Verfahrensgang

LG Stendal (Entscheidung vom 20.10.2017; Aktenzeichen 509 StVK 469/15)

 

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der Strafkammer 9 des Landgerichts Stendal als kleine Strafvollstreckungskammer vom 20. Oktober 2017 (509 StVK 469/15) aufgehoben und der Antrag des Antragstellers vom 10. Februar 2016, festzustellen, dass die am 28. August 2015 durch die Antragsgegnerin erfolgte Ablehnung seines Antrag auf Senkung der Telefonkosten vom 25. Februar 2013 rechtswidrig gewesen sei und ihn in seinen Rechten verletzt habe, als unzulässig verworfen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens sowie seine notwendigen Auslagen.

3. Der Gegenstandswert wird auf 2.000,00 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Mit Bescheid vom 28.08.2015 lehnte die Antragsgegnerin einen auf Senkung der Telefonkosten gerichteten Antrag des Antragstellers vom 25.02.2013 ab, woraufhin dieser zunächst einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellte, mit dem Ziel, den Bescheid vom 28.08.2015 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm das Telefonieren zu marktüblichen Preisen zu ermöglichen, hilfsweise, den Antrag vom 25.02.2013 erneut zu bescheiden.

Nachdem der Antragsteller dann am 27.01.2016 aus der Haft entlassen worden war, beantragte er mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 10.02.2016 die Feststellung, dass der Bescheid der Antragsgegnerin vom 28.08.2015 rechtswidrig gewesen sei und ihn in seinen Rechten verletzt habe. Das nach § 115 Abs. 3 StVollzG erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass er beabsichtige, die Überzahlungen zivilrechtlich zurückzufordern; diesbezüglich sei auch schon ein zivilrechtliches Verfahren anhängig.

Daraufhin gab die Kammer mit Beschluss vom 24.06.2017 ein Sachverständigengutachten zur Marktüblichkeit der im Zeitraum 01.05.2015 bis 27.01.2016 erhobenen Telefonkosten in Auftrag, wofür über 15.000,00 € an Kosten anfielen. In seinem Gutachten vom 25.01.2017 gelangte der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Telefonkosten nicht marktüblich gewesen seien.

Mit Beschluss vom 20.10.2017 stellte die Kammer schließlich fest, dass der Bescheid der Antragsgegnerin vom 28.08.2015 rechtswidrig gewesen sei und den Antragsteller in seinem Rechten verletzt habe. Gegen diese, ihr am 23.10.2017 zugestellte Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin vom 20.11.2017, welche noch am selben Tage beim Landgericht Stendal einging.

II.

Die nach § 118 Abs. 1und 2 StVollzG form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil es geboten ist, die Nachprüfung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§§ 166 Nr. 3 JVollzG LSA, 116 Abs. 1 StVollzG). Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg (§§ 166 Nr. 3 JVollzG LSA, 119 Abs. 4 S. 1 und 2 StVollzG), denn der Fortsetzungsfeststellungsantrag des Antragstellers vom 10.02.2016 ist unzulässig.

Insoweit hält der Senat an seiner bereits im Beschluss vom 14.06.2016, 1 Ws (RB) 24/17) vertretenen Rechtsauffassung fest, wonach die beabsichtigte Vorbereitung eines Amtshaftungs- oder Schadensersatzanspruches kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse i.S.d. § 115 Abs. 3 StVollzG begründet. Es mag ja sein, dass das Zivilgericht an eine im Verfahren nach § 109 ff StVollzG erfolgte Feststellung der Rechtswidrigkeit gebunden ist (so BGH, StV 2005, 343 und OLG Celle, ZfStrVo 2004, 55 ff). Ein Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit im Verfahren nach § 109 ff StVollzG durch Umstellung des Antrags ergibt sich hieraus aber nicht (OLG Nürnberg, Beschl. v. 22.11.2012, 2 Ws 633/12, Rn. 13, zitiert nach juris). Wie der Senat bereits in seiner Grundsatzentscheidung zur Gefangenentelefonie vom 22.04.2016 1 Ws (RB) 123/15 -entschieden hat, sind Schadensersatzansprüche von Strafgefangenen gem. Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB nämlich auch dann, wenn diesen ein vollzugliches Verhalten zugrunde liegt, allein im Zivilrechtsweg zu verfolgen (vgl. OLG Hamm, StV 1989, 543 ff; OLG Bremen, Beschl. v. 21.09.1995, Ws 12/95, OLG Frankfurt, Beschl. v. 09.12.2004, 3 Ws 1055-1058/04, Rn. 21 ff; LG Berlin, STV 1989, 164; Arloth, StVollzG, 3. Aufl., § 109, Rn. 2; Kamann/Spaniol in: Fest Lesting, StVollzG, § 109, Rn. 11; § 115, Rn. 68; Schuler/Laubenthal in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 5. Aufl., § 109, Rn. 5, 6; § 115, Rn. 16), was auch nicht dadurch umgangen werden kann, dass man einen Schadensersatzanspruch in das Gewand eines Folgenbeseitigungsanspruchs nach § 115 Abs. 2 StVollzG kleidet (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 09.12.2004, 3 Ws 1055-1058/04, Rn. 23; Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 13.11.2008, 2 Ws (Vollz) 194/08, Rn. 15; jeweils zitiert nach juris). Dementsprechend ist es auch nicht zulässig, einen allein im Zivilrechtsweg zu verfolgenden Amtshaftungs- oder Schadensersatzanspruch im Verfahren nach § 109 ff StVollzG vorzubereiten (so i.E. zu § 115 Abs. 3 StVollzG auch OLG Nürnberg, Beschl. v. 22.11.2012, 2 Ws 633/12, Rn. 13 und OLG Karls...

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