Leitsatz (amtlich)
1. Auch wenn eine General- und Vorsorgevollmacht die Befugnis zur Übertragung von Grundbesitz umfasst, bewirkt eine Einschränkung, wonach Schenkungen lediglich in dem Rahmen vorgenommen werden dürfen, der einem Betreuer rechtlich gestattet ist, dass auch für die Auflassung dem Schenkungsverbot aus §§ 1908i Abs. 2 Satz 1, 1804 Satz 2 BGB gilt.
2. Den Umfang der Vollmacht hat das Grundbuchamt vor dem Vollzug einer Eintragung, die von einem Bevollmächtigten bewilligt worden ist, selbständig zu prüfen.
Tenor
Die Beschwerden des Beteiligten zu 10. gegen die Zwischenverfügungen des Amtsgerichts Oschersleben - Grundbuchamt - vom 9. Oktober 2015 und 2. Dezember 2015 werden zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 10. hat die Kosten der Beschwerdeverfahren zu tragen.
Der Gegenstandswert der Beschwerdeverfahren wird auf jeweils 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Als Alleineigentümerin der oben genannten Grundstücke ist die am 11. August 1999 verstorbene M. S. im Grundbuch eingetragen. Diese war Vorerbin ihres am 3. September 1938 verstorbenen Vaters F. S. . Nach dem vorliegenden Erbschein des Amtsgerichts Oschersleben vom 14. Juli 2015 (Geschäfts-Nr.: 7 a VI 144/15) wurde diese nach dem Tod seiner Vorerbin von E. H., C. K., F. St. zu je 1/4 und von D. B., Edgar Robert B., I. B. und E. B. zu je 1/16 beerbt.
F. St. verstarb am 31. Mai 2008 und wurde gemäß Erbschein des Amtsgerichts Oschersleben vom 26. August 2008 (Geschäfts-Nr.: 7 a VI 186/08) von W. St. zu 1/2 und B. G., A. St., D. St. und U. St. zu je 1/8 beerbt.
W. St. verstarb am 22. Mai 2009 und wurde gemäß Erbschein des Amtsgerichts Oschersleben vom 26. Juni 2009 (Geschäfts-Nr.: 7 a VI 159/09) von B. G., A. St., D. St. und U. St. zu je 1/4 beerbt.
A. St. verstarb am 13. Oktober 2010 und wurde gemäß Erbschein des Amtsgerichts Oschersleben vom 24. November 2010 (Geschäfts-Nr.: 7 a VI 298/10) von B. G., U. St. und D. St. zu 1/3 beerbt.
Die Beteiligte zu 8. - M. H. - erteilte mit notarieller Urkunde des Notars Dr. A. Bn. (UR-Nr.: 0437/2015) vom 2. März 2015 ihrer Tochter H. W. eine General- und Vorsorgevollmacht. Darin beauftragte sie diese zu ihrer gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung unter Befreiung von der Vorschrift des § 181 BGB. Untervollmacht durfte für einzelne Angelegenheiten erteilt werden, aber nicht vollständig. Weiter heißt es in der notariellen Urkunde u.a.:
"1. Mein Bevollmächtigter soll unbeschränkt berechtigt sein, jede Rechtshandlung, die ich selbst vornehmen könnte und bei welcher Stellvertretung gesetzlich zugelassen ist, für mich und in meinem Namen mit rechtsverbindlicher Kraft vorzunehmen.
...
Die Vollmacht bevollmächtigt den Bevollmächtigten dann zu allen Erklärungen und Handlungen, zu denen ein Betreuer mit oder ohne Genehmigung des Betreuungsgerichts befugt wäre, insbesondere,
a) zu meiner gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung,
...
3. Befreiung von den einengenden Vorschriften des § 181 BGB wird erteilt.
...
Dieser Vollmacht liegt ein Auftragsverhältnis nach den Vorschriften des BGB zugrunde. Daher darf der Bevollmächtigte Vermögensverfügungen nur und ausschließlich zum Wohl und Interesse des Vollmachtgebers treffen.
Im Übrigen weise ich den Bevollmächtigten an, von dieser Vollmacht nur Gebrauch zu machen, wenn
a) ich geschäftsunfähig sein sollte oder aus anderen Gründen meinen Willen nicht äußern kann, oder
b) für mich andernfalls eine Betreuung angeordnet werden müsste, oder
c) ich das vorher wünsche ..."
Mit notariellem Vertrag des Verfahrensbevollmächtigten vom 04. August 2015 (UR-Nr.: 1137/2015) veräußerten die Beteiligten zu 1. bis 9. die oben genannten Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 12.770 m2 zu einem Kaufpreis von 18.629,60 Euro an den Beteiligten zu 10. Darauf hat der Verfahrensbevollmächtigte mit Schreiben vom 10. September 2015 beim Amtsgericht Oschersleben - Grundbuchamt - nach § 15 GBO die Eintragung einer Auflassungsvormerkung in das jeweilige Grundbuch beantragt.
Mit Zwischenverfügung vom 9. Oktober 2015 wies die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes den Verfahrensbevollmächtigten darauf hin, dass der beantragten Eintragung ein Hindernis entgegenstehe und zu dessen formgerechter Behebung nach § 18 GBO eine Frist von einem Monat bestimmt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Prüfung der Vollmacht der Frau H. ergeben habe, dass diese nicht uneingeschränkt erteilt worden sei. Zwar liege eine Generalvollmacht vor, auf S. 2 der Vollmachtsurkunde sei jedoch eine Einschränkung erfolgt, wonach die Bevollmächtigte zu allen Handlungen und Erklärungen ermächtigt sei, die ein Betreuer vornehmen dürfe. Danach gelte hier auch das Schenkungsverbot nach § 1804 BGB. Schenkungen und insoweit auch gegebenenfalls gemischte Schenkungen oder teilweise Schenkungen wären somit unwirksam. Es bedürfe daher im vorliegenden Fall der Vorlage einer privatschriftlichen Erklärung des Bevollmächtigten über die Entgeltlichkeit der hier erfolgten Veräußerung. daraus müsse sich ergeben, wie sich der Kaufpreis zusammensetze, wie hoch der Verkeh...