Leitsatz (amtlich)
Der Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens muss den Hauptprozess nicht bei dem Gericht des selbständigen Beweisverfahrens erheben. Er kann unter mehreren in Betracht kommenden Gerichtsständen einen anderen zulässigen Gerichtsstand wählen.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Beschluss vom 13.11.2014; Aktenzeichen 6 OH 12/12) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des LG Halle vom 13.11.2014 aufgehoben.
Die Antragsgegner tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 1.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Unter dem 3.8.2012 leiteten die Antragsteller gegen die Antragsgegnerinnen vor dem AG Weißenfels ein selbständiges Beweisverfahren (1 H 4/12) wegen Mängeln des von ihnen erworbenen Wohnhauses in G. ein. Durch Beschluss vom 9.10.2012 erklärte sich das AG Weißenfels für sachlich unzuständig und verwies das Verfahren auf Antrag der Antragsteller und mit Zustimmung der Antragsgegnerinnen an das LG Halle (6 OH 12/12). Dieses führte das selbständige Beweisverfahren durch und setzte den Gebührenstreitwert schließlich durch Beschluss vom 3.2.2014 auf 6.000,00 EUR fest.
Mit Schriftsätzen vom 23.7.2014 und vom 13.8.2014 beantragten die Antragsgegnerinnen jeweils, gegenüber den Antragstellern anzuordnen, binnen einer Frist von drei Wochen Klage zu erheben, und nach Ablauf der Frist auszusprechen, dass die Antragsteller die der Antragsgegnerseite entstandenen Kosten zu tragen haben. Nachdem den Antragstellern rechtliches Gehör gewährt worden war, ordnete das LG mit Beschluss vom 30.9.2014 an, dass die Antragsteller binnen vier Wochen Klage zu erheben haben.
Unter dem 13.11.2014 beschloss das LG Halle, dass die Antragsteller die den Antragsgegnerinnen im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten zu tragen haben. Hiergegen erhoben die Antragsteller mit einem am 20.11.2014 bei dem LG Halle eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde mit der Begründung, dass sie mit Schriftsatz vom 22.9.2014 Klage bei dem AG Weißenfels eingereicht hätten. Der Schriftsatz sei dort am 24.9.2014 eingegangen.
Das LG Halle half der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 11.12.2014 nicht ab und legte das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor mit der Begründung, dass es den Antragstellern wegen § 486 Abs. 2 ZPO verwehrt sei, durch Erhebung der Klage vor dem AG sinngemäß die Unzuständigkeit des vor dem LG Halle betriebenen selbständigen Beweisverfahrens zu rügen. Da Klage bei dem LG Halle in der gesetzten Frist nicht erhoben worden sei, sei die Kostenentscheidung zu treffen gewesen.
II. Die gemäß §§ 494a Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Die Antragsteller haben die den Gegnerinnen im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten nicht gemäß § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO zu tragen, da sie innerhalb der von dem LG mit Beschluss vom 30.9.2014 gesetzten vierwöchigen Frist bei dem AG Weißenfels Klage in Gestalt einer Zahlungsklage wegen eines Mangels des Fußbodens erhoben haben. Die Frist lief bis zum 7.11.2014, nachdem der Beschluss am 10.10.2014 an den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller zugestellt worden war. Klagerhebung erfolgte jedenfalls mit Eingang der Klageschrift bei den beiden Verfahrensbevollmächtigten der Verfahrensgegnerinnen am 27. bzw. 29.10.2014, also vor Fristablauf.
Die Frist ist auch nicht deshalb versäumt worden, weil die Klage nicht zu dem LG Halle erhoben worden ist, vor dem das selbständige Beweisverfahren geführt worden war. Entgegen der Ansicht des LG war es im Rahmen des § 494a ZPO den Antragstellern nicht verwehrt, Klage vor dem AG Weißenfels zu erheben.
Zwar sind die Antragsteller - nach ursprünglicher Anrufung des AG - jedenfalls während des laufenden selbständigen Beweisverfahrens der Ansicht gewesen, dieses Verfahren bei dem Gericht zu betreiben, das nach ihrer damaligen Einschätzung zur Entscheidung in der Hauptsache berufen gewesen wäre, also bei dem LG Halle. Daraus folgt indessen keine so weitgehende Bindungswirkung, dass die Antragsteller jedes nachfolgende Streitverfahren in derselben Sache zwingend beim LG Halle anhängig machen müssten. Das ergibt sich schon aus dem Gesetzeswortlaut des § 486 Abs. 2 Satz 2 ZPO, in dem für das nachfolgende Streitverfahren lediglich geregelt ist, dass sich ein Antragsteller nicht auf die Unzuständigkeit des von ihm im selbständigen Beweisverfahren angerufenen Gerichts berufen darf. Das würde lediglich bedeuten, dass dann, wenn ein nachfolgendes Streitverfahren bei dem LG anhängig gemacht worden wäre, sich der Antragsteller - sei es als Kläger, sei es als Beklagter - nicht auf die Unzuständigkeit dieses Gerichts berufen und das LG den Rechtsstreit deshalb nicht verweisen oder abgeben dürfte. § 486 Abs. 2 Satz 2 ZPO enthält nämlich keine absolute Zuständigkeitsregelung dahin, dass der Antragsteller nicht mehr das AG anrufen darf, obwohl dieses nach dem Streitwert des schließlich angestrengt...