Leitsatz (amtlich)
Mit einem aus dem 19. Jahrhundert datierenden Flurbuch, das das verfahrensgegenständliche Flurstück als öffentliches Gewässer ausweist, und mit der darauf fußenden Behauptung, dass örtliche öffentliche Gewässer als grundbuchfreie Flächen seit jeher im Eigentum der örtlichen Gemeinde standen, ist kein Unrichtigkeitsnachweis gemäß § 22 GBO geführt. Hinzukommen muss zumindest die Vorlage formgerechter Unterlagen, mit denen die nicht ganz entfernte Möglichkeit eines anderen Eigentümers ausgeschlossen werden kann (im vorliegenden Fall ein früheres Rittergut oder eine in Sachsen Anhalt und auch in der betreffenden Kommune fortbestehende Gemeinschaft von Separationsinteressenten).
Normenkette
GBO § 22
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oschersleben - Grundbuchamt - vom 9. September 2016 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Gebührenstreitwert für das Beschwerdeverfahren beträgt 4.120,00 EUR.
Gründe
I. Im Grundbuch von W. Blatt ... sind die Flurstücke 6 und140/15 der Flur 1, die Flurstücke 14, 24, 105/21 und 106/21 der Flur 3 sowie die Flurstücke 109 und 121 der Flur 5 der Gemarkung W. verzeichnet. Ursprünglich waren sie in dem am 20. September 1865 angelegten Flurbuch als "öffentliche Gewässer" vermerkt. Erstmals im Jahr 1942 ist im Liegenschaftsbuch zu Artikel 261 "nicht ermittelte Eigentümer" vermerkt. Bei Anlegung des Grundbuches wurde am 28. Oktober 1987 in Abteilung 1 als Eigentümer "Nicht ermittelte Eigentümer" eingetragen. Mit Bestallungsurkunde vom 15. Oktober 2014 bestellte der Landkreis B. den Beteiligten zu 2) zum gesetzlichen Vertreter für den (unbekannten) Eigentümer des vorbezeichneten Grundbesitzes.
Der Antrag der durch den Bürgermeister der Beteiligten zu 1) vertretenen Separationsinteressenten W. auf Durchführung eines Aufgebotsverfahren mit Schreiben vom 27. Februar 2014 wegen der verfahrensgegenständlichen Grundstücke wurde letztlich mit Beschluss vom 19. März 2015 (Geschäftszeichen 3a II 12/14) durch das Amtsgericht Oschersleben zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde durch den Senat mit Beschluss vom 18. August 2017 (Geschäftszeichen 12 Wx 8/17) zurückgewiesen.
Unter dem 11. Mai 2015 stellte die Beteiligte zu 1) Antrag auf Berichtigung des Grundbuches nach § 22 GBO wegen offensichtlicher Unrichtigkeit und führte zur Begründung aus, dass sie als Rechtsnachfolger der ehemals selbstständigen Gemeinde W. nachweislich seit etwa 100 bis 137 Jahren Eigentümer aller im Grundbuch Blatt ... eingetragenen Flurstücke sei. Die Anlegung des Grundbuchblattes 261 am 28. Oktober 1987 mit dem eingetragenen Eigentümer "nicht ermittelte Eigentümer" sei ohne Rechtsgrundlage und ohne Beachtung aller damals und heute geltenden Rechtsvorschriften erfolgt und daher nichtig. Weder im Grundbuchamt Oschersleben noch im Grundbucharchiv in Barby noch im Landesamt für Vermessung und Geoinformation hätten auf Nachfragen Grundakten vorgelegt werden können, die jene Eintragung begründet hätten. Sie weise das Eigentum insofern nach, als es sich bei allen Grundstücken um öffentliche Gewässer handele. Der Nachweis sei durch Vorlage des am 20. September 1865 angelegten Flurbuchs, des Auszugs aus dem Liegenschaftsbuch von W., angelegt 1942, sowie durch die Darstellung der Flurstücksentwicklung des Landesamtes für Vermessung und Geoinformationen vom 11. Juli 2013 erfolgt. Eigentumsansprüche privater Dritter seien somit nachweislich ausgeschlossen. Hilfsweise werde die Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch beantragt.
Mit Beschluss vom 9. September 2016 wies das Amtsgericht Oschersleben den Antrag der Beteiligten zu 1) mit der Begründung zurück, dass bei der Anlegung des Grundbuchs die damals buchungsfreien Grundstücke durch die Umstellung des DDR-Katasters auf "Colido" hätten angelegt werden müssen. Da kein zweifelsfreier Nachweis des Eigentums vorgelegen habe, sei als Eigentümer "nicht ermittelte Eigentümer" eingetragen worden und auch in das elektronische Grundbuch so übernommen worden. Nur so sei es möglich gewesen, dass es keine buchungsfreien Grundstücke mehr gegeben habe. Zum damaligen Zeitpunkt sei keine andere Eintragung möglich gewesen. Infolge der Eintragung "nicht ermittelte Eigentümer" sei kein wahrer Eigentümer nachweisbar. Der Nachweis zur Eintragung als Eigentümer sei jedoch nicht dadurch erbracht, dass es sich um öffentliche Gewässer handele. Da das Grundbuchamt keine gesetzlichen Vorschriften verletzt habe, könne die Eintragung eines Amtswiderspruchs ebenfalls nicht erfolgen.
Hiergegen hat die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz vom 19. Februar 2018 Beschwerde bei dem Oberlandesgericht Naumburg eingelegt mit dem Ziel, dass sie anstelle von "nicht ermittelte Eigentümer" als Eigentümerin eingetragen wird. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass das Verfahren "Colido" die Rechtsauffassung des Grundbuchamts nicht begründen könne, denn damit seien die Bestände des Flurbuches in das System "Colido" übertragen worden, ohne dass Grundbücher hieran bet...