Leitsatz (amtlich)

Tritt der Anfall der Erbschaft an ein minderjähriges Kind infolge der Erbausschlagung eines zu diesem Zeitpunkt nicht sorgeberechtigten und damit nicht vertretungsberechtigten Elternteils ein, bedarf die Erbausschlagung für das Kind durch den allein sorgeberechtigten Elternteil auch dann der familiengerichtlichen Genehmigung, wenn der nicht sorgeberechtigte Elternteil nachträglich (hier durch Heirat mit der Kindesmutter) sorgeberechtigt und damit vertretungsberechtigt wird. § 1643 Abs. 2 BGB greift nur dann ein, wenn der ausschlagende Elternteil bereits im Zeitpunkt der Erbausschlagung für sich zur Vertretung des Kindes berechtigt war.

 

Verfahrensgang

AG Gardelegen (Beschluss vom 06.03.2014; Aktenzeichen 5 F 267/12)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des AG -Familiengerichts- Gardelegen vom 6.3.2014 (Az.: 5 F 267/12) wird aus den beanstandungsfreien Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, zurückgewiesen.

 

Gründe

Hierzu sieht sich der Senat jedoch zu folgender Anmerkung veranlasst:

Gemäß §§ 1643 Abs. 2 Satz 1 BGB, 1822 Nr. 2 BGB bedürfen Eltern, die nicht Erbe geworden sind, für eine Erbausschlagung im Namen ihres Kindes der Genehmigung des Familiengerichts. Hiervon macht § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB für den Fall eine Ausnahme, dass der Anfall an das Kind erst infolge der Ausschlagung eines Elternteils eintritt, der das Kind allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil vertritt. In diesen Fällen ist die Genehmigung nur erforderlich, wenn der Elternteil neben dem Kind zur Erbfolge berufen war. Die Genehmigungsfreiheit der Ausschlagung setzt dabei voraus, dass der Anfall der Erbschaft auf der Ausschlagung eines vertretungsberechtigten Elternteils beruht (Ivo, ZEV 2002, 309, 311; Staudinger/Engler, § 1643 BGB Rz. 42). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 1643 Abs. 2 BGB.

In dem hier vorliegenden Fall der "Vorab-"Ausschlagung durch den Kindesvater hat die alleinsorgeberechtigte Kindesmutter, die nicht zugleich Erbin geworden ist, für das Kind am 1.6.2012 die Ausschlagung erklärt, so dass es zwingend einer familiengerichtlichen Genehmigung bedurfte.

Daran ändert auch nichts, dass die Kindeseltern am 23.9.2013 geheiratet haben. Denn der ausschlagende Kindesvater muss bereits im Zeitpunkt seiner Ausschlagung zur Vertretung des Kindes berechtigt sein (Ivo, ZEV, a.a.O.,; Staudinger/Engler a. aO.). Wird die Ausschlagung durch ein nicht vertretungsberechtigtes Elternteil erklärt, so tritt der Anfall nach § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB eben nicht aufgrund der Ausschlagung durch ein vertretungsberechtigtes Elternteil ein. Durch Abgabe einer gemeinsamen Sorgeerklärung vor Ausschlagung durch den Kindesvater hätte dieser die genehmigungsfreie Ausschlagung für das Kind miterklären können, so dass es keiner familiengerichtlichen Genehmigung bedurft hätte.

Auch inhaltlich ist die versagte Genehmigung nicht zu beanstanden. Es mag sein, dass durch aufgelaufene Restzinsen bis zum Erbfall und durch die Beerdigungskosten von 5.000 EUR der Nachlass weiter geschmälert wurde. Demgegenüber sind 2 gemeinschaftliche Bauspartguthaben vorhanden gewesen, die mit jeweils gerundet 2.970 EUR zum Erbfall valutierten und aus denen zumindest die Hälfte in den Nachlass fällt. Sofern die den Nachlass übernehmende Ehefrau den Wert der nach dem Tode an sie ausgekehrten Rentenversicherung als ausdrücklich namentlich eingesetzte Begünstigte und nicht als Erbin empfangen haben sollte (insoweit erfolgte kein Nachweis), fällt dieser Wert nicht in den Nachlass sondern löst allenfalls Ergänzungsansprüche zum Pflichtteil aus. Verbindlichkeiten, die ansonsten für den Erblasser zu entrichten gewesen wären, sind nicht nachgewiesen. Geschäftsanteile von 500 EUR und der verbliebene Firmenwert, der sich gerade nicht nur auf das steuerrechtlich zu bewertende Anlagevermögen reduzieren lässt - hier mit angegebenen 1.307 EUR Erwerbsgeschäft und 500 EUR Lkw - sind dem ferner hinzuzurechnen.

Konkrete Gründe, aus denen sich die fehlende bzw. reduzierte Werthaltigkeit des Nachlasses, hier des Hausgrundstücks in seiner ideellen Hälfte zum Erbfallzeitpunkt, ergeben könnte, sind demgegenüber nicht ersichtlich.

Die Beschwerdeführerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens bei einem Beschwerdewert von 6.000 EUR zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 84 FamFG, Nr. 1314 des Kostenverzeichnisses nach Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 FamGKG).

Ein Rechtsmittel wird nicht zugelassen (§ 70 FamFG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 7610460

FamRZ 2015, 943

MittBayNot 2015, 419

ZAP 2015, 357

ZEV 2015, 182

ErbR 2015, 338

NotBZ 2015, 235

NotBZ 2015, 397

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