende der Ehezeit, auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Vers.-Nr.: ..., übertragen.

b) Der Monatsbetrag der übertragenen Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Durch Urteil vom 8.1.2003 (Bl. 30-35 d.A.) hat das AG Haldensleben die Ehe der Parteien geschieden und zugleich den Versorgungsausgleich zugunsten der Ehefrau (Antragstellerin) dergestalt geregelt, dass, jeweils bezogen auf den 31.5.2002 als Ende der Ehezeit i.S.d. § 1587 Abs. 2 BGB, einmal mittels Splittings gem. § 1587b Abs. 1 BGB (i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG) von dem Versicherungskonto des Ehemannes (Antragsgegners) bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) auf das ebenfalls dort geführte Versicherungskonto der Ehefrau angleichungsdynamische Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 142,49 Euro übertragen und dort zugleich zu Lasten der betrieblichen Zusatzversorgung des Ehemannes bei dem Kommunalen Versorgungsverband Sachsen-Anhalt (KVV) durch analoges Quasi-Splitting gem. § 1 Abs. 3 VAHRG i.V.m. § 1587b Abs. 2 BGB Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 1,33 Euro begründet wurden.

Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich richtet sich, in formeller Hinsicht bedenkenfrei, die Beschwerde des KVV (Bl. 68/69 UA-VA), der moniert, dass ungeachtet der seinerseits bereits anteilig für die Ehezeit erteilten Auskunft zu einer betrieblichen Anwartschaft des Ehemannes i.H.v. 53,57 Euro monatlich (Bl. 37-44 UA-VA) nochmals seitens des AG eine anteilige Berechnung für die Ehezeit vorgenommen worden sei.

II. Die Beschwerde des KVV ist zulässig (1) und auch in der Sache begründet (2).

1. Die gem. § 629a Abs. 2 S. 1 ZPO i.V.m. den §§ 621e Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO statthafte befristete Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist auch i.Ü. zulässig.

Auf eine etwaige - hier nicht erreichte - Mindestbeschwer kommt es, im Gegensatz zur Berufung, bei der befristeten Beschwerde nicht an, wie schon, auch nach dem novellierten Verfahrensrecht ab Anfang letzten Jahres, aus der fehlenden Bezugnahme auf § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO in § 621e Abs. 3 S. 2 ZPO erhellt (OLG Bamberg v. 15.10.1996 - 7 UF 108/96, FamRZ 1998, 305; Philippi in Zöller, ZPO, 23. Aufl., 2002, § 621e Rz. 22; a.A. in Bezug auf das Rechtsschutzbedürfnis minimaler Korrekturen erstrebender Beschwerden OLG München v. 17.9.1981 - 4 UF 175/81, FamRZ 1982, 187 und OLG Dresden v. 19.1.1996 - 11 UF 402/95, FamRZ 1996, 742). Die Beschwerdebefugnis ist auch unabhängig von einer finanziellen Mehrbelastung des Beschwerde führenden Versorgungsträgers (BGH v. 12.11.1980 - IVb ZB 712/80, NJW 1981, 1274).

Der KVV ist vielmehr allein auf Grund des nach seinem Vortrag gesetzeswidrig durchgeführten Versorgungsausgleichs in seinem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Recht auf Gewährleistung einer gesetzeskonformen Verwaltung beeinträchtigt (s. dazu beispielhaft Sedemund/Treiber in Johannsen/Henrich, Eherecht, ZPO, 3. Aufl., 1998, § 621e Rz. 9, m.w.N. nam. aus der Rspr.) und damit gem. § 20 Abs. 1 FGG, welche Regelung über § 621a Abs. 1 S. 1 ZPO Anwendung findet, zur Beschwerde berechtigt.

2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg,

a) Das AG hat in mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft, noch dazu ohne nachvollziehbare Subsumtion oder Angabe einer gesetzlichen Grundlage, die betrieblichen Zusatzversorgungen beider Parteien berechnet, sodass über das Beschwerdevorbringen hinaus zugleich von Amts und - im Hinblick auf die zwischenzeitlich rückwirkend ab Beginn dieses Jahres geänderte Barwert-Verordnung - auch von Gesetzes wegen eine Kor...

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